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Der Traum vom großen, bunten Garten


Autor: Katrin Geyer

Kulmbach, Freitag, 07. Mai 2021

Aus der stellenweise verwahrlosten Lindnersreuth oberhalb der Trendelstraße soll wieder ein Schmuckstück werden.
Kleingärten mit großem Ausblick: Die Lindnersreuth liegt am Rehberg-Nordhang. Dennoch ist es dort sonnig - und der Blick hinüber zur Plassenburg ist unvergleichlich. Una Langer und Michael Thyzel sind zwei der Pächter. Sie haben viele Ideen, um das teilweise etwas heruntergekommene Gelände wieder zu beleben. Foto: Katrin Geyer


Una Langers Traum ist bunt: Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft, junge und alte, Singles oder Familien, werkeln in ihren Gärten, plaudern über den Zaun, versorgen sich gegenseitig mit guten Tipps und Sämlingen. Dazwischen spielen Kinder, und am Abend trifft man sich, um gemeinsam zu grillen und zu reden.

Die Chancen stehen gut, dass dieser Traum Wirklichkeit werden könnte. Einen Ort dafür hat Una Langer schon gefunden: Die Lindnersreuth, eine Kleingartenanlage nahe der Trendelstraße. Dort hat sie vor kurzem einen kleinen Garten gepachtet, freut sich darauf, endlich loslegen zu können mit dem Hacken und Graben, Säen und Pflanzen.

Ort der Begegnung

Wenige Schritte hangaufwärts befindet sich der Garten von Michael Thyzel. Er wohnt in unmittelbarer Nähe zur Gartenanlage, bewirtschaftet seine Parzelle schon ein wenig länger - und träumt zusammen mit Una Langer den Traum vom Gemeinschaftsgarten. "Wir wünschen uns einen Ort der Begegnung", sagt er. "Uns ist es wichtig, die Gärten als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu erhalten, und es wäre schön, wenn dabei etwas für Kinder und Jugendliche entstehen könnte." Die nämlich wüssten oft nicht mehr so genau, wo Lebensmittel herkommen, hätten nie die Erfahrung gemacht, wie es sich anfühlt, mit den Händen in der Erde zu wühlen.

Vor der Realisierung des Traums vom großen, bunten Garten sind allerdings noch einige Hürden zu nehmen. 25 Parzellen gibt es auf dem Gelände, das sich einen steilen Hang hinaufzieht. Zeitweise waren nur noch vier davon bewirtschaftet. Die anderen: verlassen, verwildert, verwahrlost. Neue Pachtverträge schloss die Stadt Kulmbach, der das Gelände gehört, zeitweise nicht ab. Die Wasserleitung war defekt, sollte erst gerichtet werden, bevor neue Pächter die Gärten übernehmen.

Mittlerweile gibt es, so sagen Thyzel und Langer, eine ganze Reihe von Interessenten für die Parzellen und auch schon neue Gartennachbarn - obwohl die Wasserleitung immer noch nicht repariert ist. "Wir schauen einfach mal, ob sie noch ihren Dienst tut." Viele junge Leute seien unter den "Neuen", viele Kinder, auch die eine oder andere Familie mit Migrationshintergrund.

"Wir können uns gegenseitig bereichern", hofft Una Langer, die sich vorstellen kann, dass auch Studenten der neuen Uni-Fakultät Freude am Gärtnern haben könnten. "Unterschiedliche Kulturen, unterschiedliche Lebensmittel - da kann man doch voneinander lernen."

Platz für Gemeinschaftsaktionen

Die Gärten von Michael Thyzel und Una Langer liegen inmitten der 25 Parzellen, manche davon mit akkurat ausgerichteten Beeten, in denen alles vorbereitet ist für Kohlrabipflanzen und Stangenbohnen, andere eine ungebändigte Wildnis im Schatten viel zu groß gewachsener Nadelbäume. Ganz unterschiedlich groß sind die Parzellen. Gerade mal 100 Quadratmeter misst die kleinste, gute 800 Quadratmeter die größte. Die könnte, so ist der Plan, eine Art Gemeinschaftsfläche werden, mit Platz zum Spielen für die Kinder und reichlich Raum für gemeinschaftliche Aktivitäten aller Gärtner.

