Blackout: Damit es nicht dunkel über Kulmbach wird
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Mittwoch, 19. Januar 2022
Wie wahrscheinlich ist ein Blackout? Die Gefahr ist real, sagen Stromexperten. Jürgen Öhrlein setzt für dieses Szenario auf ausgeklügelte Eigenvorsorge.
Alle reden von Strompreisen - und viel zu wenige von der Versorgungssicherheit. Dabei ist ein "Blackout", also das regional begrenzte oder auch flächendeckende Erliegen der Stromverteilung, nach den Worten von Jürgen Öhrlein ein sträflich unterschätztes Problem. Der Rothwinder Architekt, Bausachverständige und grüne Visionär in Sachen erneuerbare Energien macht dafür die "Schlafmützenpolitik" der Großen Koalition in den vergangenen Jahren auf Bundesebene verantwortlich, die wichtige Weichenstellungen in Richtung einer dezentralen - und damit deutlich weniger anfälligen - Versorgung versäumt hätten. Er selbst hat den Weg der Insel-Lösung zu Hause bereits beschritten. Wir haben ihn besucht und seine Alternative begutachtet.
Herr Öhrlein, was hat Sie auf das Thema "Blackout" geführt?
Das beschäftigt mich schon seit einigen Jahren, und es sind viele Entwicklungen, die uns in dieser Frage alle beunruhigen müssten. Im ZDF lief dazu jüngst ein sehenswerter und zugleich erschreckender Beitrag in der Sendung "Frontal", der schonungslos vor Augen führt, wo es hakt und dass eine vermeintlich sichere und unantastbare Versorgung eigentlich nur vorgegaukelt wird. Keiner will unnötig Panik verbreiten, aber die Gefahren nehmen zu, etwa durch Extremwetterlagen aufgrund des Klimawandels, mit denen immer öfter zu rechnen ist.
Als Berater auch auf diesem Gebiet: Sehen Sie unsere Region auf mögliche Stromausfälle genügend vorbereitet?
In keiner Weise. Zum Beispiel können bei einem flächendeckenden Stromausfall etwa über zwölf Stunden Tankstellen an Privatpersonen nicht mehr liefern. Wenn ich keinen Sprit mehr zapfen kann, kann ich auch kein Auto fahren und bin schlagartig weitgehend immobil. Meines Wissens sind wenige Großtankstellen mit Notstrom ausgerüstet. Internet und Telefon fallen sofort aus, weil die Router Strom brauchen, Handys funktionieren nur einige Tage. Auch die Heizung fällt aus, alle Pumpen stehen still und bei Frost frieren die wasserführenden Leitungen ein. Ein anderes Feld ist die Lebensmittelversorgung, wo viele Waren gekühlt gelagert werden müssen, oder Trinkwasser/Abwasser, welches gepumpt werden muss, oder lahmgelegte Geldautomaten. Und und und...
Wo lauern die größten Bedrohungen?
Zunächst gilt festzuhalten: Große zentralistische Systeme sind immer anfälliger für Gefahren - das gilt für Strom, aber auch für die Wasserversorgung. Bei solchen großen Einheiten genügt ein Angriff von außen etwa durch einen Hacker, um schnell immensen Schaden anzurichten. Wir wissen, dass solche Attacken zum Teil politisch motiviert sind von Kräften, die uns nicht immer wohlgesonnen sind. Zudem erlebten wir in den vergangenen Jahren auch, was die Veränderungen des Klimas mit den daraus resultierenden Wetterfolgen für eine Wirkung entfalten können. Es genügt ein starker Wintereinbruch mit Eisregen wie 2005 im Münsterland, um Masten umknicken und Leitungen reißen zu lassen. Damals wurde auch bekannt, dass der Unterhalt der wichtigen Infrastruktur grob vernachlässigt wurde und die Statik der Strommasten deshalb versagte. Ein anderes Beispiel ist das Hochwasser im Ahrtal, wo der Wiederaufbau der Stromversorgung Wochen dauerte.