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Die jüngste Jägerin Bayerns kommt aus dem Stadtsteinacher Land


Autor: Redaktion

Vogtendorf, Freitag, 07. Sept. 2018

Sophie Kreil (16) aus dem Guttenberger Vogtendorf ist die jüngste Jägerin Bayerns. Sie ist gerne in der Natur und liebt die Ruhe dort.
Sophie Kreil gehört zu den jüngsten Jägern Deutschlands. Schon mit 14 Jahren hat sie gelernt für die Pfrüfung. Jetzt, mit 16, hat sie ihren Jagdschein bekommen. Draußen in der Natur kann sie sich erholen vom Stress des Alltags. privat


Ein Hügel, mitten im Frankenwald: Von hier aus reicht der Blick weit ins Land. In der Ferne schimmert durch den leichten Dunst die Silhouette des Görauer Angers. Drüben, auf der anderen Seite des Tals, liegt Schloss Guttenberg zum Greifen nah. Die Sonne fällt auf die kleinen Galerie-Wäldchen, die rundum in lockerer Folge verstreut liegen, taucht sie in herbstliches Licht.

"Wenn ich Stress habe, gehe ich auf die Jagd"

Sanft streicht der Wind über die Wiesen und abgeernteten Felder. Sonst ist kein Laut zu hören, Stille. Auf einer Wiese sitzt ein junges Mädchen, tief in sich versunken, Entspannung pur. "Ich liebe diese Ruhe. Wenn ich Stress habe, gehe ich auf die Jagd. Das nimmt den Druck raus", sagt Sophie Kreil.

Sophie ist ein aufgewecktes Mädchen. Sie tut das, was jeder andere Teenager auch gern macht: Mit der Clique unterwegs sein, Freundinnen treffen, Spaß haben. Gerne hat sie im TV Marktleugast Handball gespielt. Doch das musste sie aufgeben - Rückenprobleme. An die Stelle des Sports ist ein anderes Hobby getreten, das für sie zur Leidenschaft geworden ist: die Jagd.

Jagdschein in der Tasche

Sophie ist die jüngste Jägerin Bayerns, wenn nicht sogar Deutschlands. Schon mit 14 hat sie die Ausbildung im Waidwerk begonnen. Zum frühestmöglichen Zeitpunkt - mit 15 - absolvierte sie ihre Prüfung. Jetzt, mit 16, hat sie ihren Jagdschein bekommen. Freilich, ganz alleine losziehen mit Gewehr und Hund darf sie noch nicht. Für die erste Zeit ist Papa Otto Kreil dabei, selbst ein erfahrener Jäger und stellvertretender Vorsitzender des Jagdschutz- und Jägervereins Kulmbach. Der hat seine Tochter mit dem Jagdvirus infiziert, sie immer mitgenommen ins Revier. Im Overall durch den Schnee stapfen, am Heiligen Abend die Tiere füttern, die Natur beobachten, draußen sein, für die beiden gibt es nichts schöneres. Tochter Theresa war auch oft dabei. Die wird auch noch den Jagdschein machen. Aber erst etwas später. Ihr ging das Lernen fürs Abi vor.

Sophie wählte einen anderen Weg, lernte parallel zur Schule für die Jagdprüfung. Kein leichtes Unterfangen. Denn der Jagdschein fällt einem nicht so einfach in den Schoß. Drei- bis viermal wöchentlich läuft der Unterricht, immer von 19 bis 23 Uhr. "Da schleppt man sich am nächsten Morgen schon mal müde zur Schule", schmunzelt sie.

Viel Spaß am Schießen

2000 Fragen aus sechs Fachgebieten müssen beherrscht werden, in der schriftlichen Prüfung sind 100 davon korrekt zu beantworten. Hinzu kommt noch eine mündliche Prüfung, der Test in der Waffenhandhabung und das Schießen. Gerade das macht der 16-Jährigen besonders viel Spaß. Auf dem Schießstand am Bockenberg bei Regensburg etwa, oder beim Anschießen im April auf dem Stand von Baron Lerchenfeld. Da geht es um Präzision, Körperbeherrschung, Atemtechnik, Konzentration und sauberes Abziehen.

