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Der Pastor und die "Bild"-Zeitung


Autor: Stephan Tiroch

Neudrossenfeld, Freitag, 01. Januar 2021

Der frühere Dekan Jürgen Zinck feierte seinen Siebzigsten: Mit seinem Beitrag zum Nürnberger Bratwurststreit hat er bundesweit Schlagzeilen gemacht.
Ein Bild aus seiner aktiven Zeit in der Petrikirche: der frühere Kulmbacher Dekan Jürgen Zinck, der jetzt seinen 70. Geburtstag feierte Archiv/Uschi Prawitz


So viele Pfarrer gibt es nicht, die mit einer Predigt überregional Schlagzeilen machten. Deren Botschaft von der "Bild"-Zeitung deutschlandweit verbreitet wurde. Der frühere Kulmbacher Dekan Jürgen Zinck, der jetzt seinen 70. Geburtstag feierte, ist so ein Pfarrer gewesen. Dass ein evangelischer Pastor den Händlern des Nürnberger Christkindlesmarktes die Leviten las, war 2014 dem Zentralorgan des deutschen Boulevard eine große Geschichte wert.

Zinck, der 16 Jahre lang evangelischer Dekan in Kulmbach und Pfarrer von St. Petri war, mischte sich damals in den Nürnberger Bratwurststreit ein.

Den Senf dazugegeben

Eine Delegation aus Sachsen wollte am Nikolaustag auf dem berühmten Christkindlesmarkt Werbung für den Bautzner Senf machen, 1000 Nürnberger Bratwürstchen verschenken und ihren Senf dazugeben. Die örtliche Bratwurstgilde rebellierte, und die Stadtverwaltung verbannte die Gratis-Würstchen der Sachsen vom Christkindlesmarkt.

Der Kulmbacher Kirchenmann, der gern ein offenes Wort pflegt, schmunzelt heute noch über den Widerspruch, dass ausgerechnet in der Weihnachtszeit Geschenke verboten sein sollten. Darüber schrieb er einen Beitrag für die Kolumne "Der Christ in dieser Zeit" in der Bayerischen Rundschau. Wie sich Jesus mit den Händlern und Geldwechslern im Tempel anlegte, wetterte Zinck über die "bis ins Letzte durchkommerzialisierte Weihnachtszeit". Sein Credo: Was gesagt werden müsse, dass muss eben gesagt werden.

Offen, ehrlich, authentisch

Eine Episode, die den gebürtigen Hamburger gut charakterisiert: offen, ehrlich, authentisch und mit Sinn für Humor. Im April 2016 verabschiedete er sich in den Ruhestand. Eine bereits genehmigte Dienstzeitverlängerung wurde aus gesundheitlichen Gründen rückgängig gemacht.

Einer von vielen Umzügen

Vom Kulmbacher Pfarrhaus am Kirchplatz zog Zinck mit seiner Frau nach Neudrossenfeld - einer von vielen Umzügen in seinem Leben: vom hohen Norden nach Burghausen, dann Studium der Theologie in München, 1978 Vikar in Garching und von 1980 bis 1989 Pfarrer in Zirndorf. Danach leitete er die Schule für Diakone in Rummelsberg - und kam 1999 nach Kulmbach. Das Vorstellungsgespräch war an seinem Geburtstag, dem 16. Dezember.

In Kulmbach und im Dekanat konnte der brillante Prediger ("Deine große Leidenschaft und Gabe zugleich", so Regionalbischöfin Dorothea Greiner) viel bewegen: Zinck führte den Verbund der Diakonie Kulmbach mit 650 Mitarbeitern zusammen. Dazu gehören das Diakonische Werk der Dekanate Kulmbach und Thurnau, die Geschwister-Gummi-Stiftung und die 2006 gegründete DIE KITA gGmbH, eine gemeinnützige Gesellschaft, durch die die Kirchengemeinden von der - oft ungeliebten - Verwaltungsträgerschaft der Kindergärten entlastet wurden. Eine innovative Idee und ein Erfolgsmodell.

Dazu kommen Projekte wie die neue Orgel für die Petrikirche, die Renovierung der Nikolaikirche, die Sanierung des Burgguts in der Waaggasse und der Neubau des dortigen Kindergartens. Auf all dies kann der 70-Jährige stolz sein - am meisten aber darauf, dass er stets ein Freund der Menschen war und geblieben ist.

Auch im Corona-Jahr lässt sich der frühere Dekan nicht unterkriegen. Im Gegenteil. "Wir hatten schöne Erlebnisse: Unser Sohn hat geheiratet, und im April wurde die zweite Enkeltochter geboren", sagt er. "Das macht das Leben schön."

Auch Schafkopflehrer

In Neudrossenfeld haben sich er und seine Frau "gut eingelebt, hier sind wir zu Hause". Und die Gesundheit? "Die Herzprobleme haben sich gegeben." Sie seien die Folge gewesen von starken Nebenwirkungen eines anderen Medikaments. Auf die Kanzel ist er auch zurückgekehrt. "Ab und zu" hält er Gottesdienst und predigt in der Neudrossenfelder Markgrafenkirche. Außerdem gibt er Unterricht in der Neudrossenfelder Schule. Welches Fach? Religion? Nein, als Schafkopflehrer bringt er den Jugendlichen das Kartenspielen bei. Aber das ist eine andere Geschichte ...