Auch bei der Stadt Kulmbach hat man das Potenzial der Lindnersreuth erkannt. Von einer Neustrukturierung ist in einer Mitteilung aus dem Rathaus die Rede. OB Ingo Lehmann und die Stadträte Matthias Meußgeyer und Jörg Kunstmann (er ist Verwaltungsrat für die städtischen Kleingärten) haben sich dieser Tage am Rehberg umgeschaut. Die drei obersten Parzellen, so haben sie nach ihrem Rundgang beschlossen, sollen künftig nicht mehr verpachtet werden: Sie sind zu steil, um sie wirklich gut nutzen zu können. Dort könnte Platz sein für ein Insektenhotel, einen kleinen Lehrpfad, eine Streuobstwiese oder eine Begegnungsfläche mit Sitzgelegenheiten.

Die Stadt hat mittlerweile auch mit den Pächtern der Parzellen Kontakt aufgenommen, hat sie gebeten, Müll und Unrat aus den Gärten und den Hüttchen zu entfernen, Gebäude und Zäune in Ordnung zu bringen.

Studentengarten

Eine Idee, was man mit dem großen, ungenutzten Garten im unteren Bereich der Lindnersreuth anfangen könnte, gibt es ebenfalls schon: Ein Studentengarten wäre schön, meint der Oberbürgermeister: "Wir wollen so den Studierenden auch abseits der universitären Einrichtungen ein attraktives Angebot für die Freizeit machen." Auch Lehmann spricht von einem "Ort der Begegnung", an dem es den jungen Leuten erleichtert werden könnte, in Kulmbach Fuß zu fassen: "Beim gemeinsamen Gärtnern und Werkeln lassen sich gut Kontakte knüpfen."

Bis die Pläne der Stadt und die großen, bunten Träume umgesetzt werden können, wird es wohl noch eine Weile dauern. Bis dahin bleiben den Gartenbesitzern die kleinen Freuden. Zum Beispiel der Feierabend auf der sonnigen Bank mit einem Premium-Blick hinüber zur Plassenburg. Nicht so groß, nicht so bunt. Aber dennoch: traumhaft schön.

Naturnah gärtnern - so geht's

Ein Platz für Mensch und Natur - das sollen Kleingärten sein. Das wünschen sich auch die Gärtner in der Lindnersreuth. Aber wie macht man's, dass alle zu ihrem Recht kommen? Rat gibt es vom Landesbund für Vogelschutz.

Vielfältige Strukturen sind wichtig, sagt LBV-Expertin Angelika Nelson. Wenn Obst und Gemüse angebaut werden sollen, sollte das ökologisch und nachhaltig erfolgen. Alte Obstbaumsorten dienen diesem Zweck, aber auch Gemüse, das dem Standort angepasst sei. Wenn möglich, könnten auch Gemeinschaftsflächen angelegt werden: Feucht- und Trockenbiotope, eine Streuobstwiese, ein Imkergarten - so schaffe man Lebensräume für Tiere und Pflanzen.

Zu den Kardinalfehlern, die man auf jeden Fall vermeiden sollte, zählen Angelika Nelson zufolge der Einsatz von Pestiziden, die Anlage von Blühflächen mit exotischen Samenmischungen oder die Anpflanzung von Neophyten (nicht heimische Pflanzen, die heimische Pflanzen verdrängen). Auf den Einsatz torfhaltiger Erde sollte verzichtet werden; die Torfgewinnung zerstört Moore. Totholz und Laubhaufen sollte man liegenlassen; sie bieten Unterschlupf für Igel, Insekten und andere Tiere. Und statt häufig zu mähen, um den Rasen kurz zu halten, sollte man lieber nur die Wege mähen und ansonsten "wilde Ecken" stehen lassen.

Gießwasser sollte aus der Regentonne statt aus der Wasserleitung kommen, Gartenabfälle auf den eigenen Komposthaufen wandern statt in die Kompostieranlage.

Die intensive Nutzung, wie sie in einem Kleingarten zwangsläufig erfolgt, muss übrigens nicht im Widerspruch stehen zum Wunsch nach Artenschutz, sagt die Expertin. Wer die oben genannten Fehler vermeidet, zudem Nisthilfen für Insekten oder Vögel aufstellt oder -hängt und Winterquartiere für Igel und Fledermäuse schafft, tut schon viel für den Artenschutz.