Bierfest-Partys, Ersatz-Kerwas: Das ist erlaubt - und das nicht
Autor: Jürgen Gärtner
Kulmbach, Freitag, 07. August 2020
Private Bierfeste, Party in der Oberen Stadt, Gaststättenbesuche: Wir zeigen auf, was erlaubt ist und was nicht.
Wie haben sich die Corona-Zahlen in Stadt und Landkreis Kulmbach entwickelt? Wie ist die Lage in der Oberen Stadt, die als Party-Meile in die Schlagzeilen geraten war? Waren die Quarantäne-Maßnahmen in der Sparkasse Kulmbach-Kronach nach dem positiven Test eines Mitarbeiters (und eines zweiten, negativen Tests) gerechtfertigt? Warum sind die vielen privaten Ersatz-Bierfeste und -Kerwas den Behörden ein Dorn im Auge? Was ist mit dem Schulbetrieb? In einer Pressekonferenz gaben am Freitagmittag Vertreter von Landratsamt, Polizei, Gesundheitsamt und der Koordinierungsgruppe Corona Auskunft. Die aktuelle Lage Bislang wurden im Landkreis Kulmbach 249 Corona-Infektionen nachgewiesen. Von diesen Fällen gelten 237 als genesen. Elf Menschen sind verstorben. Aktuell ist im Landkreis nur eine Person infiziert. Der Sieben-Tage-Inzidenz-Wert beträgt 1,39. Die Bedenken Die Behörden haben die Befürchtung, dass "hier und da der Leichtsinn regiert, obwohl wir besonders wachsam sein müssen, um das Erreichte nicht zu gefährden", erklärte Oliver Hempfling, der Abteilungsleiter für öffentliche Sicherheit am Landratsamt. Er verstehe zwar das Bedürfnis der Leute nach Normalität, aber man lebe in Zeiten, die alles andere als normal seien. "Fakt ist: Wir befinden uns immer noch inmitten einer Pandemie." Der Schulbeginn Eine normale Beschulung und einen geregelten Kitabetrieb wird es nur geben, wenn es gelingt, die Infektionszahlen niedrig zu halten, betonte Hempfling. Wenn das nicht klappe, müsse man wieder mit einschränkenden Maßnahmen inklusive lokalen Lockdowns rechnen. Deshalb laute sein Appell - nicht nur an alle Eltern -, alles dafür zu tun, die Verbreitung des Virus einzuschränken. Dabei sollte sich jeder vor Augen halten, dass man nicht immer alles, was man machen darf, auch machen muss. "Legal ist nicht legitim", so Hempfling.
Private Feiern Die vielen privaten Feiern der vergangenen Wochen sind auch dem Landratsamt nicht entgangen. Hier stellt Hempfling eindeutig klar: "Es ist ein Irrtum, zu denken, dass alles erlaubt ist, was in Privatwohnungen abläuft." Das landesweite Veranstaltungsverbot gelte auch für Privatgrundstücke. So seien Feiern untersagt, die den Charakter eines privaten Treffens nicht mehr gewährleisten. Ein Beispiel: der klassischen Polterabend, zu dem früher einfach jeder hin konnte. Das ist nicht mehr erlaubt. Das gelte analog für das private Bierfest oder "Ersatz-Kerwas".
Laut Hempfling sind es bundesweit oft Privatfeiern, von denen ein Infektionsgeschehen ausgeht. Wer sich unsicher ist, was man machen darf und was nicht, der kann sich jederzeit an das Landratsamt wenden und Auskunft einholen unter der E-Mail: ausgangsbeschraenkungen@ land kreis-kulmbach.de. "Wir wollen nicht Verhinderer, sondern Berater sein, wie man so was vernünftig durchführt." Die Zehn-Personen-Regelung Nach dieser Regelung müssen Personen, die zu einer zehnköpfigen Gruppe gehören, den Mindestabstand von 1,5 Metern untereinander nicht einhalten. Wichtig: Zwischen den zehn Personen muss eine Verbindung existieren (Vereinsmitglieder, Kollegen, Freunde, Verwandte...).
Treffen aber zehn Personen aufeinander, die normalerweise keinen Kontakt miteinander haben, gilt diese Gruppen-Regelung nicht. Ein Beispiel: In einer Gastwirtschaft ist ein Tisch für zehn Personen aufgestellt. Sitzen dort sechs Stammtisch-Mitglieder, dürfen sich nicht vier weitere Gaststättenbesucher einfach dazusetzen oder vom Wirt dort platziert werden, wenn sie nicht zu dem Stammtisch gehören - auch wenn die Zahl von zehn Personen nicht überschritten wird.
Das Landratsamt habe Verständnis für Wirte und Kulturschaffende, die die Ausfälle der vergangenen Monate aufzuholen versuchen, allerdings dürfe das nicht zu Lasten des Infektionsschutzes gehen, betonte Hempfling weiter. Die Obere Stadt In den vergangenen Wochen hatte die Obere Stadt für Schlagzeilen gesorgt, als am "Altstadtfest-Wochenende" zahlreiche junge Leute dort feierten. Landratsamt, Stadt und Wirte hatten daraufhin nach Wegen gesucht, wie man die Lage in den Griff bekommen kann. Unter anderem gibt es ab 20 Uhr kein Bier zum Mitnehmen mehr. Gäste dürfen ihre Getränke nur noch an einem festen Sitzplatz konsumieren. Hinzu habe die Polizei hohe Präsenz und Umsicht gezeigt, erklärte Hempfling. Auch die Wirte hätten ihren Teil dazu beigetragen, dass sich die Lage beruhigt.
Hempfling verwies auf die Satzung der Stadt, wonach es in bestimmten Bereichen untersagt ist, sich auf öffentlichen Flächen niederzulassen und Alkohol zu konsumieren (siehe Grafik)
Wie die stellvertretende Leiterin der Polizeiinspektion Kulmbach, Kathrin Weißerth, bestätigte, sind die Besucherzahlen in der Oberen Stadt deutlich zurückgegangen. Weiterhin gelte aber der Appell: Abstand halten. "Wir werden weiter Präsenz zeigen und das Geschehen überwachen", versicherte sie. Die Sparkasse Kulmbach-Kronach Nachdem bei einem Mitarbeiter ein Corona-Test positiv ausgefallen war, wurden mehrere Kontaktpersonen der Kategorie 1 in Quarantäne geschickt (die am Freitag endete). "Auch wenn der zweite Test des Mitarbeiters negativ war, ändert das nichts." Das Gesundheitsamt habe richtig reagiert, so Hempfling. "Alles, was staatlicherseits passiert ist, war alternativlos." Die Schließung mehrerer Geschäftsstellen und der Test weiterer Mitarbeiter sei eine "vorsichtige und umsichtige" Entscheidung des Sparkassen-Vorstands gewesen. Saisonarbeitskräfte In Betrieben (nicht nur in der Landwirtschaft), die Saisonarbeitskräfte beschäftigen, finden künftig unangekündigte Kontrollen statt. Ein erster Besuch habe keine Beanstandungen ergeben. Weitere Kontrollen sind vorgesehen. Deshalb werde an die Unternehmen appelliert, Schutz- und Hygienekonzepte zu erstellen und umzusetzen.