Der meisterliche Taubenzüchter aus Stadtsteinach
Autor: Sonny Adam
Stadtsteinach, Donnerstag, 20. November 2014
In Zeiten von Twitter, Skype und E-Mail haben Brieftauben keine Verwendung mehr. Doch der Stadtsteinacher Josef Birkel (67) betreibt das Hobby der Zucht mit Leidenschaft. Und hat eine Super-Saison 2014 hinter sich.
Im Garten von Josef Birkel gurrt es. Rund achtzig Tauben sitzen in Reih und Glied in ihrer Voliere, weitere vierzig sind drinnen in Käfigen. Doch die grauen Tiere mit der grün-schillernden Brust sind keine gewöhnlichen Tauben, sondern Brieftauben. Egal, wo Züchter Josef Birkel sie mit dem Brieftauben-Express hinschickt - sie kommen immer wieder nach Hause zurück.
Die Stadtsteinacher Brieftauben von Josef Birkel haben eine Erfolgssaison hinter sich, die sich sehen lassen kann. Denn im Reisejahr haben die Tauben aus Stadtsteinach bei der RV-Meisterschaft, bei der RV-Jährigen Meisterschaft (das sind die Nachwuchstauben), bei der FG-Pokalmeisterschaft, bei der FG-Meisterschaft und bei Regionalverbandmeisterschaften Platz 1 belegt.
Josef Birkels Tauben sind als bestes Männchen und bestes Weibchen bei der Regionalmeisterschaft ausgezeichnet worden.
"Meine beste Taube ist die 1682", erzählt Josef Birkel und zeigt das Tier. Auf dem Ring, den die Taube trägt, steht die Kennziffer 0430-12-1682. Die ersten Ziffern geben die Herkunft der Taube und den Verein an, bei dem sie registriert ist. Die Ziffer 12 steht für das Geburtsjahr. Und 1682 ist der "Name" der Taube.
Acht Stunden für 650 Kilometer
Der weiteste Flug, den die Stadtsteinacher Tauben in diesem Jahr zurücklegen mussten, war von Ostende in Belgien aus bis nach Hause. In exakt acht Stunden flog die Super-Taube die 650 Kilometer nach Stadtsteinach. "Wie die Tauben das machen, ist bis heute noch ein Rätsel. Man sagt, sie orientieren sich nach der Sonne, aber sie fliegen ja auch, wenn es trüb es", sagt der 67-Jährige.
"Der Orientierungssinn ist tatsächlich noch nicht völlig enträtselt. Es ist sicher so, dass sich die Brieftauben nach dem Sonnenstand und nach dem Erdmagnetfeld orientieren. Manche Wissenschaftler behaupten, dass der Geruch eine Rolle spielt und dass sich Tauben regionale Eigenarten merken", erklärt Christoph Schulte vom Verband deutscher Brieftaubenzüchter.
In den großen Transportern, die die Tiere zum Zielort bringen, werden die Tauben noch einmal mit Wasser versorgt, dann werden sie "aufgelassen" .
10.000 Euro und mehr
"Die Brieftauben sind das Rennpferd des kleinen Mannes. Es gibt Versteigerungen, da kommen die Brieftauben für 10.000 Euro unter den Hammer", erklärt Josef Birkel.
Wenn bei Josef Birkel die Tauben im Frühling geschlüpft sind, bleiben sie 28 bis dreißig Tage bei den Eltern. Danach dürfen sie erste Kurzstreckenflüge absolvieren - von Seibelsdorf nach Stadtsteinach beispielsweise. Nach und nach steigert der Brieftaubenzüchter die Strecken.
Vor weiten Flügen werden die Tauben besonders ernährt. "Die bekommen dann geschälte Sonnenblumenkerne, Erdnüsse - eben fetthaltiges Futter. "Beim Einsatz dürfen sie dann nicht mehr viel fressen, wenn sie richtig fit sind", sagt Birkel. "Bei manchen Flügen mit starkem Rückenwind legen die Tauben 2000 Meter pro Minute zurück", erzählt der Stadtsteinacher. Durchschnittlich fliegen die Tauben zwischen 75 und 120 Stundenkilometer.
Jedes Wochenende lässt der passionierte Brieftaubenzüchter aus Stadtsteinach seine Tauben auf die Reise gehen. "Anfangs bin ich mit sechzig oder siebzig gestartet, dann reduziert man auf 35", sagt der 67-Jährige.
Messung ist manipulationssicher
Wenn die Tauben zurückkommen, laufen sie über eine Art "Gatter" in ihre Behausung zurück. Dieses Gatter erfasst Zeit und Taubennummer automatisch - und meldet das Ergebnis an ein Auslesegerät. Absolut manipulationssicher.
Josef Birkel jedenfalls freut sich riesig über die glückliche Saison und hofft, dass seine Tauben auch im nächsten Jahr immer wieder unbeschadet nach Hause finden.