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Bewährung in der vierten Instanz


Autor: Stephan-Herbert Fuchs

Bayreuth, Mittwoch, 08. April 2015

Nach einem juristischen Marathon kam ein 22-Jähriger aus dem Landkreis um eine Haftstrafe herum. Er hatte einem anderen eine Bierflasche ins Gesicht geschleudert.
Justizia hat entschieden: Ein 22-Jähriger auser dem Landkreis muss nicht ins Gefängnis. Foto: Arne Dedert, dpa


Seit fast zwei Jahren dauert das juristische Nachspiel eines verhängnisvollen Flaschenwurfs beim Johannisfeuer am Goldbergsee schon an. Jetzt hat das Verfahren in vierter Instanz vor dem Landgericht ein Ende gefunden. Nachdem er zwei Mal zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung verurteilt wurde, kam der angeklagte 22-jährige Mann jetzt mit einer Bewährungsstrafe davon.

Positive Sozialprognose

Ein Jahr, acht Monate, so lautete das Urteil bereits in der Berufungsverhandlung im Oktober des vergangenen Jahres, nur eben damals noch ohne Bewährung. Zuvor war der arbeitssuchende Angeklagte bereits vor dem Amtsgericht in Kulmbach zu zwei Jahren und einem Monat verurteilt worden. Mit Erfolg zogen der junge Mann und sein Verteidiger Frank Stübinger aus Kulmbach vor das Bamberger Oberlandesgericht.

Die dortigen Richter hoben das Urteil tatsächlich auf verwiesen das Verfahren und an eine andere Kammer des Bayreuther Landgerichts zurück.

Grund dafür war, dass die Frage der Bewährung neu überdacht werden sollte, da der Angeklagte zumindest in zweiter Instanz ein Geständnis abgelegt und Wiedergutmachungsleistungen angeboten hatte. Außerdem gaben ihm die Richter eine positive Sozialprognose mit auf den Weg - und der Angeklagte war zumindest nicht einschlägig vorbestraft.

Nach diesen Vorgaben werde es diesmal wohl zu einer Bewährungsstrafe kommen müssen, ließ der Vorsitzende Richter Michael Eckstein gleich zu Beginn der Verhandlung gestern durchblicken.

Beim Johannisfeuer im Bereich des Goldbergsees war der junge Mann am 23. Juni 2013 Freunden zu Hilfe gekommen, die mit Campern in Streit geraten waren. Der Angeklagte, eigenen Angaben zufolge stark alkoholisiert, fackelte nicht lange, beleidigte die Camper zunächst heftig, dann teilte er Faustschläge aus, schnappte sich schließlich eine Bierflasche und schleuderte sie aus zwei bis drei Metern in das Gesicht eines der Camper.

"Einen Klotz ans Bein gebunden"

Der Mann erlitt eine Verschiebung des Kieferknochenbettes, eine klaffende Platzwunde zwischen Lippe und Nase, er verlor zwei Schneidezähne, zwei weitere Zähne waren angebrochen. Der Betroffene ist praktisch bis heute durchgehend in zahnärztlicher Behandlung, er war lange krankgeschrieben, durfte keinen Sport machen, seinen ursprünglichen Berufswunsch Jet-Pilot musste er aufgeben. "Die Behandlungskosten liegen wohl eher bei 100 000 als bei 10 000 Euro", sagte Richter Eckstein. Und weiter: "Da haben sie sich aber einen Klotz ans Bein gebunden."

Doch damit nicht genug: keine zwei Wochen zuvor war der Angeklagte im Bereich der Kulmbacher Busbahnhofes schon einmal auffällig geworden. Ebenfalls in alkoholisiertem Zustand hatte er sich dort an ein junges Mädchen herangemacht. Als deren Freund dazwischen ging, kickte der Angeklagte ihm seinen Fuß in den Bauch, schlug ihn mit der Faust ins Gesicht, beschimpfte ihn mit ausländerfeindlichen Parolen und zeigte den Hitlergruß.

Nachdem der Angeklagte aber seitdem keine neuen Straftaten begangen hatte und seiner eigenen Einlassung zufolge keinen Alkohol mehr trinkt, blieb dem Gericht kaum mehr etwas anderes übrig, als eine Bewährungsstrafe auszusprechen. "Mein Mandant ist von dem Vorfall am Goldbergsee mehr als geläutert", sagte Verteidiger Stübinger. Er gab auch zu bedenken, dass dem Angeklagten bereits ein Arbeitsverhältnis wegen des Strafverfahrens gekündigt wurde. Zwei weitere Ausbildungsverhältnisse waren bereits zuvor gescheitert. Trotz der gravierenden Verletzungsfolgen plädierte auch Staatsanwalt Ludwig Peer auf eine Bewährungsstrafe.

Die Auflagen

Zusätzlich dazu muss der Angeklagte nun 180 Stunden gemeinnützige und unentgeltliche Arbeit leisten, er bekommt drei Jahre lang einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt und muss jeden Wohnsitzwechsel melden. Die Prozesskosten muss er allerdings nur teilweise tragen, einen Teil übernimmt die Staatskasse.