Druckartikel: Die Kulmbacher Spinnerei ist ausgeschlachtet

Die Kulmbacher Spinnerei ist ausgeschlachtet


Autor: Jürgen Gärtner

Kulmbach, Mittwoch, 06. August 2014

Das Inventar des insolventen Unternehmens wurde verkauft. Nach dem Abtransport der meisten Maschinen bleibt Chaos.
Die alten Stoffmuster verdrecken mehr und mehr.


Der Zustand der Hallen ist marode, vor allem dort, wo die Dächer undicht sind. Nur noch wenige Maschinen warten darauf, abgeholt zu werden. Praktisch alles, was sich zu Geld machen ließ, ist weg. Zurück geblieben sind Schrott und Dreck. Sebastian Türk blutet das Herz, wenn er durch die verlassenen Hallen der Kulmbacher Spinnerei geht.

Fünf Jahre hat er dort selbst gearbeitet, Industriekaufmann gelernt. Sein Vater war 38 Jahre als Elektriker in dem Unternehmen. "Wie das Lebenswerk vieler Arbeiter dort innerhalb kürzester Zeit zunichte gemacht wurde, ist bitter", sagt Sebastian Türk bei einem Rundgang durch die großen Hallen.

Am 1. Juli gekauft

Am 1. Juli hat er gemeinsam mit dem Mainleuser Unternehmer Arno Friedrichs das 14 Hektar große Areal gekauft. Dafür haben die beiden eigens die Mainleus Invest GmbH ins Leben gerufen.

Türk setzt auf seine Heimat: "Mainleus hat Potenzial."

Mit Mainleus verbunden waren dagegen die Arbeiter nicht, die teils aus südasiatischen Ländern zum Ausschlachten der Spinnerei nach Mainleus kamen und dabei nicht zimperlich vorgingen. Sie hinterließen Chaos in den großen Hallen. Neben den Maschinen hatten sie es vor allem auf Kupfer abgesehen. Selbst Schaltschränke im Wert von 20 000 Euro wurden für ein bisschen Kupferkabel zerstört.

Was sich nicht für den Abtransport lohnte, weil es zu sperrig oder nicht wertvoll genug war, liegt zu Bergen aufgetürmt in den insgesamt 110 000 Quadratmeter großen Hallen. Vereinzelt sind noch Arbeiter zugange, um die letzten Maschinen abzubauen. Eigentlich hätte der amerikanische Käufer schon bis 31. August vergangenen Jahres die Gebäude räumen müssen. "Wir haben eine Hülle voller Müll erworben", kommentiert Türk das Geschehen. Dennoch sehen die beiden Investoren in dem Projekt eine große Chance für Mainleus.

Sorgen machen Arno Friedrichs und Sebastian Türk zusätzlich Jugendliche, die immer wieder die Einzäunung um das Gelände eintreten und versuchen, in die verlassenen Fabrikhallen einzudringen. Dabei richten sie nicht nur Schaden an, sondern bringen sich in den maroden Gemäuern auch selbst in Gefahr.

Wie geht es weiter? Von einem Teil der alten Gebäude werden sich die neuen Besitzer wohl trennen müssen. Der Turm als markanter Punkt soll aber erhalten bleiben - was noch, wird sich zeigen.

Bis Ende des Jahres jedenfalls soll die grobe Richtung ausgearbeitet sein, in die das Projekt laufen soll. Auf jeden Fall soll das Gelände weiter mit Leben erfüllt werden. Einige Hallen sind vermietet, ein Autohändler hat sich angesiedelt.