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Der neue Trend: Karaoke pluralis


Autor: Stephan Tiroch

Kulmbach, Freitag, 16. März 2018

Dem Begriff Rudel eilt nicht unbedingt ein guter Ruf voraus - was sich nun wohl ändern wird.
Mit den Wölfen heulen, pardon: Rudelsingen ist der neue Trend.  Symbolbild: Bernd Wüstneck/dpa


Dem Begriff Rudel eilt nicht unbedingt ein guter Ruf voraus, wenn wir mal von der Verhaltensbiologie absehen. Denn in der Zoologie wird damit - völlig wertneutral - eine geschlossene Gruppe von Säugetieren bezeichnet, Wölfe, Löwen oder Steinböcke etwa, die sich untereinander kennen und eine Rangordnung einhalten. Im Gegensatz dazu gibt es die Herde: Hier leben zum Beispiel Rindviecher mehr oder weniger anonym in einer Gruppe zusammen, und die eine Kuh interessiert sich nicht dafür, was die andere Kuh macht.

Negativ besetzt ist vor allem die Rudeltaktik, angewandt von deutschen U-Booten im Zweiten Weltkrieg. Sie griffen feindliche Schiffe nicht mehr einzeln, sondern im Verband an.


Wutbürger in bunten Hemdchen

Nicht gerne gesehen ist die Rudelbildung beim Fußball. Darunter kann man sich eine Zusammenrottung von jungen Menschen vorstellen, die - Wutbürgern in bunten Trikots nicht unähnlich - mit feuchter Aussprache Argumente austauschen.

Über das Rudelbesäufnis können wir auch nicht viel Positives sagen. Wohl aber über das Rudelgucken. Gleichbedeutend mit dem neudeutschen Public Viewing (was im englischen Sprachraum den Umstand beschreibt, dass ein Toter öffentlich aufgebahrt wird), bildete es bisher in der Wortsippe, die sich um das Rudel schart, eine Ausnahme.


In der Meute mitgrölen

Aber nun kommt das im fränkischen Sprachraum bisher weitgehend unbekannte Rudelsingen dazu. Was das ist? Laut Veranstalter eine harmlose Ansammlung Hunderter von Menschen jeden Alters, die zu Musikbegleitung gemeinsam "Hits und Gassenhauer von damals bis heute" singen, während die Texte an die Wand gebeamt werden. Eine Art Karaoke pluralis also.

Nürnberg ist die fränkische Hochburg des neuen Trends. Im dortigen Traditionslokal Gutmann am Dutzendteich findet am 17. April das nächste Rudelsingen statt. Wenn Sie mit den Wölfen heulen, pardon: in der Meute mitgrölen möchten - umsonst ist es nicht. Der Spaß kostet zwölf Euro Eintritt.