Vor exakt zwei Jahren sorgte ein heftiges Unwetter über Neuenmarkt für ein verheerendes Hochwasser. Die Schäden waren immens.
Während die Familie Günther den Schaden von ihrer Versicherung ersetzt bekommen hat, kämpft die Familie Kastner seit zwei Jahren um die Regulierung. Ein Ende der Streitigkeiten ist nicht in Sicht. Jetzt wird ein Wettergutachten gefordert.
Wunden sind bis heute nicht verheilt
Bis heute sind bei einigen Betroffenen in Neuenmarkt die Wunden noch nicht verheilt. "Seit zwei Jahren herrscht absoluter Stillstand. Wenn dunkle Wolken aufziehen, schauen die Geschädigten immer noch mit bangen Blicken zum Himmel, aber auch mit zunehmenden Groll Richtung Gemeinde. Leider mussten wir feststellen, dass die Kommune nur auf massiven Druck", sagt Dieter Sachs. Der Neuenmarkter ist überzeugt: Nicht nur die massiven Wassermassen von oben waren damals Grund für die Überflutungen, die Ursachen lagen auch im Untergrund.
"Bei uns verengt sich der Kanal. Wegen der Wassermassen ist die Leitung geplatzt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wussten wir aber noch nicht einmal, dass direkt neben unserem Haus ein erdüberdeckter Schachtdeckel eingebaut ist", erinnern sich Heiko und Renate Günther. Wie eine Fontäne sei das Wasser in die Höhe geschossen und habe die Terrasse und das gesamte Kellergeschoss überflutet. Schaden: 180 000 Euro. "Wir waren zum Glück versichert und konnten unsere Tiere weitgehend retten", erzählt Heiko Günther. In seinem Keller hält er prächtige Fische, Chamäleons, Bartagamen, Leguane und Vogelspinnen. "Die Vogelspinnen waren mehrere Minuten unter Wasser, haben aber überlebt."
Doch während für die Günthers zumindest der materielle Schaden abgefedert werden konnte und nur ein Loch im Garten an die Geschehnisse von vor zwei Jahren erinnert, blieben die Nachbarn Gerlinde und Hermann Kastner auf dem Schaden sitzen. In ihrem Keller hatte das Wasser praktisch alles zerstört.
Der Strom fiel aus, die Heizung ging kaputt. Die Tiefkühltruhen und die gesamte Büroausstattung wurden komplett vernichtet - die Werkstatt und die Vorräte ebenso.
Die Gemeinde verklagt
"Unser Keller stand 2,30 Meter unter Wasser. Man sieht die Ränder noch. Aber bis heute warten wir vergeblich auf eine Regulierung", so das Ehepaar Kastner. Sie verklagten die Gemeinde. Sie hatten keine Elementarversicherung abgeschlossen, weil man ihnen davon abgeraten hatte. Und die Kastners hatten schon vor der großen Flut Rückstauventile eingebaut. Das Ehepaar sitzt auf einem Schaden von mindestens 90 000 Euro.
Schon mehrere Aktenordner füllt inzwischen die Korrespondenz der Anwälte. "Aber es tut sich überhaupt nichts. Jetzt müssen wir ein Wettergutachten erstellen lassen für 3000 Euro.
Als ob man beweisen müsste, dass es an dem Tag überhaupt geregnet hat", ärgert sich Hermann Kastner. Er spricht von Preistreiberei. Neben den Kastners klagt auch Heinz Wanderer gegen die Gemeinde.
Die Gemeinde verweist in ihren Anwaltschreiben auf Millioneninvestitionen in Neuenmarkt. "Aber diese Investitionen haben nichts mit unserem Problem zu tun", schimpft Kastner und ärgert sich.
Investitionen sind angekündigt
Immerhin ist jetzt ein Hochwasserschutzkonzept erstellt. Und beim BRK-Heim in der Nähe des Anwesens Wanderer soll ein Rückhaltebecken gebaut werden. Doch passiert ist definitiv noch nichts. Der marode Kanal ist nicht saniert, das Rückhaltebecken noch nicht gebaut.
Vor Jahren habe man den Dorfweiher zugeschüttet und als Bauplatz ausgewiesen, so Dieter Sachs.
Jetzt sei man gezwungen, ihn 200 Meter weiter in Richtung Schlömen wiedererstehen zu lassen, um das Regenwasser aus den Grundstücken des oberen Dorfes kontrollierter abzuleiten. Altgemeinderat Klaus Zahner habe durchaus Recht, wenn er feststelle, dass das Erdbeckens zunächst nur eine eingeschränkte Nutzung habe, zieht Sachs Bilanz. Er kämpft ebenfalls erbittert gegen den Zustand der Kanäle in Neuenmarkt. Sachs selbst hatte noch Glück im Unglück. Bei ihm stand das Wasser im Keller nur 50 Zentimeter hocht. "Ich habe Rückstauventile eingebaut und eine Elementarversicherung", sagt er.
Bange Blicke zum Himmel
Bei jedem Regen kommt die Angst der Neuenmarkter wieder. Auf eine schriftliche Anfrage von Heinz Wanderer, wem der Kanal, der nicht im Grundbuch eingetragen ist, gehöre und wie man weiter verfahren wolle, habe die Gemeinde bis heute nicht reagiert, prangert Sachs an.
Auch das Verfahren Wanderer ziehe sich in die Länge.
"Die Gemeinde bleibt dabei, dass das Wasser bei uns im Keller nicht vom geplatzten Oberflächenkanal stammte", ärgern sich die Kastners über die Hinhaltetaktik. "Wir befürchten, dass eine Entscheidung immer weiter herausgezögert wird. Und das ärgert uns. Wir können seit zwei Jahren den Keller nicht sanieren, man sieht doch noch die Ränder an den Wänden."
Vor wenigen Wochen wäre es fast wieder passiert. Damals pumpte die Feuerwehr Wasser ab und konnte verhindern, dass die Keller erneut vollliefen.
Seitens der Gemeinde gab es mit Verweis auf das laufende Verfahren keinen Kommentar.