Der Krieg und die Angst
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Mittwoch, 09. März 2022
Der Krieg in der Ukraine weckt tiefes Mitgefühl und große Hilfsbereitschaft. Und etwas, das es in Deutschland Jahrzehnte nicht gab: Angst, dass es mit dem Frieden schnell vorbei sein kann.
Sie begleiten uns rund um die Uhr: die Bilder vom Krieg in der Uk raine, von Flüchtlingsströmen, zerbombten Häusern. Und sie berühren uns zutiefst: Wir alle wollen helfen und tun es auch.
Sie berühren uns aber auch noch in anderer Weise: Was wir sehen, löst Ängste aus. Die Generation der über 80-Jährigen hat noch klare Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg und fürchtet, dass sich die Geschichte wiederholt. Noch einmal Krieg? Eine ältere Dame in unserer Nachbarschaft saß in den ersten Kriegstagen weinend zu Hause, verbrachte schlaflose Nächte. Sie habe Angst, dass der Krieg zu uns kommt, erzählte sie mir.
Wir Jüngeren, die in Frieden und Sicherheit aufgewachsen sind, haben solche schlimmen Erfahrungen nicht am eigenen Leib spüren müssen. Angst haben viele trotzdem. Nicht unbedingt davor, dass russische Panzer über den Kulmbacher Marktplatz rollen. Aber doch davor, dass die Sicherheitslage in Europa instabil wird - und auch vor den wirtschaftlichen Folgen des Krieges, die sich schon jetzt abzeichnen.
Vor wenig mehr als zwei Wochen schien es noch unvorstellbar, dass in unserer unmittelbaren Nähe ein Land militärisch überfallen wird. Krieg, das war bisher etwas, das sich weit weg von uns abgespielt hat. Etwas, von dem wir wissen, das wir in Deutschland aber nicht als konkrete Bedrohung empfinden. Syrien, Afghanistan, Afrika: Auch dort litten und leiden noch immer unschuldige Menschen, weil die Machthaber im eigenen oder im Nachbarland ihren Willen mit Waffengewalt durchsetzen wollen. Jetzt spielt sich dasselbe in Europa ab.
Für selbstverständlich hielten wir es über Jahrzehnte, in Frieden und Freiheit leben zu dürfen. Diese Gewissheit ist weg.