Das Schießen aber ist es auch, was die Jagd für viele anrüchig macht. "Wie kannst Du nur süße Rehlein erschießen?", ist Sophie schon gefragt worden in ihrer Klasse. Und einmal musste sie sich sogar schon "Mörderin" nennen lassen. Doch dieses Urteil ist hart und unangemessen für einen Jäger. Denn sein Hobby ist nicht zu reduzieren auf die Befriedigung reiner Mordlust oder das sinnlose Abknallen von Tieren. "Man kann keineswegs sagen, dass ich Spaß dabei empfinde, Tiere zu töten", sagt Sophie. "Aber das gehört nun mal zur Jagd." Und die ist so alt wie die Menschheit selbst.

Der moderne Jäger versteht sich auch als Naturschützer

Das Waidwerk bietet weitaus mehr als nur das Schießen. Der moderne Jäger versteht sich eher als Heger und Pfleger - und Naturschützer. Im Winter legt er Wildäcker und Kirrungen an, füttert die Tiere. Er tritt ein für den Erhalt und Aufbau von Lebensräumen, die immer stärker gefährdet sind. Flurbereinigung, Industrialisierung, intensive Landwirtschaft und Flächenfraß lassen den Lebensraum schwinden.

Jährlich wird in Bayern eine Fläche der Größe des Tegernsees zugebaut. Heckenlandschaften verschwinden. Es gibt so gut wie keine Blühwiesen mehr, Insekten werden zurückgedrängt, die Vögel hungern. Sophie Kreil und ihr Vater Otto treten ein für ein Umdenken: "Es kann doch nicht sein, dass wir nur dann noch natürliche Flächen erhalten, wenn wir Zuschüsse dafür bekommen", sagt der 49-Jährige nachdenklich.

Kein Retter in der Not

Und dann die Sache mit der afrikanischen Schweinepest. Über Nacht hat die Gesellschaft ihr Interesse wiederentdeckt am Jäger, der nun dafür sorgen soll, dass sich die hochansteckende Krankheit nicht ausweitet zur Epidemie, die zur Vernichtung ganzer Schweinebestände in Massenställen führt. Der Jäger soll nun als Retter in der Not Probleme richten, die auf ganz anderen Gebieten entstanden sind. Eine Idee, die dem Selbstverständnis der Grünröcke nicht entspricht. Die verstehen sich nicht als Notnagel oder als reine Schädlingsbekämpfer. Ihr Selbstbild ist deutlich weiter gesteckt - und einem ständigen Wandel unterworfen. Dazu gehört auch, dass die Jagd sich immer weiter öffnet. Früher eine reine Männerdomäne, nimmt seit Jahren der Frauenanteil zu.

Jeder fünfte Jäger ist heute weiblich.Sophie Kreil entspricht also dem Trend. In der allerdings immer noch männlich geprägten Jagdgesellschaft fühlt sie sich pudelwohl. Es geht locker zu, freundschaftlich. Da wird auch mal gefeiert und gegrillt. Durch Jagdgesellschaften kommt sie mit Menschen zusammen, die sie sonst wohl kaum kennengelernt hätte. Dabei kann sie viel lernen von den älteren Freunden dieses Hobbys.

Die Jagd schärft die Sinne

Und die Jagd verändert den Menschen. Seine Einstellung, seine Wahrnehmung: "Ich bemerke draußen in der Natur Dinge, die die meisten nicht sehen", freut sich Sophie. Beispielsweise, wenn in der Dämmerung die Tiere aus dem Wald kommen. Oder den Gesang der unterschiedlichsten Vögel. Oder einen beeindruckenden Sonnenuntergang. Die Jagd schärft die Sinne. Und die Achtsamkeit.

Ihre Achtsamkeit wird Sophie Kreil bald auf andere Dinge lenken müssen. Jetzt, im neuen Schuljahr, wird sie die Fachoberschule Kulmbach besuchen. Dann wird weniger Zeit bleiben für ausgedehnte Reviergänge. Doch wenn das Büffeln für die Schule mal zu stressig wird, dann kann Sophie Kreil wieder ihren Ausgleich finden. Hoch droben, auf dem Hügel. Wo der Blick weit schweifen kann bis hin zum Görauer Anger und zum Schloss Guttenberg ...