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Corona: Hotspot Baustelle


Autor: Alexander Hartmann

Kulmbach, Freitag, 26. März 2021

Die Ansteckungsgefahr auf Baustellen ist groß: Nach dem massiven Ausbruch hat die Gewerbeaufsicht in Mainleus die Kontrollen verstärkt.
Abstand halten und Maske tragen - auf vielen Baustellen werden die Corona-Vorgaben nicht umgesetzt.


Auch auf vielen Baustellen im Landkreis Kulmbach herrscht ein Sprachengewirr. Deutsche arbeiten an der Seite mit vielen Osteuropäern - für die unterschiedlichsten Gewerke. Es gibt Verständigungspro­bleme, auch unterschiedliche Meinungen darüber, wie die Corona-Schutzmaßnahmen einzuhalten sind. "Abstand halten bei weitem nicht alle", sagt ein Bauarbeiter aus Kulmbach, der nach den Erfahrungen, die er in einem Jahr Corona gesammelt hat, im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt: "Über mehrere Stunden mit einer Schutzmaske zu arbeiten, ist auf dem Bau auch nicht möglich."

IG Bau fordert Schnelltests

Dass viele Firmen die Ansteckungsgefahr mit dem Corona-Virus auf die leichte Schulter nehmen, hat die Industrie-Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) erklärt, die Schnelltests für Baustellen-Arbeiter fordert. "Jeder Corona-Schnelltest hilft, eine Infektion zu erkennen", sagte Vorsitzender Robert Feiger der Deutschen Presse-Agentur und führte an: "Gerade auch auf dem Bau sollten Schnelltests möglichst zügig und breit zum Einsatz kommen. Denn die Arbeiten laufen auf Hochtouren weiter."

Hotspot in Hornschuchshausen

Auf Hochtouren laufen sie auch im Landkreis Kulmbach. Bundesweit für Schlagzeilen hat vor wenigen Wochen die Großbaustelle am Hornschuch-Ensemble in Mainleus gesorgt, die ein Corona-Hotspot war. Auf der Baustelle, die unter der Leitung des eingesetzten Architekturbüros steht, hatten sich 25 Arbeiter mehrerer Firmen mit der britischen Variante infiziert. In der Folge waren es über 100 Personen, deren Ansteckung unmittelbar oder mittelbar auf den Ausbruch in Mainleus zurückzuführen war.

Mehrfach kontrolliert

Es ist eine Baustelle, die maßgeblich mit dazu beigetragen hat, dass der Inzidenzwert im Landkreis in die Höhe geschossen ist. Diese war vom Gewerbeaufsichtsamt, das bei der Regierung von Oberfranken angesiedelt ist, seit Beginn der Arbeiten 2018 mehrmals kontrolliert worden und stand nach dem Corona-Ausbruch im Fokus der Behörde. "Das Gewerbeaufsichtsamt hat umgehend Kontakt mit den zuständigen Unfallversicherungsträgern aufgenommen. Bauherr, Bauleitung und Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator wurden schriftlich auf die zu treffenden Schutzmaßnahmen hingewiesen", sagt Sabine Kerner, die Pressesprecherin bei der Regierung ist.

Was wurde gefordert? Ein Schwerpunkt sei auf die Hygiene in den gemeinschaftlich genutzten Einrichtungen und die Belüftung der Arbeitsräume gelegt worden. "Um weitere Infektionen zu verhindern, wurde darauf geachtet, dass die Ausführung der Arbeiten durch die einzelnen Gewerke zu entzerren und insbesondere auch alle auf der Baustelle Beschäftigten über die notwendigen Maßnahmen auf dem Laufenden zu halten sind", so Kerner. Die Umsetzung und Einhaltung dieser Maßnahmen werde fortlaufend durch unangekündigte Kontrollen zusammen mit Vertretern der Unfallversicherung überprüft.

