Der moderne Dieb setzt auf High-Tech
Autor: Sonja Adam
Kulmbach, Donnerstag, 18. Juni 2020
Auch im Raum Kulmbach schlagen immer wieder Autoknacker zu. Die Kripo gibt Tipps, wie man sich und seinen Wagen schützen kann.
Ein Montagmorgen in Oberfranken, die Polizei zieht Bilanz. In Tüschnitz bei Kronach ist in der Nacht zuvor ein grüner Kompaktlader entwendet worden. Der Schaden bewegt sich im fünfstelligen Bereich. Zeitgleich haben auch in Bayreuth Autoknacker zugeschlagen. Sie haben ein im Stadtteil Aichig geparktes Fahrzeug aufgebrochen und daraus eine Handtasche samt Inhalt entwendet. Fälle, die auch in ländlichen Gegenden an der Tagesordnung sind.
"Dass Autodiebe in der Region aktiv sind, hängt sicherlich mit der günstigen geografischen Lage zusammen. Denn in vielen Fällen liegt Oberfranken auf der Verbringungsroute ins osteuropäische Ausland", erklärt die Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Oberfranken, Anne Höfer. Autodiebstähle würden nicht nur in Großstädten begangen. "Sie kommen in den kleinsten Dörfern vor. Oft spielt die Nähe zu einer Schnellstraße oder Autobahn eine Rolle. Die Täter wollen sich schnell vom Tatort entfernen. Dunkelheit spielt ihnen zusätzlich in die Karten", sagt Höfer.
Computer als Werkzeug
Autoknacker, die spontan handeln und mit einfachem Werkzeug zu Werke gehen, gebe es eigentlich gar nicht mehr, so die Beamtin. "In der Regel werden die entsprechenden Fahrzeuge im Vorfeld ausbaldowert und danach zeitnah entwendet. Die Täter sind häufig Mitglieder organisierter ausländischer Banden, die arbeitsteilig vorgehen. Die umfangreichen Ermittlungen der Kriminalpolizeidienststellen dauern daher oft längere Zeit an."
Hauptkommissar Rainer Peterson ist einer der Männer bei der Kripo in Bayreuth, der die Tricks der Autoknacker kennt und der - ebenfalls mit modernster Technik - schon so manchem auf die Schliche gekommen ist. "Autodiebe sind heutzutage hochspezialisiert. Sie setzen modernste Technik ein, kennen sich sehr gut aus, nutzen Computer und Funkwellenverstärker", erzählt Peterson und nennt ein Beispiel. Moderne Autos würden mittels Keyless-Go-Technik automatisch per Knopfdruck geöffnet. "Die meisten Fahrzeugschlüssel werden in Haustürnähe aufbewahrt. Die Diebe brauchen dann nur einen Funkwellenverstärker. Sie greifen das Signal ab, entsperren das Auto und können es ganz normal starten. Und der zweite Mann fährt es einfach weg."
Autodiebstahl habe in den Jahren 2019 und 2018 regelrecht geboomt, momentan sei es ein bisschen ruhiger, so Peterson. Das habe sich er etwas mit Corona zu tun. "Aber jetzt sind die Grenzen ja wieder offen", rechnet der Kripobeamte mit steigenden Zahlen.
Spektakulärer Fall
Den wohl spektakulärsten Fall der vergangenen Jahre habe die Polizei Oberfranken 2017 gemeinsam mit den tschechischen Ermittlungsbehörden gelöst. Damals konnte eine international agierende Autoknackerbande dingfest gemacht werden. "Wir haben zwei Jahre ermittelt, den Tatverdächtigen wurden mehr als hundert Straftaten mit einem Gesamtentwendungsschaden von über 1,2 Millionen Euro vorgeworfen", erinnert sich Peterson. Angeklagt worden seien dann 77 vollendete Diebstähle und acht Versuche, die meisten in Oberfranken.
Ein Zerlege-Betrieb
Auf die Bande aufmerksam geworden war die Polizei auf die Bande, weil es seit Sommer 2015 immer wieder zu Diebstählen der Marken VW T5, Mercedes Sprinter und Skoda gekommen war. Im Juni 2016 kam die Polizei dann in Nürnberg zwei Männern aus Südosteuropa auf die Schliche. Als Hintermann konnte ein 39 Jahre alter Mann aus dem Raum Pilsen ermittelt werden. Er "bestellte" regelrecht Fahrzeuge und unterhielt einen "Zerlege-Betrieb" - dem Drahtzieher standen fünf weitere Männer aus Moldawien und Rumänien zur Seite.