Die FDP will keinen Wohnklotz in Kulmbach
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Freitag, 19. Juli 2019
Stadtrat Thomas Nagel erklärt, warum er gegen den Abbruch der alten Backsteingebäude gestimmt hat und was hier falsch gelaufen ist.
Die öffentliche Diskussion über die alte Mälzerei Müller in der Pestalozzistraße ebbt nicht ab. Viele Kulmbacher kritisieren die Entscheidung des Stadtrats, den Abbruch des historischen und stadtbildprägenden Backsteingebäudes zu genehmigen. Dafür soll dort im nächsten Jahr ein Neubaukomplex entstehen mit 120 Wohnungen für Studenten und 37 für Senioren.
In der Sitzung am Donnerstag - hier war auch der Rosenheimer Investor Jürgen Drösel anwesend - stimmte nur ein Stadtrat gegen den Beschluss: Thomas Nagel von der FDP. In der Sitzung gab er dazu keine Erklärung ab. Wir haben jetzt mit dem FDP-Kreisvorsitzenden gesprochen, was seine Beweggründe waren.
Herr Nagel, können Sie die Kulmbacher verstehen, die die Stadtratsentscheidung kritisieren?
Thomas Nagel: Ja, natürlich kann ich das. Denn es verschwindet ein Stück unverwechselbares Kulmbach. Und es geht hier grundsätzlich um die Frage: Welches Stadtbild ist uns wichtig und wo beginnt es? Konzentriert man sich nur auf die Kernstadt mit Marktplatz, Langgasse und Holzmarkt? Oder gehören auch die alte Mälzerei Müller und die Spinnerei dazu? Wohl wissend, dass die Gebäude, die abgebrochen werden sollen, nicht unter Denkmalschutz stehen, muss man sich darüber im Klaren sein, dass Industriebetriebe wie die Spinnerei, die Mälzereien und Brauereien unsere Stadt geprägt haben.
Warum haben Sie als einziger Stadtrat gegen den Abbruch gestimmt?
Wir haben das Thema im FDP-Kreisvorstand ausführlich diskutiert und waren uns einig, dass wir uns dagegen positionieren. Nur den Darrturm stehen zu lassen, ist zu wenig. Wir wollen den alten Güterbahnhof als Mensa für die Studenten erhalten, dann hätte auch so ein Gebäude seine Berechtigung. Man hätte die Fassade mit modernem Wohnen verbinden können. Deshalb wäre aus unserer Sicht ein Architektenwettbewerb wünschenswert gewesen. Leben im historischen Ambiente ist für junge Leute cool und hip. Kulmbach muss Lebensgefühl bieten - das wird die Herausforderung, um überhaupt Studenten nach Kulmbach zu bringen.
Wäre es für Sie denkbar gewesen, Tempo aus dem Thema rauszunehmen anstatt am Donnerstag abstimmen zu lassen?