Das Monster vor der Haustür
Autor: Christian Schuberth
Kulmbach, Freitag, 07. Juni 2019
Allerorten entstehen derzeit Umgehungen, viele heftig umstritten. Denn es gibt neben Gewinnern auch viele Verlierer.
Stellen Sie sich vor, Sie haben in einem Wohngebiet in einem beschaulichen fränkischen Städtchen eine begehrte Baulücke ergattert. Ein Sahne-Grundstück, alter Baumbestand, exponierte Hanglage, völlige Ruhe. Sie beleidigen das Grundstück keineswegs mit einem Pseudo-Toskana-Bauwerk aus dem Katalog, sondern leisten sich einen Architekten, der Ihnen ein schickes, kubisches Haus plant. Man baut ja nur einmal im Leben.
Jetzt sitzen Sie auf der Terrasse, genießen die Stille, die gute Luft und den herrlichen Blick auf die Ausläufer der Fränkischen Schweiz. Ihre Kinder im Grundschulalter sind derweil auf den Rädern in der Nachbarschaft unterwegs. Sie haben ein ruhiges Gewissen, hier fährt ja kaum ein Auto. So lässt sich's leben.
Bis Ihnen eine Umgehung vor die Haustür geknallt wird. Wenige Meter neben dem Schlafzimmer rauschen bald die Laster vorbei. Die nahe Altstadt plötzlich ach so fern. Denn das Monster vor der Haustür lässt sich gefahrlos nur mit Übergang und Ampel bezwingen. Und die Kinder alleine rauslassen? Geht gar nicht mehr. Beim Spatenstich müssen Sie auch noch diese Politikerworte ertragen, die das Millionen-Projekt rechtfertigen: "Lärm macht krank. Viele wollen den Straßenverkehr eben nicht vor ihrem Wohnzimmerfenster." Stimmt, Sie aber auch nicht...
Neben Lärm also auch noch Hohn in Ihren Ohren. Denn für die teuer erkaufte Ruhe Ihrer Mitbürger zahlen Sie ja mit Steuergeldern, dem Wertverlust ihres Hauses, mit Lärm und Gestank mehrfach die Zeche.
Sie wohnen tatsächlich in Weismain und sind betroffen? Dann sei Ihnen unser Mitgefühl ausgesprochen. Ebenso wie vielen Untersteinachern, Melkendorfern oder Stadtsteinachern, die es schon oder bald trifft.