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Der fast vergessene Wohltäter von Wartenfels


Autor: red

Wartenfels, Sonntag, 14. Dezember 2014

Vor 150 Jahren starb Pfarrer Georg Wörler, der Erbauer der Wartenfelser Pfarrkirche St. Bartholomäus.
Die Wartenfelser Kirche St. Bartholomäus im Winterkleid. Foto: Archiv/Hartmut Fischer


Wenn in den kommenden Tagen die Wartenfelser Pfarrkirche nach monatelanger Renovierung wieder die Türen für die Gläubigen öffnet, dann mutet das schon beinahe wie eine Fügung des Schicksals an. Denn genau vor 150 Jahren, am 15. Dezember des Jahres 1864, wurde die damals neu erbaute Kirche durch Dekan Klinger aus Marktschorgast vorläufig benediziert.

Somit konnten die Wartenfelser Gläubigen endlich wieder in einem würdigen Rahmen Gottesdienst feiern, wenngleich die Kirche im Inneren noch immer nicht fertiggestellt war. Es sollte noch bis 8. September 1867 dauern, bis die Kirche durch Erzbischof Michael von Deinlein offiziell geweiht wurde.

Wer in den vergangenen Monaten einen Blick in das Wartenfelser Gotteshaus werfen konnte, der fühlte sich in die Jahre des Kirchenbaus zurückversetzt und gewann beim Anblick des einfachen Bruchsteinmauerwerks im Inneren einen Eindruck davon, mit welch bescheidenen Mitteln der

Kirchenbau realisiert werden musste.

Dass es seinerzeit überhaupt zum Kirchenbau kam, war dem unermüdlichen Einsatz von Pfarrer Georg Wörler zu verdanken. Er hatte zusammen mit seinem Kaplan Georg Hutzler im Juni 1863 den Grundstein zum Kirchenbau gelegt.

Am Geburtstag gestorben

Jener 15. Dezember 1864, an dem der erste Gottesdienst in der noch nicht ganz fertiggestellten Kirche gefeiert werden konnte, war für Wartenfels ein Ereignis. Doch konnte niemand ahnen, dass die Bauarbeiter schon wenige Tage später erneut in der Kirche tätig werden sollten - zum Bau der Gruft für Pfarrer Georg Wörler, der am 22. Dezember 1864, seinem 42. Geburtstag, verstarb. Sein Todestag jährt sich nun zum 150. Mal.

Zunächst war der in Schnaittach geborene Wörler als Kaplan und Religionslehrer in Bayreuth tätig. Dort erwarb er sich großes Ansehen bei der Regierung - ein Umstand, der ihm und der Pfarrei Wartenfels später noch zu großem Vorteil gereichen sollte.

Am 27. April 1859 erhielt er durch Erzbischof Michael von Deinlein die Ernennung zum Pfarrer von Wartenfels, wo er die Nachfolge von Josef Steinruck antreten sollte, der im September 1858 verstorben war.

Doch was Georg Wörler in Wartenfels vorfand, muss für ihn depremierend gewesen sein: Eine völlig marode und baufällige Kirche; und eine Pfarrgemeinde, der es an finanziellen Mitteln fehlte. Nicht einmal die Glocken läuteten zu seiner Ankunft, denn der Kirchturm war 18 Jahre zuvor wegen akuter Einsturzgefahr abgebrochen worden.

1861 polizeilich geschlossen

Und so machte Pfarrer Wörler das Kirchenproblem zu seiner Lebensaufgabe. Zwar konnte er mit seiner neuen Gemeinde noch gute zwei Jahre in der baufälligen Kirche Gottesdienst feiern, doch im Dezember 1861 folgte der nächste Schlag. Der damalige Ortsschreiber Stengel berichtet: "Am 12. Dezember 1861 wurde die seit 20 Jahren ruinöse, total baufällige Pfarrkirche in Wartenfels auf Befehl der kgl. Regierung von Oberfranken durch den kgl. Landgerichtsvorstand von Stadtsteinach polizeilich geschlossen, nachdem zuvor das Sanctissimum von der Pfarrgeistlichkeit (...) in feierlicher Weise von der Kirche in den Pfarrhof gebracht wurde. Zahlreiche Tränen flossen bei dieser ernsten Feier, denn die Not in dieser armen rauen Gegend ist groß, besonders zur Winterszeit. Die Lage der Pfarrgemeinde ist jammervoll. Kein Saal zu einer Notkirche ist vorhanden, kein Geld zum Bau einer neuen Kirche. Nur gute Menschen können durch milde Gaben aus dieser Not retten."

