Der tapfere Yusef und sein großes Glück
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Dienstag, 14. Dezember 2021
Der Junge aus einer syrischen Flüchtlingsfamilie kam in Kulmbach mit deformierten Beinen zur Welt. Großzügige Spenden und ein Ärzteteam konnten dem Kind helfen.
Die Geschichte dieses Kindes und seiner Familie berührte die Menschen im Landkreis Kulmbach: Yusef hat die vom Krieg zerstörte Heimat seiner Eltern nie gesehen und wurde doch ein Opfer dieses Krieges. Dass der kleine Yusef heute laufen kann und ein glückliches Kind ist, verdankt er dem Können eines außergewöhnlichen Chirurgenteams und den Lesern der Bayerischen Rundschau, die bei der Adventsaktion unseres Spendenvereins "Franken helfen Franken" stolze 11.500 Euro für ihn spendeten.
Ein Opfer des Krieges
Nachdem seine Eltern 2015 mit den beiden älteren Geschwistern aus Syrien geflohen waren, kam Yusef Mohamad in Kulmbach zur Welt - mit einer schweren Deformation beider Beine. Die Behinderung ist vermutlich eine unmittelbare Folge des Krieges: Mutter Yasmin war während der Schwangerschaft einem Giftgasangriff ausgesetzt. Yusef fehlten Knochen in beiden Unterschenkeln, die Füße waren fehlgebildet. Mit diesen Beinen laufen lernen? Unmöglich! Im Gegenteil: Ärzte in mehreren Kliniken sind überzeugt, dass eine Amputation unvermeidlich sei. "Das war ein großer Schock für uns."
Dass es dazu nicht kam, ist ein kleines medizinisches Wunder. Freunde und Helfer, allen voran die Caritas und die ehrenamtliche Familienpatin Sonja Birner aus Wonsees, suchten gemeinsam mit der Familie Spezialisten, die das Schicksal noch zum Guten wenden könnten. Ein Ärzteteam der Uni-Klinik Münster machte schließlich das scheinbar Unmöglich möglich.
Nach mehreren Operationen lernte Yusef laufen. Der Fünfjährige ist ein aufgewecktes, fröhliches Vorschulkind, dem allerdings noch ein langer Leidensweg mit weiteren Operationen bevorsteht, bevor er hoffentlich ein ganz normales Leben führen kann. Am heutigen Mittwoch wird der Junge erneut in Münster operiert. Die Beine werden fünf bis sechs Zentimeter gestreckt. Eine schmerzhafte Prozedur: Wieder vier bis fünf Monate ein Fixateur Externe, eine Apparatur, an deren Stellschrauben die Mutter jeden Tag ein wenig drehen muss. Danach sechs Wochen Gipsbett.
Die Zusatzkosten sind gedeckt
Die Behandlung des Jungen musste die Familie nicht bezahlen, aber die vielen Fahrten in die Klinik mit Begleitung, Sonderausstattung und Extra-Therapien sind teuer. Sie konnten und können bis heute durch die Spenden finanziert werden, die bei der Adventsaktion der Bayerischen Rundschau und des Spendenvereins "Franken helfen Franken" der Mediengruppe Oberfranken gesammelt wurden.
Dafür ist Yasmin Mohamad den Menschen im Landkreis Kulmbach immer noch dankbar. Obwohl sie inzwischen mit ihren Kindern nach Günzburg umgezogen ist, verbinden sie noch viele Freundschaften mit ihrer ersten neuen Heimat. "Wir konnten das gar nicht fassen, dass uns so viele Menschen helfen wollten", sagt Yusefs Mutter. Sie spricht inzwischen fließend Deutsch, die beiden älteren Kinder Asya (12) und Rashid (11) sind gute Schüler
Arbeit zu finden, das bleibt bislang ein Problem für Yasmin, die nach der Scheidung vom Vater der Kinder alleinerziehend ist. "Mit drei Kindern, davon eines noch krank, stellt mich niemand ein. Höchstens befristet für ein paar Monate." Eine Arbeitsstelle sei aber die Voraussetzung, um langfristig in Deutschland bleiben zu dürfen. Der syrische Abschluss als Schulpädagogin wurde bisher nicht anerkannt. Derzeit prüft die Anerkennungsstelle in Stuttgart, ob ihre Ausbildung zumindest dem "Quali" gleichgestellt wird. Dann könnte die dreifache Mutter eine Ausbildungs zur Kinderpflegerin machen - ihr Wunschberuf, für den sie Initiative zeigt: "Eine Praktikumsstelle, habe ich sogar schon."