Brand im Kindergarten: Was ist mit den Schäden an den Reihenhäusern?
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Dienstag, 20. Oktober 2015
Durch die Hitzentwicklung beim Brand des Paul-Gerhardt-Kindergartens sind die Reihenhäuser mehrerer Anwohner in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Bürger befürchten nun, auf Folgekosten sitzen zu bleiben.
Diese traurigen Säulenzypressen und Thuja-Lebensbäume sind nicht zum Opfer geworden von zu viel Sommersonne in Tateinheit mit zu wenig (Gieß-)Wasser: Sie sind braun seit jener Nacht auf den 31. Juli, als wenige Meter entfernt erst ein Papiercontainer und später der Paul-Gerhardt-Kindergarten lichterloh in Flammen standen. Totholz auf mehreren Metern.
Die einst blau-grüne Meterware hatte keine Chance gegen die Feuersbrunst, ebenso wenig Fenster und Rollläden der dahinter liegenden Häuser. Scheiben zerbarsten unter der Hitze, Kunststoff und Metall verformten sich. Die Schäden auf den privaten Gebäuden in der Friedrich-Schönauer-Straße - sie sind mittlerweile fast alle behoben.
Eine Anwohnerin, die ungenannt bleiben möchte, zeigt auf die neuen Fenster im Obergeschoss. "Ich muss aber dazu sagen: Das hat unsere private Brandschutzversicherung übernommen." Und ein zweites Aber folgt: "Die Schäden an der Hecke und bei uns im Garten hinterm Haus deckt die Haftpflicht leider nicht ab."
Neuanpflanzung wird teuer
Jetzt befürchtet die Familie, auf möglichen Kosten sitzen zu bleiben. "Wir wollen gerne den ursprünglichen Zustand wiederherstellen, die Hecke war ein sehr guter Sichtschutz für unser Grundstück." Ein Landschaftsgärtner hat ein Angebot unterbreitet, die mannshohe Heckenpflanzung durch entsprechend gleich große Exemplare zu ersetzen - und dafür annähernd 5000 Euro veranschlagt. "Wer übernimmt das?" fragt die Frau. Als Alternative käme eine billige Holzwand in Frage.Sie wolle mit ihrem Anliegen nicht falsch verstanden werden, sagt sie. "Das Wichtigste ist, dass bei dem Brand niemand verletzt worden ist. Wichtig ist auch, dass für die Kinder eine provisorische Unterkunft gefunden werden konnte und die Betreuung gewährleistet ist. Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung finden wir großartig."
Trotzdem, findet die Anwohnerin, sollten diejenigen nicht im Regen stehen gelassen werden, die im unmittelbaren Umfeld materiell geschädigt worden sind. "Wir können ja wirklich nichts dafür, was geschehen ist." Es sei "ein Albtraum" gewesen, als sie und andere Anwohner in der Brandnacht gegen 2 Uhr von der Feuerwehr aus dem Bett geklingelt und evakuiert werden mussten - mit der Ungewissheit, was los ist, ob und wann sie wieder in ihre Häuser zurückkehren können. "Da war diese riesige Flammenwand. Ein Glück, dass die Feuerwehr so umsichtig und professionell gehandelt hat."
Die Kulmbacherin äußert Verständnis dafür, dass sich nach einem solchen Ereignis nicht alle Probleme im Handstreich lösen lassen. Doch so langsam sei ihre Geduld am Ende. "Wir haben es auch ertragen, im August bei 35 Grad draußen den Gestank von Rauch und Verbranntem auszuhalten. Das hat alle Anwohner hier massiv beeinträchtigt."
Nun sei es an der Zeit zu sagen, wie sich die Kirchengemeinde die Regulierung der Schäden vorstellt. "Es gibt Informationen für uns Betroffene leider nur häppchenweise. Inwiefern sich die Versicherungen gegenseitig die Ansprüche in Rechnung stellen, das kann ich nicht beurteilen."
Wurden alle Schäden gemeldet?
