Druckartikel: "Die Folgen werden alle spüren"

"Die Folgen werden alle spüren"


Autor: Katrin Geyer

Kulmbach, Montag, 11. März 2013

Jeder und jede formuliert es ein wenig anders. Letztlich aber sind sich alle einig: Der Ausstieg aus der Atomkraft muss schnell erfolgen, die Energiewende ist überfällig.
Mahnwache auf dem Kulmbacher Marktplatz. Fotos: Katrin Geyer


Ein Jahr nach der verheerenden Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima waren am Abend auf dem Kulmbacher Marktplatz gut 70 Menschen dem Aufruf des Kulmbacher Aktionsbündnisses für den Atomausstieg gefolgt, hatten in eisiger Kälte ausgeharrt um ihr Mitgefühl mit den Opfern der Katastrophe zu demonstrieren und die rasche Abkehr von einer unkontrollierbar gefährlichen Energieform zu fordern. Man sei nicht technikfeindlich, sagte beispielsweise der evangelische Dekan Jürgen Zinck. Aber es gebe Techniken, die seien einfach gefährlich - so etwa die Atomkraft. "Das ist keine Frage der politischen Ausrichtung - sondern eine Frage des vernünftigen Abschätzens." Eine Mahnwache wie diese habe freilich nicht nur zum Ziel, auf jene Gefahren hinzuweisen - sondern auch der Menschen zu gedenken, die zu Opfern der Reaktorkatastrophe wurden, Leben, Heimat oder Erinnerungen verloren haben.
Kritische Worte für die Bundesregierung fand Wolfgang

Böhm, Geschäftsführer der Energieagentur Nordbayern, der für eine rasche Umsetzung der Energiewende plädierte (kompletter Text am Ende dieses Artikels). Die Energiewende müsse vor Ort beginnen - und das müssten auch Aktivisten vom Schlage eines Enoch zu Guttenberg einsehen, die die Windkraft verteufelten. Der Jahrestag von Fukushima solle zum Nachdenken anregen, sagte Böhm, und forderte Bürger und Kommunen dazu auf, den Umstieg selbst in die Hand zu nehmen.
Daniel Ferch, der die Jusos vertrat, warnte: Atomkraft betreffe alle, die Folgen von Unglücken würden alle spüren. Ähnlich äußerte sich Bruno Kramm von der Piratenpartei: "Man hört Atomkraft nicht, man sieht sie nicht, man riecht sie nicht..."
Eindrucksvolle Zahlen präsentierte Gabriele Philipp.Die Kulmbacherin engagiert sich bei der internationalen Anti-Atom-Organisation von Ärzten IPPNW: Der Organisation zufolge sind 15 Prozent jener Menschen, die seinerzeit in den Kraftwerken gearbeitet haben oder als so genannte Liquidatoren eingesetzt wurden, bereits gestorben. Viele andere seien sehr schwer krank. Ähnich wie nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl, das selbst im weit entfernten Deutschland zu Missbildungen bei Kindern geführt habe, sei auch in Japan mit schwerwiegenden Folgen zu rechnen. Der Weltgesundheitsorganisation WHO war Philipp vor, dies zu leugnen: "Hier wird imn Sinne der AKW-Betreiber gelogen."
Wolfgang Schenker, Vorsitzender der Kreisgruppe Kulmbach im Bund Naturschutz, forderte schließlich dazu auf, nicht nachzugeben und vehement die schnelle Energiewende zu fordern. "Die Energiewende ist mehr als zur eineAuflistung von Zahlen und Vergütungen", sagte er. Sie werde natürlich das Leben des einzelnen verändern. Aber: "Gut leben ist besser als viel haben."



