Druckartikel: Der Spieltrieb kennt kein Alter

Der Spieltrieb kennt kein Alter


Autor: Dagmar Besand

Kulmbach, Dienstag, 10. Sept. 2019

Wir haben Kinder und Senioren eingeladen, sich gegenseitig ihre Lieblingsspielzeuge vorzustellen und sie gemeinsam auszuprobieren.
Attraktion bei der gemeinsamen Spielstunde: Die alte Puppenstube begeistert Seniorin Christel Popp ebenso wie Sophie Ciobanu und Xenia Heuschmann. Fotos: Dagmar Besand


Wenn Christel Popp an die Spielsachen ihrer Kindheit denkt, bekommt sie leuchtende Augen. "Ich hatte keinen normalen Kaufladen, sondern ein richtiges Kaufhaus", schwärmt die 79-Jährige. Drei Stockwerke hatte es, mehrere Abteilungen für die verschiedenen Waren, alle Räume durch Treppen und Türen verbunden. "Am Eingang gab es sogar eine Klingel. Kleine Figuren stellten Personal und Kunden dar, in den Regalen lagen echte Produkte in selbst gemachten Mini-Verpackungen."

Zu verdanken hatte die kleine Christel dieses Kunstwerk ihrem Vater, einem leidenschaftlichen Bastler, der das alles mit viel Liebe zum Detail für seine Tochter gebaut hatte.

Rainer Krauß musste sich als kleiner Junge mit einfacheren Spielsachen zufrieden geben. "Unmittelbar nach dem Krieg gab es nichts, und es war auch kein Geld da, um so etwas zu kaufen", erzählt der 75-Jährige. Doch er war schon als Kind erfinderisch und verstand es, aus nichts etwas zu machen: Er bastelte sich Pfeifen aus Kastanien und kleine Autos aus Fisch-Konservendosen. Als Fünfjähriger verband er zwei Dosen mit Draht, befestigte eine Schnur daran. "Das habe ich dann als Auto mit Anhänger durch den Sandkasten gezogen, Steine und Holz aufgeladen", erinnert sich der Kulmbacher mit einem Schmunzeln.

Die Dosen von damals gibt es heute natürlich nicht mehr. Aber Krauß hat neue gekauft, um den Kindern des Mangersreuther Kinderhauses zu zeigen, womit er einst gespielt hat.

Einige Kindergartenkinder sind an diesem Tag zu Besuch im Senioren- und Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt Am Rasen, in dem auch Rainer Krauß' ältere Schwester Gerda Dörr und Christel Popp leben.

Die Besuche der Kinder im Heim finden zwar regelmäßig statt, aber dies ist ein ganz besonderer Anlass. Für die Rundschau-Serie "Kinder, Kinder" haben die Kleinen ihre Lieblingsspielzeuge mitgebracht, um der Urgroßeltern-Generation zu zeigen, was ihnen Spaß macht. Und die Senioren probieren die Sachen sofort mit großer Begeisterung aus und vergleichen sie mit den Dingen, mit denen sie gespielt haben.

Im Gegenzug können die Kleinen auch ein paar alte Spielsachen bestaunen und testen. Sozialpädagogin Silvia Bauernfeind vom Pflegeheim Am Rasen hat solche Schätze leihweise für das Treffen besorgt: eine wunderschön eingerichtete Puppenstube, einen geflochtenen Puppenwagen mit historischen Puppen.

Neugierig und geschickt

Es geht sehr lebendig zu, es wird viel gelacht. Und es gibt zwei tatsächlich sehr überraschende Erkenntnisse aus diesem gemeinsamen Vormittag.

Erstens: Der Spieltrieb kennt keine Altersgrenzen und verbindet Generationen wie kaum etwas anderes! Wenn Anneliese Croy zum Beispiel den hölzernen Hula-Hoop-Reifen am Unterarm kreisen lässt, können Danny Fuchs und Nicklas Zimmerer nur staunen. "Cool", sagen sie voll Bewunderung und lassen die ältere Spielgefährtin gerne ihr ferngesteuertes Auto und ihr Lego Ninjago testen.

Zweitens: Klischees halten sich deshalb so lange, weil offensichtlich was dran ist! Mädchen lieben Puppen, Jungs wählen Autos und Technik, wenn es um Lieblingsspielzeuge geht. Ob es nun die ferngesteuerte Variante ist, die Nicklas Zimmerer mitgebracht hat oder das Konservendosen-Auto von Rainer Krauß - das spielt eine eher untergeordnete Rolle. Und ob die Puppe neu oder schon 80 Jahre alt ist, ist auch nicht wichtig: Sie wird in den Arm genommen, frisiert und mit der eigenen neuen Puppe schlafen gelegt.

Treffen wie diese sind für Kinder und Senioren eine Bereicherung, sagen Silvia Bauernfeind und Daniela Hofmann, Leiterin des Awo-Kinderhauses "Alte Mangersreuther Schule", die die Gelegenheit nutzen - und mitspielen.