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Die drei Hümmer-Brüder aus Stadtsteinach


Autor: Siegfried Sesselmann

Stadtsteinach, Dienstag, 12. Januar 2016

Heinrich, Josef und Hans Hümmer schufen in Stadtsteinach drei blühende Betriebe. Mit ihren Gaststätten und Metzgereien prägten die das Leben der Stadt.
Die drei Hümmerbrüder um 1890. In der Mitte Heinrich, links Josef und rechts Hans.


Als im Jahre 2007 die Traditionsgaststätte und die Metzgerei "Hümmer am Markt" für immer ihren Betrieb einstellte, verschwand auch die dritte Hümmerlinie, die einst das Metzgergewerbe in Stadtsteinach prägte. Nur wenige wissen, dass vor etwa 100 Jahren drei Brüder mit viel Energie und Unternehmergeist drei blühende Betriebe schufen, die das Gastronomiegewerbe und die Qualität der Metzgereien in Stadtsteinach nachhaltig prägten.

Alles begann damit, als ein gewisser Joseph Hümmer so um 1870 eine Eva Hebentanz aus der heutigen Kulmbacher Straße 18 ehelichte und in die heutige Hauptstraße 19 einzog, um dort als Metzger sein Glück zu versuchen. Woher Joseph Hümmer stammte, ist bis heute noch nicht klar.

Jedenfalls ist anzunehmen, dass er aus den Landkreisen Bamberg oder Lichtenfels kam, da dort der Name Hümmer sehr oft vorkommt - ein richtiger fränkischer Nachname.

Man vermutet, dass der Name Hümmer vom Namen Huber abgeleitet wird. Eine Hube ist in Süddeutschland ein Bauernhof und der Betreiber ist der Huber. Regionale Einflüsse ließen daraus Hübner, Hubmann, Hueber und weitere Varianten, wie auch den fränkischen Namen Hümmer, entstehen.

Diese Metzgermeister Joseph Hümmer ehelichte im Jahre 1873 Eva Hebentanz aus der Kulmbacher Straße 18. Sie hatte viele Kinder, wovon einige im Kindesalter starben. So blieben nur vier Söhne und die Tochter Maria Anna am Leben. Alle Söhne erlernten das Metzgerhandwerk und drei davon betrieben erfolgreich Metzgereien mit Gaststätten - einer an der südlichen Auffahrt zum Marktplatz, ein weiterer auf dem Marktplatz und der andere an der nördlichen Auffahrt zum Markplatz. Der älteste Sohn Michael Hümmer heiratete eine Lehrerin in Marktleugast und kehrte erst später wieder nach Stadtsteinach zurück. Die kleine Tochter Maria Anna ehelichte 20-jährig den Wartenfelser Lehrer Andreas Rauh, leider verstarb sie fünf Monate später.

Der zweitälteste Sohn, Heinrich Hümmer (1876 - 1973), ehelichte 1899 die Metzgers- und Wirtstochter Margareta Schneider aus der Hauptstraße 10, die Schwester des späteren Wirts in der Hauptstraße 10 Melchior Schneider. Da sie auch reichlich Geld in die Ehe brachte, kauften sie das Haus der Witwe Hebentanz in der Kulmbacher Straße 19. Als Gewerbe gab Heinrich Hümmer an: Metzgerei, Schankwirtschaft, Handel mit Pferden, Vieh und Schweinen. Der Pferdehandel der Hümmerbrüder führte sie bis nach Pommern, hoch im Norden Deutschlands. Da seine Ehefrau früh starb, ehelichte Heinrich Hümmer in zweiter Ehe Anna Schubert aus Bamberg. Aus der ersten Ehe kam die Tochter Maria Eva, später Will, und aus zweiter Ehe stammten Johann Hümmer (1912 - 2000), der später Amtmann in Stadtsteinacher Landratsamt war, und zuletzt die Tochter Anna. Diese heiratete Christian Porzelt, der seine Wurzeln in der Bahnhofstraße 30 hatte. Dieser baute ein Elektrogeschäft auf, seine Frau wurde Wirtin und starb 2010 mit 96 Jahren. Die "Porzelts Anna" führte die Gastwirtschaft von 1962 bis 1989, der Fleischwarenverkauf endete im Jahre 1974.

Der zweite Sohn der Familie Joseph Hümmer hieß ebenfalls Josef Hümmer (1883 bis 1973) und er übernahm als Metzgermeister die elterliche Metzgerei mitsamt Gasthaus in der Hauptstraße 19. Der Hümmer Sepper, wie er stets genannt wurde, ehelichte 1911 Barbara, die Tochter des Spediteurs Josef Hebentanz aus der heutigen Spitalgasse 2. Er meldete 1918 sein Gewerbe an: Metzgerei, Viehhandel, Pferde und Bierwirtschaft und beendete es 1955 unter seinem Namen. Die älteste Tochter Emmi heiratete den Finanzanwärter Helmut Hartz aus Ommersheim, der im Krieg 1944 fiel. Die zweite Tochter Rosa heiratete Anton Birkel aus dem Kellerweg 7. Leider verunglückte dieser mit seinem Traktor 1956 tödlich und ließ zwei kleine Kinder zurück. Doch bis der große Sohn Josef die Metzgerei übernahm, wurde das gesamte Gewerbe verpachtet.

