Druckartikel: Davor graut es dem Gerichtsreporter

Davor graut es dem Gerichtsreporter


Autor: Alexander Hartmann

Kulmbach, Sonntag, 18. Oktober 2015

Gerichtsreporter - ein toller Job? Naja, an manchen Tagen würde ich lieber 20 Goldene Hochzeiten fotografieren als am Pressetisch über Stunden Notizen in meinen Block zu kritzeln.
Es gibt Verfahren, die setzen einem Reporter gehörig zu. Foto: dpa


Ohne Frage: Es gibt die "kleinen" Prozesse, die durch Wortgefechte zwischen Klägern und Angeklagten ihren besonderen Reiz gewinnen (Das "Königlich Bayerische Amtsgericht" lässt grüßen); oder auch Verhandlungen zu Gewalt- und Sexualverbrechen, bei denen einem angesichts der Brutalität die Haare zu Berge stehen - die für den Berichterstatter oft mental eine Herausforderung sind.

Es gibt aber auch die Verfahren, bei denen Akten über Akten gewälzt, Zeugen wie auch Angeklagte über Stunden befragt werden, und bei denen man den Eindruck gewinnt, dass selbst Beteiligte Gefahr laufen, so langsam den Durchblick zu verlieren.

Der Prozess gegen den Kulmbacher Rechtsanwalt, der sich zurzeit wegen schweren Betrugs vor der Hofer Wirtschaftsstrafkammer verantworten muss, ist so ein Verfahren. Es dreht sich um Millionen-Projekte des Angeklagten, die es gar nicht gab, um Geldgeber, die kein Geld hatten, um Zeugen, die von nichts wussten, und um Geschädigte, die vom Geschäft, das keines war, überhaupt nichts verstanden haben.

Das sind Verfahren, bei denen man als Gerichtsreporter das Ende des Verhandlungstages herbeisehnt - und sich schon auf das Foto von der nächsten Goldenen Hochzeit freut.