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Car-Sharing in Kulmbach: So läuft der Start


Autor: Alexander Hartmann

Kulmbach, Montag, 13. Mai 2019

Mit seiner Firma Easy drive will Michael Hilbert den Verkehr in Kulmbach revolutionieren. Er hat vor allem Kunden aus der Innenstadt. Denn dort stehen die Elektroautos. Wer in Stadtteilen wohnt, der steht vor höheren Hürden.
Manfred Käferlein gehört zu den Kunden von Easy drive. Über eine Smartphone-App kann er die Tür des Renault Zoe öffnen, der an der Ladestation am Eku-Parkplatz steht. Foto: Alexander Hartmann


Ein eigenes Auto hat Manfred Käferstein nicht. "Das lohnt sich für mich nicht", sagt der 53-Jährige, der in der Innenstadt wohnt, um Einkäufe zu tätigen, bis dato oft ein Taxi gerufen hat. Seit ein paar Wochen fährt Käferstein selbst zu den Discountern in der Albert-Ruckdeschel-Straße. Mit einem Renault Zoe, der seinen Standort an den Lade-Stationen für Elektroautos am Eku-Platz hat. Käferstein nutzt eines von zwei Fahrzeugen der Firma Easy drive, die neuerdings in Kulmbach Car-Sharing anbietet.

Vier Euro pro Stunde

er 53-Jährige gehört zu den 26 Kunden, die Inhaber Michael Hilbert von seiner Geschäftsidee schon begeistern konnte. Für vier Euro pro Stunde kann man den Wagen mieten, mit einer App den Nutzungszeitpunkt buchen, den Standort orten, über das Smartphone den Wagen öffnen und zusperren. Ein Angebot, das auch die autolose Birgit Wendel nutzt. Die 59-Jährige wohnt ebenfalls im Stadtzentrum, fährt viel mit Bus und Bahn, mit denen sie aber nicht überall hinkommt. So hat sie den Zoe gemietet, um ins Fichtelgebirge zu gelangen, wo sie mit einer Freundin eine Wanderung am Waldstein unternommen hat. Sie hat das Auto fünf Stunden genutzt, dafür 20 Euro gezahlt. So günstig käme sie anderweitig nie dorthin, sagt Wendel und führt an: "Ich habe seit langem darauf gewartet, dass es in Kulmbach so ein Angebot gibt."

Hilbert sieht großes Potenzial

Ob Michael Hilbert mit der Zahl seiner bisher erreichten Kunden zufrieden ist? Die Einnahmen würden die laufenden Kosten decken, sagt der 51-Jährige, der noch großes Potenzial sieht. Sein Tarifstruktur hat er schon umgestellt. Den Chauffeur-Dienst, der die Mobilität garantieren sollte, gibt es nicht. Wer in Ziegelhütten oder Forstlahm wohnt, muss selbst schauen, wie er ans Auto kommt, das in der Innenstadt geparkt ist.

Ein Payback-Konzept

Der Kunde wolle ein leicht verständliches Konzept, sagt Hilbert. Er setzt jetzt auf die stundenweise Buchung, will mit Firmen kooperieren. Er hat eine Art Payback-Konzept im Visier, ist, wie er betont, mit Geschäftsleuten in Kontakt. "Wer dort einkauft, sammelt Mobilitätspunkte, die man sich beim Bezahlen der Autorechnung anrechnen kann." Kombiniert werden soll das mit einem Shuttle-Service. Wie der aussieht, wollte er noch nicht verraten.

E-Auto statt Diesel?

Der 51-Jährige führt auch so einige Geschäftsleute ans E-Auto heran. So Markus Finkentey von der Firma Fischer & Jistel, der erstmals mit Strom gefahren ist, um einen Kostenvergleich anzustellen. Weil er für seinen Diesel im Monat allein 300 bis 500 Euro Spritkosten zahlt, trägt er sich mit dem Gedanken, sich selbst ein Elektroauto zu kaufen. Damit fahre man günstiger und leiste zudem einen Beitrag zu Klimaschutz, so Finkentey.

Nur für kürzere Fahrten

Auch Jürgen Stündl von der Werbeagentur "Mediastyle" hat den Zoe für geschäftliche Fahrten stundenweise gebucht. Gerade für kürzere Strecken biete sich das Elektroauto an, sagt der 51-Jährige, der die Vorteile des Car-Sharings sieht, auf ein eigenes Auto aber nicht verzichten möchte. Nicht nur, weil er für längere Fahrten einen Benziner brauche, sondern auch, weil er in seinem eigenen Auto viele Unterlagen transportiert. "Die kann ich ja nicht bei jeder Fahrt umladen."

