Der "Engel der Pandemie" hört auf
Autor: Christine Fischer
Kulmbach, Dienstag, 17. Mai 2022
Gesundheitsamt-Leiterin Dr. Camelia Fiedler verlässt die Behörde. Welches Fazit sie nach zwei Jahren Corona zieht und was sie zukünftig machen wird.
Als "unseren Engel der Pandemie" hat Landrat Klaus Peter Söllner sie in so mancher Pressekonferenz bezeichnet, jetzt muss sich das Gesundheitsamt einen neuen Engel suchen, denn die Leiterin der Behörde, Dr. Camelia Fiedler, hört auf, um sich neuen Herausforderungen zu stellen. Am Dienstagnachmittag wurde sie im Landratsamt verabschiedet. Offiziell ist die 48-Jährige noch bis Ende Juni im Dienst, im Amt ist sie allerdings kaum noch anzutreffen, da sie aktuell ihre in der Pandemie entstandenen Überstunden abbaut.
Ein Traum geht in Erfüllung
Ab Juli erfüllt sich die Medizinerin dann einen lang gehegten Wunsch und übernimmt eine Hausarztpraxis in Burgkunstadt. "Eine eigene Praxis war schon immer mein größter Traum", betont die Ärztin im Gespräch mit der Bayerischen Rundschau. Als sich dazu nun die Chance ergab, griff sie zu. Ihr Entscheidung hat nichts mit Corona zu tun, stellt sie klar und setzt mit dem ihr eigenen, herzlichen Lachen hinterher: "Dann hätte ich schon vor über einem Jahr aufhören müssen."
Vielfältige Aufgaben
Seit 2013 war die Internistin, die zuvor als Oberärztin in der Notaufnahme des Klinikums Kulmbach gearbeitet hatte, im Gesundheitsamt tätig, 2017 übernahm die gebürtige Rumänin die Leitung von Vorgänger Dr. Dieter Weiss. Die Vielfältigkeit der Aufgaben einer Amtsärztin hatte sie damals den Krankenhaus-Alltag gegen die Behörde tauschen lassen. Schuleingangsuntersuchung, Präventionskampagnen, Mütterberatung, ja sogar die Überwachung der Qualität des Trinkwassers und der Badegewässer gehören zu den Aufgaben des Gesundheitsamtes.
All das wurde in den vergangenen zwei Jahren allerdings von einer bis dahin nicht gekannten Pandemie überlagert. Corona war und ist auch immer noch das alles beherrschende Thema - eine nunmehr gut zweijährige Ausnahmesituation für das Amt und seine Mitarbeitenden. Seit dem ersten Corona-Verdachtsfall Anfang März 2020 stand Camelia Fiedler mit ihrem Team von jetzt auf gleich in der ersten Reihe im Kampf gegen das Virus. Jenes erste März-Wochenende vor zwei Jahren wird sie wohl nie vergessen. 350 Anrufe hat sie da von Freitag bis Sonntag entgegengenommen, verunsicherte Bürger beraten, über Schulschließungen entschieden. "Es war ganz schön was los", lautete ihr Kommentar dazu in der Pressekonferenz am Montag danach. Ein in seiner unaufgeregten Bescheidenheit typischer Camelia-Fiedler-Satz. Die ersten Rachenabstriche fanden damals noch im Keller des Gesundheitsamtes statt. Dr. Camelia Fiedler und ihre Stellvertreterin, Dr. Natasa Luz, nahmen sie selbst vor - in Schutzanzügen, die noch von den nicht benötigten Vorräten der Ebola-Pandemie 2015 übrig waren.
Überstunden im dreistelligen Bereich
Arbeitseinsätze praktisch an jedem Wochenende und Überstunden im dreistelligen Bereich wurden in den Hochphasen fast zur Normalität. Doch egal, wie groß die Belastung für die Amtsärztin war, sie ließ es sich nicht anmerken, blieb stets freundlich und zuversichtlich. "Trotz schwieriger Zeiten fiel uns die Arbeit nie schwer", sagt sie im Nachhinein über sich und das Team. Immer ein nettes, persönliches Wort für das Gegenüber und ein Lächeln auf den Lippen - das sind die Markenzeichen von Camelia Fiedler, die sie auch im größten Stress nie verlor. Mit ihrer ruhigen Art hat die 48-Jährige den Landkreis Kulmbach kompetent durch die Pandemie begleitet.
Jedes Opfer, das das Virus gefordert hat, ist eines zuviel und ein schwerer Verlust für die Angehörigen, weiß sie. Dennoch zieht sie nach über zwei Jahren Corona ein versöhnliches Fazit: "Der Landkreis ist insgesamt gut durch die Pandemie gekommen. Es hat sich gezeigt, dass man mit Disziplin und stetigem Dranbleiben auch schwierige Situationen wie diese meistern kann."
Lachendes und weinendes Auge
Die Amtsärztin ist dankbar und froh für die Erfahrungen, die sie in den vergangenen Jahren sammeln durfte. Auch für den tollen Zusammenhalt ihres Teams im Gesundheitsamt und die reibungslose Zusammenarbeit mit Krisenstab und Landratsamt. In beiden Ämtern wird Camelia Fiedler mit ihrem einnehmenden Wesen bereits jetzt vermisst. Und auch ihr fällt der Abschied von den Kollegen, dem Amt und der Tätigkeit nicht leicht. Doch sie freut sich auch darauf, als Hausärztin künftig wieder näher am Patienten zu sein und Kranken helfen zu können. "Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge", sagt sie.