Bilder zeigen Grenzerfahrungen auf beiden Seiten des eisernen Vorhangs
Autor: Sonny Adam
Kulmbach, Freitag, 20. Juni 2014
Neun Künstler aus Bayern, Sachsen und Tschechien zeigen unter dem Thema "Grenzerfahrung" im fritz Kunstwerke verschiedenster Couleur - und alle haben ihre ganz eigenen Gedanken zum Mauerfall.
Kulmbach — Mütter, die mit ihrem Kinderwagen und nur einer Tüte der nötigsten Habseligkeiten die Grenze passieren, kilometerlange Staus auf allen Autobahnen von Ost nach West. Schlangenweise Trabbis, Ladas und Wartburgs, die Richtung Westen ziehen. Solche Bilder hat Petr Dejmek bis heute im Kopf. Dabei war es beim Fall der Mauer für den Tschechen nicht einfach, überhaupt bis zur Grenze zu kommen. Doch Petr Dejmek setzte alles daran, diese Bilder für immer auf Fotomaterial zu bannen - und zeigt sie jetzt bei der Ausstellung Grenzerfahrung im Einkaufszentrum fritz. Neun Künstler aus Bayern, Sachsen und Tschechien haben ganz unterschiedliche Erlebnisse des Mauerfalls. Die Künstlerin ines j.plauen beispielsweise war beim Fall der Mauer schwanger und verarbeitet dieses Erlebnis und das neue Freiheitsgefühl künstlerisch.
Der Amerikaner Robert Thern aus Presseck war grenzverbindender Offizier in Hof.
Ein sehr schillernder Künstler ist auch Bernhard Stoschek aus Leipzig. Stoschek war bis vor drei Jahren Manager bei BMW, Infineon und anderen großen Unternehmen. Jetzt, mit 61 Jahren, ist er selbstständiger Künstler. Er hat mit 15 weiteren Künstlern in Leipzig ein Atelier, veranstaltet regelmäßig Ausstellungen. Zur Ausstellung "Grenzerfahrung" steuert er Rost-Bilder bei. Abstrakt, aber mit besonderem Reiz. Und bei Bernhard Stoschek soll die Ausstellung auch bald zu sehen sein. In Eger wurde sie schon gezeigt, jetzt soll sie nach Kulmbach auch in den vormals anderen Teil Deutschlands wandern.
Die Künstler Petr Dejmek, Brigitte Hadlich, Klaus Hopf, Barora Karpiskova, ines j.plauen, Bernhard Stoschek, Edina Thern, Robert Thern und Jindrich Turek zeigen bei "Grenzerfahrung" ihre ganz eigenen Erlebnisse und Eindrücke, interpretieren die Grenzerfahrungen - abstrakt oder gegenständlich, eng oder etwas weiter vom Thema weg. Und obwohl die Städte Eger, Hof und Plauen geographisch so nah beieinander lagen, unterscheiden sich die Grenzerfahrungen doch merklich.
Für die Flüchtlinge der Prager Botschaft war Hof die erste Station der Freiheit. In Plauen fand am 7. Oktober die bis dahin größte Demonstration der Opposition in der DDR statt. Und nachdem die Regierung der CSSR am 3. November die direkte Ausreise von DDR-Bürgern in die Bundesrepublik erlaubt hatte, fuhren die Züge mit den Flüchtlingen über Eger. Die Flüchtlinge warfen Geldscheine aus den Fenstern, erinnern sich die Tschechen noch heute.
Durch das Kunstprojekt sollen die unterschiedlichen Sichtweisen von Tschechen, Bayern und Sachsen konserviert und wieder in Erinnerung gebracht werden. Das ist die Intention der Akademie für neue Medien und der Galerie 4 in Cheb, die bei dem Projekt gemeinsame Sache machten. Und als i-Tüpfelchen der Ausstellung ist ein Film entstanden, aufgenommen von Teams, die sich immer aus einem Tschechen, einem Bayern und einem Sachsen zusammensetzten.
Begleitet wurde das Projekt von Hans Werner Fischer und Katrin Fischer-Sandhop, dankte Thomas Nagel von der Akademie für neue Medien. Gefördert wurde das Kunstprojekt übrigens mit EU-Fördermitteln.
Bei der Vernissage stand der Film im Mittelpunkt, zeigten sich die stellvertretende Landrätin Christina Flauder und Wolfram Brehm, der die Stadt Kulmbach vertrat, beeindruckt.