Der Bunker-Mann und die Katastrophe
Autor: Stephan Tiroch
Himmelkron, Mittwoch, 22. Juli 2015
Der Orthopäde des Angeklagten hat das Unglück offenbar kommen sehen. Allerdings hat niemand wissen können, was der Himmelkroner im Verborgenen treibt.
Der Orthopäde, der den Himmelkroner Bunker-Mann wegen seiner Dauerschmerzen in beiden Handgelenken behandelt, hat offenbar prophetische Fähigkeiten gehabt. Als er den Schmerzpatienten zur ganzheitlichen Behandlung überweist, schreibt er: Weil der Mann schon länger arbeitsunfähig sei und nicht schmerzfrei werde, drohe existentiell und familiär eine Katastrophe.
Keine akute Suizidgefahr
Davon berichtet der Psychiater und Neurologe, zu dem der Bunker-Mann geschickt worden ist, der Strafkammer des Landgerichts Bayreuth. Er habe bei dem 35-jährigen Angeklagten eine Depression und Zukunftsängste festgestellt, aber keine akute Suizidgefahr.
Auch keine Geisteskrankheit, so der Zeuge, als er konkret vom Angeklagten danach gefragt wird.
Gleichwohl ist es zur persönlichen Katastrophe für den 35-jährigen Mann aus einem Himmelkroner Ortsteil gekommen - im Dezember wird er verhaftet und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Mit fehlender Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit kann man die Taten des Bunker-Manns wohl nicht erklären. Was er dem Gericht am ersten Prozesstag als Erklärung abliefert, bleibt schwammig.
Warum verbuddelt man im friedlichen Europa im eigenen Garten 100.000 Euro beim Bunker-Bau? Auf diese zentrale Frage des Vorsitzenden Richters Michael Eckstein sagt der Angeklagte lapidar: "Das war ein Hobby von mir."
Für einen Laien hat der Ex-Pionier der Bundeswehr einen immensen Aufwand getrieben: über 1,3 Meter dicke Wände ("an der dünnsten Stelle") aus Stahlbeton, eine ebensolche 1,7 Meter dicke Decke sowie eine fünf Zentimeter starke Stahltür, die einer Explosion standhält. Beim Bau seines Schutzraums habe ihm auch die Verwandtschaft geholfen, die nach seinen Worten nichts dazu gesagt habe.
Angst vor Sonnenstürmen?
Ob sich der Mann vor Sonnenstürmen gefürchtet hat, will Staatsanwalt Bernhard Pöxler wissen. Davon weiß der Psychiater und Neurologe nichts. Und der Angeklagte schweigt.
Auch seine Leidenschaft fürs Distanzschießen mit großkalibrigen Waffen - dafür fährt er regelmäßig nach Österreich, wo ein anderes Waffengesetz gilt - erklärt der Angeklagte lediglich mit dem Satz: "Just for fun." Andere Hobbys wie Polo oder Autotuning seien auch nicht viel sinnvoller.
Der Sprengstoff - immerhin über ein Kilo Schwarzpulver und 9,4 Kilo Treibladungspulver - sei im Bunker sicher gelagert gewesen, meint der 35-Jährige. Für seine Tochter und seine Freundin im Wohnhaus habe keine Gefahr bestanden.
Die beiden selbst gebauten Handgranaten, die bei der Verhaftung im Auto gefunden worden sind, sowie die Rohrbomben habe er erst kurz vorher von Österreich nach Deutschland gebracht. Er habe sämtliche Sprengkörper unschädlich machen wollen. "Wenn die Hausdurchsuchung eine Woche vorher oder zwei Wochen später stattgefunden hätte, wäre nichts gefunden worden", erklärt der Mann redegewandt. Kommentar des Staatsanwalts: "Sie versuchen, alles möglichst harmlos hinzustellen."
Zeugen kommen später dran
Es dürfte - nicht nur wegen der Erkrankung des Anklagten - dauern, bis der komplizierte Fall gelöst ist. Der Hauptvorwurf, die Veruntreuung der 240.000 Euro in dem Elektrobetrieb, ist noch gar nicht zur Sprache gekommen. Die Kammer hat die Zeugen vorsorglich schon mal abgeladen. Sie sollen telefonisch ins Gericht bestellt werden.
Der Prozess vor dem Landgericht Bayreuth wird am Freitag fortgesetzt.