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Beziehungskrise hinterm Tresen


Autor: Katrin Geyer

Kulmbach, Montag, 28. Oktober 2013

Die junge Frau mit der lustigen Borstenfrisur macht ein trauriges Gesicht: Ganz offensichtlich hat sie Stress mit ihrem Freund. Das berichtet sie ihrer Kollegin in aller Ausführlichkeit. Die hört mit großer Anteilnahme zu, hat auch den einen oder anderen guten Rat parat. Schön ist das!
Foto: Archiv


Die junge Frau mit der lustigen Borstenfrisur macht ein trauriges Gesicht: Ganz offensichtlich hat sie Stress mit ihrem Freund. Das berichtet sie ihrer Kollegin in aller Ausführlichkeit. Die hört mit großer Anteilnahme zu, hat auch den einen oder anderen guten Rat parat. Schön ist das!

Weniger schön ist, dass die beiden ihr Gespräch in der Tankstelle führen. Hinterm Tresen. Vorm Tresen stehe ich. Etwas nervös, denn ich bin gehörig unter Zeitdruck. Dass ich meinen Schlüsselbund energischer als üblicher auf den Tresen lege, kommt als Signal nicht wirklich bei den beiden an. Auch ein heftiges Räuspern stört ihr Gespräch nicht.

Erst als ich, lauter als nötig, sage "Ich war an der 3..." wendet sich die Borstenhaarige mir zu. Schweigend tippt sie auf ihrer Kasse herum, schweigend reicht sie mir den Beleg.

Und ich bin noch nicht ganz zur Tür hinaus, teilt sie ihrer Kollegin sogleich weitere schockierende Details ihrer offenbar verfahrenen Beziehung mit.

An einer Fleischtheke bekam ich neulich nicht nur luftgetrockneten Schinken, sondern auch umfangreiche Informationen über den geplanten Eigenheimbau der Verkäuferin, die das Kunststück fertigbrachte, sich mit mir und ihrer Kollegin gleichzeitig zu unterhalten. Multitasking heißt das wohl. In einem Zeitschriftenladen schaffte es die Angestellte, gleichzeitig zu telefonieren und einen Kunden zu bedienen. In einem Discounter erlebte ich Kassiererinnen, die nicht nur kassierten, sondern gleichzeitig mit der Kollegin, die etliche Meter weiter das Putzmittel-Regal auffüllte, den neuen Dienstplan erörterten.

Liebe Verkäuferinnen! So etwas geht gar nicht. Bitte nehmt uns Kunden in Zukunft ein wenig ernster und schenkt uns eure ungeteilte Aufmerksamkeit. Ich werde dafür auch künftig eine bessere Kundin werden. Und beim Bezahlen nicht mehr mit einer Bekannten, die an der Kasse nebenan steht, meine Urlaubspläne erörtern. Versprochen!