Nachfolgend die Rede von Wolfgang Böhm im Wortlaut:

"Zwei Jahre nach dem Unglück von Fukushima steht die Energiewende wieder auf der Kippe. Fast täglich ist es in den Medien zu lesen: Wir können uns die Erneuerbaren Energien nicht leisten, alles wird teurer, wir haben keine Netze um den Windstrom aufzunehmen und zu verteilen, die Haushalte tragen die Hauptlast des Strompreises, und der Nachbar mit seiner Fotovoltaik-Anlage wird von mir subventioniert
und wir wollen schon Erneuerbare Energien wie Wind aber BITTE nicht vor unserer Haustür.
So als ob es uns überhaupt nicht mehr interessiert, was Atomkraft anrichten kann - und so, als ob wir für die Energiewende schon genug gemacht hätten.
Und dann trägt noch die Bundesregierung, allen voran Altmaier und Rösler dazu bei, immer wieder das ERNEUERBARE-ENERGIEN-GESETZT (EEG) zu verteufeln, das Schuld sei an dieser Misere.
Dabei hat ein Umweltminister eigentlich die Aufgabe das Klima zu schützen und nicht sich zu überlegen wie man am geschicktesten mit Rösler die ERNEUERBARE ENERGIEN ausbremst. Nebenbei erwähnt weiß Altmaier nicht mal welchen Strom er privat bezieht und die Heizungsanlage in seinem Wohnhaus ist für ihn ein Buch mit sieben Siegeln.

Ja, die Erneuerbaren sind Schuld an der Preisexplosion, zumindest beim Strom, man sieht es ja auf der Stromrechnung.

Was gerne verschwiegen wird: Atom- und Kohlestrom kosten dem Verbraucher deutlich mehr als Ökostrom. Nicht nur Atomstrom, sondern auch Kohlestrom sind über Jahrzehnte vom Steuerzahler in erheblichen Umfang subventioniert worden, und zwar deutlich höher als das, was wir im Augenblick für die ENERGIEWENDE und die ERNEUERBARE ENERGIEN ausgeben - diese tauchen jedoch nicht auf der Stromrechnung auf.

Und zukünftig werden wir uns als Gesellschaft auf die hohen Folgekosten auf Grund der Umwelt und Klimaschäden der fossilen Energieträger einstellen müssen, .....-,die wir tragen werden - die Risiken der Atomenergie im besonderen erwähnt.


Und dann gibt es noch die organisierten Aktivisten vor Ort unter der Führung eines Herrn Guttenberg die uns tatsächlich erklären wollen, dass wenn wir unseren Standby Verbrauch reduzieren, wir auf Windkraftnutzung verzichten können - ein völliger Unsinn, denn der Bedarf wird wachsen, Elektromobilität und IT sind hier beispielhaft erwähnt.
Viele von Guttenbergs Anhänger sind im Energieüberfluss der AKWs aufgewachsen.
Jetzt wo es gilt, die Grundlagen einer ökolgischen und vor allem bezahlbaren Energieversorgung für nachfolgende Generationen zu realisieren, verhindern sie durch eigennütziges Denken, Arroganz und Fehlinformationen die Energiewende.

Aber wir brauchen den individuellen Energiemix vor Ort, wir haben nicht die Wahl zwischen dem was uns gefällt und das Windrad gefällt uns eben nicht.

Ich verstehe die Bedenken der Menschen vor Ort, die plötzlich von Windrädern eingekreist werden sollen, aber wir sind in der Verantwortung Lösungen zu suchen mit den Bürgern vor Ort.
Auch wir als Energieagentur wollen keine Investorenmodelle vor Ort, wir wollen nicht, dass unser Land benutzt wird von Konzernen, denen es nicht um Wertschöpfung vor Ort geht, nicht um die Gestaltung der zukünftigen Energiewende für den Bürger im Ort, sondern die nur Gewinnerzielungsabsichten verfolgen ohne Rücksichtnahme auf den gesellschaftlichen Prozeß.

Hier muss ein Umdenken stattfinden.

Wir brauchen die Gestaltung der Energiewende vor Ort mit den Menschen, dann haben wir auch die erforderliche Akzeptanz. Denn der Strom wird zukünftig nicht nur aus der Steckdose kommen.
Meine Kinder übrigens finden Windräder cool und der Wind oder die Sonne Papa schicken keine Rechnung oder ?,
......fossile Kraftwerke benötigen neben der Investition den Einkauf fossiler Energieträger und die werden knapper und laufen uns gerade kostenmäßig völlig davon, eine Verdopplung des Ölpreises in drei Jahre sei hier erwähnt.


