Der doofe Charme der Autokratie
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Sonntag, 22. Mai 2016
Was ist das denn: Charme? Ein Begriff aus dem Französischen, der per se den Liebreiz oder das gewinnende Wesen eines Menschen beschreibt.
Überschätzte Sätze der Menschheitsgeschichte, Folge 1: "Er hat leider nicht den Charme des Originals." Stand jüngst als Fazit unter einer Filmkritik zum neuen Disney-Film "Jungle Book". Das "Dschungelbuch" von 1967 war ein Zeichentrick, jetzt kommen Mogli, Balu & Co. digitalgetrickst daher. Das gefiel dem schreibenden Cineasten zwar auch - aber dieser Charme, der sei halt flöten. Wo er genau verlustig ging in den fast 50 Jahren, die seit dem Original-Streifen vergangen sind, das erläuterte der Kritiker nicht. Er sei eben weg. Und wech is wech.
Was ist das denn: Charme? Ein Begriff aus dem Französischen, der per se den Liebreiz oder das gewinnende Wesen eines Menschen beschreibt. Der Deutsche aber meint, natürlich könne/müsse/solle auch ein Ding Charme besitzen.
Zum Beispiel: das Auto. Hoch emotionales Terrain, auf dem wir uns da bewegen.
Der Charme aber? Verpufft wie Auspuff-Wölkchen. Oder wie ein Magazin textete: "Der Käfer hat nicht nur seinen Charme, er hat seine Unschuld verloren." Ich kannte bis dahin nur Leute, die ineinem Käfer die Unschuld... Diese Personen jetzt zu nennen, wäre freilich - nein, nicht charmelos, sondern schlicht schamlos.