1955 übernahm der Metzger Heinrich Behrschmidt mit seiner Frau Hedwig für ein Jahr. Von 1956 bis 1959 folgte Wilhelm Tauber in der Metzgerei und in der Gastwirtschaft. Im Jahre 1959 meldete sich der 76-jährige Hümmer Sepper zurück und führte die Gastwirtschaft noch fünf Jahre. 1964 bis 1969 leitete Heinrich Unkauf, ein Wallenfelser, Metzgerei und Gasthaus. Im Jahre 1969 endlich war der Enkel Josef Birkel soweit, um als 21-jähriger in die Tradition einzutreten. Die Gastwirtschaft war bis 1972 geöffnet, das Haus wurde im gleichen Jahr abgebrochen und das Schlachthaus mit Verkaufsraum und mit Wohnungen neu errichtet. Die Metzgerei schloss 2001 seine Pforten. Für einige kurze Zeit wurde es nur noch als Verkaufsraum für Fleischwaren weiter vermietet.
Der vierte Bruder, Johann Hümmer (1884 - 1949), verliebte sich wie seine beiden anderen Brüder in "gutsituierte Partien". Im Haus am Marktplatz 4 waren schon seit 1820 Sattler namens Bauerschmidt und Johann Hümmer ehelichte 1907 die 22-jährige Maria Bauerschmidt. Ihr Bruder Johann Bauerschmidt wurde Ministerialrat in München. So stand nun seit 1907 eine weitere Metzgerei und seit 1908 eine weitere Gaststätte am Marktplatz neben Mattes, Reuther und Hebentanz. Die älteste Tochter Emma ehelichte aus der kinderreichen Kaminkehrerfamilie Weidner den Verwaltungsassistenten Johann Weidner und zog nach Lichtenfels. Nach dem Tod seines Vaters übernahm Sohn Johann Hümmer junior (1912 - 1983) von 1949 bis 1981 die Metzgerei und die Gastwirtschaft und machte den Namen "Hümmer am Markt" weit über die Grenzen bekannt. Er ehelichte 1944 die Schneidermeisterstochter Anna Nagel, aber sie verstarb 1950 mit 27 Jahren. Der Witwer heiratete 1952 Elisabeth Woerfel aus Marktschorgast, die in der Küche, in Laden, hinter der Theke und im 1970 gebauten Floriansaal immer in ihrem Element war. Das große Hobby von Hans Hümmer war die Feuerwehr, die er maßgeblich prägte und er zuletzt die Funktion eines Kreisbrandrates inne hatte. Deren Sohn, der Metzgermeister Hans Hümmer, genannt Hansi, führte zusammen mit seiner Frau Inge die Gastwirtschaft und die Metzgerei von 1981 bis 2007. So endeten auch hier nach genau 100 Jahren die Metzgertraditionen und die Gründungen der drei Hümmerbrüder.

Ältere Stadtsteinacher erzählen immer wieder vom Sauerbraten, dessen Zubereitung alle drei Hümmer hervorragend beherrschten. Die drei Hümmerbrüder waren fleißig, handwerklich begabt, wirtschaftlich denkend und immer bei der Arbeit, als Metzger, Gastwirte, Viehhändler und jeder hatte dazu noch eine kleine Landwirtschaft - und als Pferdeliebhaber waren alle drei begeisterte Kutschenfahrer. So richtete Hans Hümmer in seiner Gaststätte die Kutscherstube ein.

Mit ihren Chaisen (Stanicher sagten einfach "Schejsn") waren sie in ihrer "Freizeit" noch unterwegs. So hatte jeder seine eigene Kundschaft. Hans Hümmer vom Marktplatz holte besonders die Vertreter von Untersteinach ab und fuhr mit ihnen in die nähere Umgebung. Heinrich Hümmer in der Kulmbacher Straße fuhr hauptsächlich die Klienten des Stadtsteinacher Notars. Josef Hümmer aus der Hauptstraße beförderte die Beamten des Bezirksamtes. So wirbt Hans Hümmer am Markt mit einem Schild an seinem Haus "Chaisenfahrten". Aus den drei Linien ist der Name Hümmer nur noch bei Hansi Hümmer, dem singenden Wirt, übrig geblieben, der mit seiner "Hugo Schneckerich" nicht nur den Fasching in Stadtsteinach belebt.