Der zweite Jahrestag von Fukushima gibt uns eine neue Chance - Nachzudenken über die Frage: Was ist uns diese Energiewende wert???
Von Anfang an war klar: Eine Ausstiegsdiskussion allein bringt nichts, wir brauchen eine Einstiegsdiskussion -
Wie schnell können wir Erneuerbare Energien zur tragenden Säule unserer Energieversorgung machen?

Viele Menschen, leider auch viele Kommunalpolitiker, sind der Ansicht, dass die Energiewende nur eine riesige Belastung darstellt.
Aber was ist mit den immensen wirtschaftlichen Chancen? Wenn wir Energie bei uns vor der Haustür erzeugen können, verschaffen wir uns und unseren Kommunen dauerhafte Einnahmequellen.

Immer mehr Kommunen erkennen diese Chance und engagieren sich. Immer mehr setzen sich recht ehrgeizige Ziele: Wir brauchen, 75, 80 oder gar 100 Prozent ERNEUERBARE ENERGIEN - so schnell es geht.
Auch die Stadt Kulmbach prüft ihre Chancen und lässt derzeit von der Energieagentur einen ENP erstellen, eine Art maßgeschneidertes Kochbuch, wie die Energiewende hier zukünftig umgesetzt werden kann.

Wir geben rund 1000-2000 Euro pro Kopf und Jahr für die Einkauf fossiler Energieträger aus für Heizung, Strom und Treibstoffe. Bei der Stadt Kulmbach sind das rund 50 Millionen Euro, Bundesweit übrigens mehr als 80 Milliarden Euro, bis 2020 wird dies auf 120 Milliarden Euro- jährlich ansteigen.

Geld das unser Land verlässt.

Wertschöpfung heißt Umkehrung dieses Prozesses, und das wird uns mit der Energiewende gelingen.

Und wo noch nichts passiert: Liegen Sie ihrem Bürgermeister und ihren Stadt- und Gemeinderäten in den Ohren: Was tut unsere Kommune eigentlich für die Energiewende?

Nutzen wir wirklich unsere Chancen???

Wir sollten uns nicht täuschen: Der Atomausstieg ist noch lange nicht endgültig. Die Geschütze sind längst in Stellung gebracht, um den Umstieg auf Erneuerbare zu torpedieren, wo es nur geht!

Schon in diesem Jahr wird die Diskussion darüber beginnen, dass der Atomausstieg eben doch nicht so schnell machbar ist. Spätestens im Herbst, sobald die Wahlen vorbei sind, haben wir dann die nächste Debatte über Laufzeitverlängerung für unsere deutschen Atomkraftwerke.
Wenn wir jetzt den Einstieg in den konsequenten Ausbau der Erneuerbaren Energien verpassen, wenn wir die Energiewende weiter so ausbremsen, dann werden alle, die im Augenblick Horrorszenarien an die Wand malen, recht behalten:
Die Blackouts sind vorprogrammiert, die AKWS bleiben am Netz, die Gefahr bleibt und die Preise galoppieren uns endgültig davon.
Nur mit dem beschleunigten Umstieg auf Erneuerbare Energien werden wir es schaffen, das zu verhindern!

Und wenn wir begreifen, welche Möglichkeiten diese Wende uns bietet, dann muss auch klar sein: Wir können nicht darauf warten, dass uns die Bundesregierung diese Energiewende abnimmt! Denn hier sitzen die Bremser, die Zögerer, die Zauderer und Saboteure.
WIR MÜSSEN DIESEN UMSTIEG SELBER IN DIE HAND NEHMEN!
Bürger, Kommunen und Unternehmen vor Ort!
JETZT. GEMEINSAM. UND MIT ALLER ENTSCHLOSSENHEIT!






Wolfgang Böhm, Geschäftsführer der Energieagentur, plädierte für eine rasche Umsetzung der Energiewende. Ähnlich äußerte sich unter anderem Wolfgang Schenker, Vorsitzender des Bund Naturschutz. Die Energiewende werde nicht bequem. Aber: "Gut leben ist besser als viel haben."