Im November hatte Hilbert erklärt, dass er Ende 2019 zehn Zoe im Fuhrpark haben wird. "An dem Ziel halte ich fest", sagt der 51-Jährige. Ob sich sein Car-Sharing-Modell durchsetzen wird? Der Bundesverband "CarSharing" spricht von einem schwierigen Unterfangen. Generell, so hatte dessen Sprecher Willi Loose im November erklärt, sei ein Neustart in einer Kleinstadt nicht einfach, weil es noch keine begeisterten Nutzer gebe, die das Angebot weiterempfehlen. Wirtschaftlich erfolgreiche Anbieter setzten zudem auf einen Angebots-Mix aus E-Mobilen sowie Benzin- und Diesel-Fahrzeugen. "Denn es gibt viele Kunden, die mit dem Car-Sharing-Auto in den Urlaub fahren wollen. Mit Elektro-Fahrzeugen ist das mangels Reichweite ja kaum möglich."

"Das Angebot ist optimal"

Dessen sind sich Manfred Käferstein und Birgit Wendel bewusst. Beide planen keine Langstreckenfahrten, sind froh, dass es das Car-Sharing gibt. Käferlein steigt am Eku-Platz aus dem Renault Zoe, meldet sich mit dem Handy als Nutzer ab. Das Auto wird verriegelt, für den 53-Jährigen wird sich die Tür aber bald wieder öffnen. "Für mich ist das Angebot optimal", sagt Käferlein, der davon profitiert, dass er in der Stadt wohnt. Hierzu auch ein Kommentar von Alexander Hartmann

Es gibt einige Hürden

Seit ein paar Wochen kann man bei Easy drive Autos mieten. Ein Angebot, das bis dato 26 Kunden genutzt haben, die vor allem die monetären Vorteile zu schätzen wissen: Sie müssen kein eigenes Auto kaufen, keine Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten vornehmen, weder Steuer/Versicherung zahlen noch teuren Diesel/Benzin tanken. Auch der Umweltaspekt spielt eine Rolle, zumal die eingesetzten Renault Zoe nicht Sprit, sondern Strom fressen. Michael Hilberts Firma wird so manchen mobil machen. Ob das Car-Sharing aber für viele Kulmbacher eine echte Alternative zum eigenen Auto sein wird? Das ist zumindest fraglich, da es doch einige Hürden zu überwinden gibt. In vielen Städten kranken vergleichbare Modelle daran, dass potenzielle Nutzer die Leihstation nicht um die Ecke haben. Auch in Kulmbach könnte das ein Knackpunkt sein. Während die, die innenstadtnah wohnen, mühelos zu den E-Autos gelangen, die an den Ladestationen auf dem Eku-Platz stehen, müssen Interessenten aus Forstlahm, der Siedlung oder auch Petzmannsberg entweder lange Fußwege in Kauf nehmen, Fahrrad fahren oder in den Bus oder ins Taxi steigen. Das will geplant sein und dürfte, da recht umständlich, viele abschrecken. In Sachen Mobilität siegt nämlich oft die Bequemlichkeit. Die auch die zu schätzen wissen, die flexibel sein wollen/müssen und/oder eine mehrköpfige Familie haben und die ohne einen eigenen fahrbaren Untersatz wohl nicht auskommen. Für sie dürfte das Leihangebot daher allenfalls eine Alternative zum eigenen Zweitwagen sein. Sollte Easy drive durchstarten, würde das auch den Bundesverband "CarSharing" überraschen. Wirtschaftlich erfolgreiche Anbieter, so der Verband, setzen nämlich auf einen Angebots-Mix aus E-Mobilen sowie Benzin- und Diesel-Fahrzeugen, der auch Kunden bedient, die mit dem Sharing-Auto in den Urlaub fahren wollen oder längere Geschäftsfahrten zurücklegen müssen. Eine Kombination, auf die Michael Hilbert bewusst verzichtet. Er setzt allein auf die "saubere" Elektromobilität, wohlwissend, dass man mit dem Zoe keine allzu großen Sprünge machen kann. Laut ADAC schafft der Renault im Langzeittest eine Reichweite von 180 bis 300 Kilometern. Eine Strecke, die Easy-drive-Kunden wie Manfred Käferstein und Birgit Wendel aber vollkommen ausreicht. Für sie ist Hilberts Angebot maßgeschneidert: Sie wohnen in der Innenstadt und wissen: Bei richtig weiten Strecken sind für sie Bus und Bahn eine echte Alternative.