Der Leidensdruck in Stadtsteinach ist groß
Autor: Dagmar Besand
Stadtsteinach, Freitag, 11. November 2016
Der geplante Bau der Stadtsteinacher Ortsumgehung war das beherrschende Thema der Bürgerversammlung.
Die einen sehnen sich danach, die anderen möchten sie verhindern: Die geplante Ortsumfahrung spaltet die Stadtsteinacher in zwei Lager und wurde bei der Bürgerversammlung am Donnerstagabend im voll besetzten Medienraum der Schule intensiv diskutiert.
Das gewaltige Straßenbauprojekt hat Bürgermeister Roland Wolfrum (SPD) und allen Stadträten schon viel Kopfzerbrechen bereitet. Das Bauwerk greife massiv in die Natur ein, so Wolfrum. Doch Stadtsteinach habe ein massives Verkehrsproblem, das unbedingt gelöst werden müsse. "Es ist deshalb eine Abwägungssache, was für uns das kleinere Übel ist", sagte er. "Im Interesse der Allgemeinheit kommen wir nicht um die Weiterführung des Projekts herum, weil es keine echte und rechtlich durchsetzbare Alternative gibt."
Zum Einstieg in die Diskussion wurde noch einmal die kürzlich in der Stadtratssitzung gezeigte Visualisierung des Straßenbauamts Bayreuth vorgeführt. Sie zeigt eindrucksvoll die gewaltigen Dimensionen des Projekts. In Details werde es noch Änderungen geben, sagte der Bürgermeister: "Die Bretterwand unterhalb von Salem zum Beispiel wird so nicht kommen. Da wird noch umgeplant."
Entlastung für zwei Nadelöhre
Wolfrum hält die Umgehung aus mehreren Gründen für nötig: Gleich zwei Nadelöhr-Strecken durch die Stadt seien durch den Schwerverkehr extrem belastet. Neben der B 303 durch das Zentrum müsse auch die Badstraße dringend entlastet werden. "Wir haben nebendran ein prosperierendes Industriegebiet ohne vernünftige Verkehrsanbindung."Bis der Verkehr über die neue Trasse rollen kann, werden selbst im günstigsten Fall mindestens zehn Jahre vergehen. Planfeststellungsbescheid, Baurecht, Freigabe der Finanzmittel - das dauert. "Realistisch sei ein Baubeginn frühestens ab 2021. Der Bau selbst werde vier bis fünf Jahre dauern.
"Ich freue mich, dass wir endlich auf dem Weg sind, die Umgehung zu bekommen", sagte Leo Winterling aus der Kronacher Straße. "Ältere Leute, die in die Apotheke wollen, kommen bei uns nicht über die Straße, weil Lastwagen und auch andere Autos rasen. Ein Tempolimit wäre dort wichtig."
"Das ist lebensgefährlich"
Von unerträglichen Zuständen sprach Diana Kraus, die an der Hauptstraße wohnt: "Wir haben ein kleines Kind. Mit dem Kinderwagen unterwegs zu sein, ist lebensgefährlich. Bei Gegenverkehr weichen die Lastwagen plötzlich auf den Gehsteig aus." Ohne Umgehung schaue es düster für die Zukunft Stadtsteinachs aus: "Dann werden die Leute wegziehen, und die Häuser gehen kaputt, wenn sich niemand mehr drum kümmert."Silke Schimann will die Umgehung ebenfalls lieber heute als morgen. "Wir brauchen sie für die Entwicklung unserer Stadt, damit sich Industrie ansiedelt und junge Familien herziehen."
Stellvertretend für die Gegner der Umgehung und "Pro Stadtsteinach" meldete sich Jürgen Machulla zu Wort: "Wir wollen das Problem auch lösen, aber wir müssen eine andere und vor allem kurzfristige Lösung finden." Machulla plädierte unter anderem für eine weiträumige Umleitung des Transitverkehrs. Man könne nicht auf den Bau der neuen Straße warten und müsse alle denkbaren Alternativen nachdrücklicher verfolgen.
Die Dringlichkeit von Sofortmaßnahmen betonte auch Stadtrat Wolfgang Martin (BL): "Wegen der besonderen Gefährlichkeit der Situation müssen wir die Straßenbaubehörde jetzt massiv angehen. Es ist deren Aufgabe, eine Lösung zu finden."
Für einiges Aufsehen sorgte die Auswertung der Unterschriftenlisten, die die Umgehungsgegner vor wenigen Tagen dem Bürgermeister überreicht haben. Von den 692 Unterschriften sind 50 doppelt, 400 haben eine auswärtige Adresse angegeben, 40 eine Stadtsteinacher Adresse, obwohl sie nicht dort wohnen, so Wolfrum. Es bleiben 200 Stadtsteinacher, davon acht Minderjährige. Die Befragung wurde von mehreren Bürgern als unseriös kritisiert.