Pfarrer Wörler war ein Mann der Tat, und so machte er sich umgehend daran, aus allen erdenklichen Quellen Gelder zu beschaffen. Dabei kamen ihm seine guten Beziehungen zu amtlichen Stellen zu Gute.

Zunächst genehmigte der Bayerische König Maximilian II. eine Kollekte in sämtlichen bayerischen Kirchen; dann wurde Pfarrer Wörler von der Regierung gestattet, in 61 Pfarreien eine Hauskollekte vorzunehmen. Diese führte ihn persönlich durch ganz Oberfranken von Teuschnitz bis weit hinter Forchheim. Zudem organisierte er von seiner früheren Wirkungsstätte in Bayreuth eine gebrauchte Orgel.

Zerrüttetes Verhältnis

Es müssen ungeheure Strapazen für ihn gewesen sein, die ihn körperlich über die Maßen forderten. Hinzu kam, dass die Wartenfelser Gläubigen ihm schwer zusetzten, denn das Verhältnis zwischen Pfarrer und Gemeinde war zerrüttet. So schreibt er, als es um die defekte Kirchenuhr ging: "Die Wartenfelser brauchen auch keine Uhr, halten keine Polizeistunde, kein Ordnung(...). Wenn man mehrere Jahre Pfarrer in Wartenfels gewesen ist, weiß man aus eigener Erfahrung, wieviel die Stunde geschlagen hat."

Streitigkeiten hielten an

Die anhaltenden Streitigkeiten hatten ihn zermürbt. Und als es kurz vor Baubeginn für die Kirche erneut Differenzen über den Standort gab, drohte die Situation zu eskalieren. Wörler schrieb: "Vor drei Jahren kam ich hierher, um die schon seit mindestens 20 Jahren in Frage stehende hiesige Kirchenbauangelegenheit in Ordnung zu bringen. Geld war keins da, denn die Kirchenstiftung ist arm, die Pfarrgemeinde gleichfalls nicht sehr bemittelt (...). Obwohl die Kirchen- und die noch nebenbei von der Regierung Oberfranken genehmigte Haussammlung einen günstigen Erfolg hatte, weil diese vom Pfarrer und teilweise von dessen Kaplan Hutzler in 61 Pfarreien vorgenommen wurde, so sagen doch einige in Wartenfels: Wenn es dem Pfarrer nicht recht ist, dass die Kirche auf dem Schlossberg gebaut werde, so kann er weitergehen. Und ein anderer sagte aus: Die mit ihren hungrigen paar Bettelgulden sollen weitergehen und das Loch treffen (verschwinden)."

Seine Ausführungen endet Pfarrer Wörler mit der Anmerkung "Rustica gens p.p.!" Dies ist wohl als Anspielung auf ein lateinisches Sprichwort zu verstehen: "Rustica gens est optima flens, sed pessima gaudens" (Das Bauernvolk ist sehr gut, wenn es weint, aber sehr bösartig, wenn es fröhlich ist).

Schließlich musste sich Pfarrer Wörler wenige Wochen vor der vorläufigen Weihe der Kirche auch noch mit dem Hofbauern Röder auseinandersetzen. Der hatte der Pfarrei als vorübergehende Notkirche seinen Stadel zur Verfügung gestellt. Doch plötzlich drohte dieser, das Allerheiligste und die im Stadel aufgestellten Heiligenfiguren mit der Axt zu zerstören, so dass Pfarrer Wörler sich gezwungen sah, alles in die kleine Friedhofskapelle zu bringen, wo schließlich noch bis Dezember 1864 Gottesdienst gefeiert werden musste.

Entkräftet und enttäuscht

All dies mag dazu beigetragen haben, dass Pfarrer Georg Wörler entkräftet und enttäuscht schwer erkrankte und am 22. Dezember 1864 verstarb. Er erhielt er seine letzte Ruhestätte in der Kirche vor dem Marienaltar. Dort erinnert eine Gedenktafel an ihn mit der Aufschrift: Diese Kirche - sein Werk - sein Denkmal.

Bei aller Freude über die gelungenen Renovierungsarbeiten und die anstehende Wiedereröffnung ihrer Kirche sollten die Wartenfelser Gläubigen also nicht vergessen, welch große Opfer die Menschen seinerzeit für den Kirchenbau bringen mussten und dass es in erster Linie Pfarrer Wörler war, dem sie den Bau ihres Gotteshauses zu verdanken haben.