Bonpflicht: Belege landen beim Bäcker im Müll
Autor: Alexander Hartmann
Kulmbach, Freitag, 03. Januar 2020
Das neue Kassengesetz ist in Kraft. Auch der Kulmbacher"Grünwehrbeck" Sebastian Groß muss jetzt bei jedem Verkauf einen Kundenbeleg ausgeben. Ein Unding, schimpft der 32-Jährige.
Seit Jahresanfang gilt das neue Kassengesetz und mit ihm die Kassenbon-Pflicht. Sprich: Jeder Ladenbesitzer, egal ob Florist oder Metzger, muss neuerdings einen Beleg aushändigen, auch wenn der Kunde etwa beim Bäcker nur zwei Brötchen für 76 Cent gekauft hat. Diese Belege landen aber oft im Müll, denn: Viele Kunden wollen sie bei kleineren Beträgen nicht. "Wenn ich ein Brot kaufe, brauche ich keinen Bon. Ich finde das schon allein aus Umweltgründen ein Unding", sagt der Kulmbacher Udo Stübinger, der gestern Mittag beim "Grünwehrbeck" in Weiher eingekauft hat.
Bäume für die Bürokratie
Dass die aus Thermopapier hergestellten Zettel einen riesigen Müllberg verursachen, davon ist "Grünwehrbeck" Sebastian Groß überzeugt. Hunderte Bäume müssten für den "Bürokratie-Wahn" gefällt werden, sagt er und zeigt uns einen Eimer, der prall gefüllt ist mit den Belegscheinen. "Die nimmt keiner mit, auch wenn wir die Kunden darauf hinweisen."
Das sagt das Gesetz
"Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen" heißt das neue Kassengesetz genau. Nach diesem müssen elektronische Aufzeichnungssysteme, so nennt man heute moderne Kassen, ab dem 1. Januar über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. So sollen Manipulationen an digitalen Daten verhindert werden.
Wie das Bundesfinanzministerium auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt, kann dann jeder Beleg, der der Finanzbehörde durch Testkäufe oder Überprüfung von Händlern zur Verfügung steht, "zum Abgleich mit den Kassen-Daten im Falle einer Kassen-Nachschau oder einer Außenprüfung verwendet werden". "Die Belegausgabe dient der Transparenzstärkung und einer effizienten Überprüfung durch die Finanzverwaltung", heißt es in der Fachsprache. An der Kasse vorbei getätigte Umsätze sollten somit sofort erkennbar sein, da in diesen Fällen kein Beleg ausgegeben würde. "Mit dieser Transparenz wird der Steuerhinterziehung entgegengewirkt", so die Pressestelle weiter.
Gegen das Handwerk
Digitale Grundaufzeichnungen, zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung? Sebastian Groß platzt die Hutschnur, wenn er davon hört. "Die machen mit solchen Gesetzen das kleine Handwerk doch nur kaputt", klagt der Bäcker, der betont, dass er schon seit vielen Jahren über eine elektronische Registrierkasse verfügt, "auf der jeder Verkauf gespeichert wird". "Wir sind doch schon gläsern genug", sagt Groß, der nicht verstehen kann, das seine Kassen nach einer Übergangszeit bis September noch einmal nachgerüstet werden müssen.
Offene Ladenkasse in Kasendorf
Keine Nachrüstung seiner alten Kasse muss dagegen Bäckermeister Reinhard Müller aus Kasendorf vornehmen. Er hat in seinem Laden nämlich noch nie eine elektronische Registrierkasse genutzt. Müller führt eine "offene Ladenkasse", die ohne viel Technik keine Verkaufsvorgänge speichern oder moderne Kassenbons drucken kann.