Der Mindestabstand ist Pflicht

Wie die Regierungssprecherin weiter mitteilt, gilt auf Baustellen grundsätzlich die Vorgabe, dass Arbeitsmittel von möglichst wenigen Arbeitern gemeinsam genutzt werden und Arbeitnehmer in feste Gruppen eingeteilt werden sollen. Auch hier müsse im Außenbereich, wenn der Mindestabstands von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann, eine Schutzmaske getragen werden. "In Innenräumen besteht Maskenpflicht bei Arbeiten, bei denen eine Mindestfläche von zehn Quadratmetern pro Person nicht zur Verfügung steht oder ebenfalls, wenn ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen einzelnen Personen nicht eingehalten wird." Die Abstandsregeln müssten gleichfalls bei gemeinsamen Fahrten zur Baustellen beachtet werden.

Sicherheitskoordinator ist erforderlich

Bei größeren Projekte sei zudem ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator zu ernennen, "der den Arbeits- und Gesundheitsschutz zwischen den einzelnen Gewerken koordiniert und regelmäßige Begehungen auf der Baustelle durchführt". Auf der Baustelle in Hornschuchshausen sei diese Vorgabe umgesetzt worden.

"Der gesunde Menschenverstand"

Dass Baustellen eine Corona-Gefahrenquelle sind, das weiß auch Kreishandwerksmeister Günther Stenglein. Er appelliert an Arbeitgeber und Beschäftigte, den gesunden Menschenverstand walten zu lassen und die Regeln, die im Alltag gelten, auch im Beruf zu beachten. Dabei weiß er, dass es vor allem auf Großbaustellen, auf denen Arbeiter verschiedenster Nationalität im Einsatz sind, nicht selten Verstöße gibt. Es sei die Aufgabe der Chefs, gerade die osteuropäischen Arbeiter, die auf oberfränkischen Baustellen eingesetzt sind, zu instruieren und ihnen die Hygiene- und Schutzkonzepte in ihrer Sprache notfalls auch schriftlich zu erläutern. "Woher sollen die Leute sonst wissen, was sie machen müssen?"

Auch Bauherr in der Pflicht

Das fordert auch der Leiter des Corona-Krisenstabs am Landratsamt, Oliver Hempfling, der aber davon überzeugt ist, dass die "Sprachbarriere" oft nur vorgeschoben wird. "Die meisten arbeiten ja nicht zum ersten Mal in Deutschland und wissen, was zu tun ist." Dass im Gesundheitsamt Mitarbeiter verschiedene osteuropäische Sprachen sprechen, helfe bei der Nachverfolgung, "auf den Baustellen aber nicht", sagt Hempfling, der den einzelnen Arbeiter ebenso wie die Firma und den Bauherren in die Pflicht nimmt. Wie er mitteilt, waren in Mainleus verschiedene Betriebe vom Corona-Ausbruch betroffen. Mit 22 von 25 hätten die meisten Beschäftigten ihren Wohnsitz im Landkreis Kulmbach gehabt.

Lange Pausen sind nicht drin

Ob als Folge des Corona-Ausbruchs mehr Arbeiter auf die Einhaltung der Corona-Vorgaben achten werden? Der Kulmbacher, der sich im Gespräch mit unsere Zeitung zur Situation auf Großbaustellen geäußert hat, hat da seine Zweifel. Und er macht deutlich, dass es auch bei gutem Willen oft nicht möglich ist, den Mindestabstand einzuhalten. Bei einer körperlich harten Arbeit sei es zudem nicht zumutbar, über Stunden eine FFP2-Maske zu tragen, betont der Mann, der weiß, dass der Arbeitsschutz fordert, dass nach einer Tragedauer von 75 Minuten eine 30-minütige Pause ohne Maske folgen sollte: "Würde man das einhalten, käme man auf keiner Baustelle voran. Da würde auch kein Arbeitgeber mitspielen."

"War nur Frage der Zeit"

Den Kulmbacher hätte es nicht gewundert, wäre es schon vor Mainleus zu einem größeren Corona-Ausbruch auf einer anderen Baustelle gekommen. "Das war doch eigentlich nur eine Frage der Zeit."