Druckartikel: Der gute Geschmack

Der gute Geschmack


Autor: Christian Schuberth

Kulmbach, Samstag, 09. Februar 2013

Warum ist Fernsehen so erfolgreich? Weil es zu nachtschlafender Zeit Geschichtsunterricht erteilt, weil politische Kabarettisten gelegentlich mal den Finger in die Wunde legen oder im Dritten ab und zu interessante Reportagen laufen?
Dragqueen Olivia Jones und Ex-Schauspieler Helmut Berger auf dem Weg ins Dschungelcamp nach Australien. Foto: dpa


Nein, um die Massen vor die Glotze zu bringen, muss zur besten Sendezeit viel Blut fließen, müssen C-Promis Kakerlaken fressen oder völlig Talentlose vor Dieter Bohlen die Hosen runterlassen. Das Volk bewundert kickende Helden, fiebert mit dem Millionen-Kandidaten und träumt vom Leben des Bachelors.

Zur Traumfabrik Fernsehen gehört auch das Ritual der Selbstbeweihräucherung. Da werden die besten Macher unserer TV-Scheinwelt mit Preisen überhäuft - live und zur Prime-Time. Doch immer weniger Zuschauer setzen sich im Jogginganzug mit Chips und Bier auf die Couch, wenn Promis in Smoking und Abendkleid den "Bambi" oder die "Goldene Kamera" abschleppen. Sagen zumindest die Einschaltquoten.  

Vielleicht ist es dem Volk ja wurscht, wer ihm zur Flucht aus dem Alltag verhilft.

Wer käme schon auf die Idee, die Verleihung der "Goldenen Breze" der Bäcker oder der "Weißwurst des Jahres" durch das Fleischergewerbe zu übertragen? Hauptsache ist doch, dass es mundet. Beim Fernsehen aber geht es längst nicht mehr um guten Geschmack.