Sie befürchte, dass sich die Angelegenheit in die Länge zieht, weil als Ursache des Feuers Brandstiftung nicht ausgeschlossen werden kann. "Ich kann mir vorstellen, dass sich die Versicherung der Kirchengemeinde dann an denjenigen wenden wird, der der Verursacher des Unglücks war. Aber das kann eigentlich nicht bedeuten, dass wir Anwohner diese Unwägbarkeit ausbaden müssen." Ihr Anruf bei der Versicherungskammer Bayern habe nun ergeben: Offenbar seien nicht alle Schadensmeldungen von der Kirchengemeinde beziehungsweise deren Versicherungsmakler weitergeleitet worden. So habe nur eine Anwohnerin in der Straße Post erhalten. "Das finden wir schon merkwürdig."
Wie steht es mit der Regulierung der Schäden, die beim Brand des Paul-Gerhardt-Kindergartens den Anwohnern in der Friedrich-Schönauer-Straße entstanden sind? Lore Bauer, Geschäftsführerin des evangelisch-lutherischen Kirchengemeindeamtes, sagt dazu auf BR-Nachfrage: "Die Anwohner wurden von uns und auch von Pfarrerin Brigitte Weber informiert und stets auf dem Laufenden gehalten."
Versicherungstechnisch stelle sich der Sachverhalt wie folgt dar: Die Brandschutzversicherung des Einzelnen reguliert den jeweiligen Schaden. "Es kommt freilich immer darauf an, wer in seiner Police was genau abgesichert haben möchte. Wenn in einem Wohnviertel ein Haus Feuer fängt und der Brand auf ein anderes übergreift, dann kommt nicht die Versicherung des Nachbarn für den Schaden am Nebengebäude auf, sondern die eigene", erläutert Lore Bauer. Vorausgesetzt natürlich, das Feuer entstand nachweislich nicht fahrlässig oder wurde gar absichtlich gelegt.
Für Brandstiftung beim Paul-Gerhardt-Kindergarten gebe es aber keine Beweise, sagt Lore Bauer. Sie bedauere die Situation für die betroffenen Anwohner. "Es ist eine unglückliche Konstellation. Wir selber versuchen wirklich unser Möglichstes."
Der Brand, die Folgen und ein (neuer) Kompromiss
Ermittlungen Jürgen Stadter, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken, bestätigte gestern auf BR-Nachfrage, dass die Ermittlungen zur Brandursache andauerten und "in mehrere Richtungen laufen". Brandstiftung könne dabei nicht ausgeschlossen werden. Ausgebrochen war das Feuer in einem Papiercontainer auf dem Kindergarten-Gelände. Es sei möglich, so Stadter, dass der Behälter bewusst näher an das Kindergartengebäude herangerückt wurde. Die Flammen hatten auf das Gebäude übergegriffen.
Großalarm Ein Mann hatte in der Nacht zum 31. Juli gegen 1.45 Uhr Alarm geschlagen, als er die Flammen sah. Die Feuerwehr rückte binnen weniger Minuten mit einem Großaufgebot in der Friedrich-Schönauer-Straße an und begann sofort mit der Brandbekämpfung. Laut Stadtbrandinspektor Heinrich Poperl mussten die 140 Kräfte stundenlang der Feuerwand trotzen, gegen 4 Uhr war der Brand unter Kontrolle. Zum Glück wurde niemand verletzt. THW, BRK und Malteser Hilfsdienst waren ebenfalls im Einsatz.
Betreuung Für die 105 Kindergartenkinder musste quasi über Nacht eine neue Unterkunft gefunden werden. Sie wurden aufgeteilt auf drei Standorte, kamen in der Waaggasse, Ziegelhütten und im Gemeindezentrum Kreuzkirche unter. Elke Wuthe, Fachbereichsleiterin der "Die Kita", betont, die Kinder würden "unter nicht ganz einfachen Umständen bestmöglich betreut". Derzeit werde eine andere Kompromisslösung gesucht, bis der Neubau des Paul-Gerhardt-Kindergartens steht (voraussichtlich 2017). Man sei in Gesprächen mit verschiedenen Stellen und der Stadt.