Diagnose Krebs: Dem Tod von der Schippe gesprungen
Autor: Sonja Adam
Mainleus, Sonntag, 10. Oktober 2021
Wie Gudrun Sandler gegen die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs ankämpfte und wie sie heute Leidensgenossen ein Stück Hoffnung schenkt.
Gudrun Sandler sitzt in ihrem gemütlichen Esszimmer am Tisch und holt ein Röhrchen aus ihrem Büro. Sie lacht dabei. Denn sie ist froh, dass "diese Dinger" aus ihrer Bauchspeicheldrüse entfernt werden konnten. In dem Röhrchen liegen kleine bröselige Steine.
"Sollen wir es wirklich aufmachen - es kann sein, dass die Steine etwas seltsam riechen", meint Sandler - und soll recht behalten. Die Brocken muffeln in der Tat. "Das sind meine Pankreassteine", berichtet die 61-Jährige. Im Alter von 28 Jahren wurden sie ihr entfernt. "Ich hatte immer Bauchschmerzen. Als ich ein Kind war, haben die Ärzte immer gedacht, ich habe zu viel Süßes, zu kalt, zu viel oder zu schnell gegessen", sagt sie. Erst eine endoskopische Untersuchung brachte den wahren Grund des jahrelangen Martyriums ans Licht: Pankreassteine. Diese bilden sich aufgrund entzündlicher Prozesse. Oft führen solche Steine zu Stauungen.
Wie Messer im Bauch
"So war es auch bei mir. Die Steine konnten nicht zertrümmert werden, ich brauchte eine Operation", sagt Sandler. Danach fasste die gelernte Kinderpflegerin neuen Lebensmut und machte eine Umschulung zur Reisekauffrau. Doch einige Jahre später waren die Schmerzen wieder da. "Ich hatte plötzlich kurz vor Weihnachten schwere Koliken. Mit dem Hubschrauber flog man mich nach Erlangen. Es waren Schmerzen, als ob jemand einen Gürtel um meinen Bauch immer enger schnüren und dazu noch mit einem Messer in den Bauch stechen würde. Es war nicht auszuhalten", erinnert sie sich mit Schrecken.
Die Diagnose stürzte Gudrun Sandler in die schlimmste Krise ihres Lebens: Krebszellen in der Bauchspeicheldrüse, oftmals ein Todesurteil. "Ich hatte Glück, dass mein Mann die Gefahr erkannte und ich mit den Ärzten in Erlangen wirklich gute Gespräche führen konnte. In einer sogenannten Whipple-Operation wurde die komplette Bauchspeicheldrüse entfernt", so die 61-Jährige.
Doch was hinterher auf sie zukommen würde, ahnte sie nicht. Denn die Bauchspeicheldrüse ist für die Verdauung wichtig. "Ich habe ein Jahr gebraucht, bis ich mehr machen konnte als vom Sofa zur Toilette und wieder zurückzugehen", blickt Gudrun Sandler zurück. Sie nahm Enzyme, wie von den Spezialisten verordnet, verzichtete auf blähende und schwer verdauliche Lebensmittel. "Inzwischen esse ich alles, worauf ich Lust habe. Ich habe immer Hunger - und Enzyme nehme ich auch nicht mehr, weil sie bei mir immer zu Durchfällen und Magenschmerzen geführt haben", sagt sie.
Um mit der schweren Erkrankung nicht allein zu sein, suchte die Mainleuserin eine Selbsthilfegruppe auf, informierte sich über die Erfahrungen, die andere Menschen in der gleichen Lage gemacht haben. Und inzwischen leitet Sandler selbst die Selbsthilfegruppe für Oberfranken.
"Mir hat die Gruppe damals sehr geholfen - allein schon deshalb, weil man sich austauschen konnte. Und über Nacht war ich Vorsitzende der Regionalgruppe." Jetzt möchte Gudrun Sandler ihre ganz persönlichen Erfahrungen an andere weitergeben. "Wir reden, wir informieren uns, wir essen zusammen", erklärt sie.