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Braucht's das Impfzentrum im Sommer?


Autor: Alexander Hartmann

Kulmbach, Mittwoch, 06. Juli 2022

Die Impfnachfrage hält sich im Sommer in Grenzen. Lohnt sich da der Betrieb des Impfzentrums? Dass das Angebot wichtig ist, sagt Landkreis-Sprecher Oliver Hempfling. Die ärztliche Leiterin Anja Tischer hält es derzeit für verzichtbar.
Durchschnittlich 15 Personen pro Tag haben im Juni das Kulmbacher Impfzentrum aufgesucht.


"Nur" 266 Impfdosen wurden im Juni im Kulmbacher Impfzentrum im Einkaufszentrum Fritz verabreicht, pro Öffnungstag waren es durchschnittlich 15. Sieben Erst-, 19 Zweit- und 90 Booster-Impfungen waren darunter, 150 Personen haben sich schon den zweiten Booster geben lassen.

"Richtig und wichtig"

Die relativ geringe Nachfrage wirft die Frage auf: Braucht es in den Sommermonaten das Impfzentrum? Ja, sagt Regierungsdirektor Oliver Hempfling vom Landratsamt, der lange Zeit Corona-Krisenmanager war. Er halte die Entscheidung des Freistaates, diese offen zu halten, "für richtig und wichtig".

Auf jeden Fall bis Jahresende

Die Staatsregierung hatte schon im Februar beschlossen, dass die Impfzentren mindestens bis zum 31. Dezember 2022 weiter betrieben werden. "Die Verlängerung der Finanzierung der Impfzentren garantiert eine bedarfsgerechte Fortführung des Impfbetriebs auch unter sich ändernden Rahmenbedingungen und schafft Planungssicherheit für die Betreiber auf kommunaler Ebene", hieß es im Beschluss des Ministerrats.

Reduzierte Öffnungszeiten

Auch 2021 habe man, als die Reduzierung der Öffnungszeiten gefordert war, nicht zugemacht, sondern diese angepasst. "Wir haben da alles verkleinert, sind vom vierten in den ersten Stock umgezogen", so Oliver Hempfling. Angepasst habe man den Betrieb an die geringere Nachfrage auch jetzt. "Wir haben am Samstag zum Beispiel nicht mehr geöffnet", sagt Hempfling, der es für den falschen Weg hält, Impfzentren zu schließen. Es gebe Menschen, die auch jetzt einen Schutz vor Corona wollten. Und in der Hotline würden immer wieder Fragen beantwortet. "Nicht wenige sagen da, dass sie auf den an Omikron angepassten Impfstoff im Herbst warten."

Ist der Aufwand noch gerechtfertigt?

Ob der Kosten-Nutzen-Effekt noch gegeben ist? Während in Impfzentren, in denen der Betrieb ausgeschrieben und vergeben worden sei, die Jahreskosten teils in zweistelliger Millionenhöhe lägen, "bleiben wir deutlich unter der Million", so Hempfling. "Aufwand und Ertrag stehen meines Erachtens in einem sehr guten Verhältnis. Wir versuchen die Kosten niedrig zu halten." In Zeiten geringer Nachfrage kann die Arbeit seinen Worten zufolge im Impfzentrum mit sieben Personen gestemmt werden.

"Auf mehrere Schultern verteilen"

Man wolle die Impfungen nicht vollständig den niedergelassenen Ärzten überlassen, die ohnehin stark gefordert seien und die man in der Aufklärung und Beratung unterstützen könne. "Wir wollen ein Miteinander, die Impfungen auf mehrere Schultern verteilen."

Verzichtbar?

Während Hempfling auch in den Sommermonaten das Impfzentrum für unverzichtbar hält, glaubt dessen ärztliche Leiterin Anja Tischer nicht, dass der Betrieb effektiv ist. Das Kulmbacher Impfzentrum wäre momentan verzichtbar, sagt die Thurnauer Hausärztin. Es zu schließen, ist nach der Vorgabe des Freistaates gar nicht möglich. Es wäre trotz der niedrigen Zahl der verabreichten Dosen wohl auch der falsche Weg, erklärt Tischer, die erwartet, dass die Impfkampagne in ein paar Monaten wieder anlaufen und die Nachfrage dann steigen wird. "Dann müsste man das Impfzentrum ja von Null aus wieder hochfahren. Das wäre auch keine optimale Lösung." Die ärztliche Leiterin gibt allerdings zu bedenken, dass viele medizinische Fachangestellte in den Impfzentren im Einsatz seien, die in den Praxen dringend benötigt würden.

"Es wird gespart, wo es nur geht"

Was Tischer, die auch Sprecherin der Hausärzte im Landkreis ist, wurmt: Während die Impfzentren aufrechterhalten werden, werde bei niedergelassenen Ärzten, die diese mit betrieben hätten und in den Hochzeiten stark gefordert gewesen seien, nun "gespart, wo es nur geht". So müssten die Abstriche in den Praxen ohne Vergütung vorgenommen werden, auch die Schutzkleidung werde nicht mehr gestellt.

"Keine Wertschätzung"

"Wertschätzung sieht anders aus", so die Thurnauer Hausärztin. Viele gesundheitspolitische Entscheidungen könne sie nicht nachvollziehen. So sei die Krankschreibung per Telefon nun nicht mehr möglich. "Jetzt müssen die Patienten, die eine AU brauchen, wieder in die Praxis kommen, auch wenn sie potenzielle Infektquellen sind."