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Betrug und ein versuchter Mord?


Autor: Stephan-Herbert Fuchs

Bayreuth, Montag, 11. Februar 2013

Noch ehe der Angeklagte sich zu den Vorwürfen äußern konnte, geriet der Prozess ins Stocken. Weil die Ehefrau eines Schöffen zu den Opfern eines mutmaßlichen Millionenbetrügers gehören soll, hat die Erste Große Strafkammer des Landgerichts einen groß angelegten Prozess vorerst platzen lassen.
Ein mutmaßlicher Millionenbetrüger (rechts) muss sich seit Montag vor dem Landgericht in Bayreuth verantworten. Das Bild zeigt den 54-jährigen Bayreuther, der auch versucht haben soll, einen Polizisten zu töten, mit einem seiner Verteidiger, Rechtsanwalt Alexander Schmidtgall aus Kulmbach. Foto: Stephan Herbert Fuchs


Der 54-jährige Bayreuther Unternehmer, der unter anderem auch als Pächter einer renommierten Gaststätte in Erscheinung getreten war, und dessen Unternehmensgruppe immer wieder spektakuläre Schlagzeilen machte, soll sich der Anklage zufolge vor allem mit fingierten Solaranlagen-Geschäften bereichert haben. Und zwar gleich um über 1,2 Millionen Euro. Dabei spiegelte der Angeklagte die Errichtung und den Betrieb großer Photovoltaikanlagen in Oberfranken und in Tschechien vor und verkaufte mit dem Versprechen riesiger Renditen entsprechende Beteiligungen. Tatsächlich besaß er kein einziges Grundstück, auf dem er eine derartige Anlage hätte errichten können.

Ein Vorhaben im Landkreis Bayreuth wurde vom Grundstückeigentümer abgelehnt. Das hinderte den Angeklagten nicht daran, trotzdem damit zu werben und zehn potenziellen Investoren insgesamt 1,2 Millionen Euro aus der Tasche zu ziehen.

Daneben muss sich der Mann wegen Scheckbetrugs in drei Fällen mit einem Gesamtschaden von über 60.000 Euro, wegen Diamantenhandels mit einem Vermögensschaden von fast 80.000 Euro, wegen Rapsöl-Betrugs mit einem Schaden von fast 65 000 Euro, wegen Kreditbetrugs, Urkundenfälschung und anderer Dinge verantworten.

In Salzburg festgenommen

Am schwersten wiegt allerdings der Vorwurf des versuchten Mordes. Nach der Zahlungsunfähigkeit seiner gesamten Firmengruppe, zu der unter anderem eine Gastronomie-, eine Elektro-, eine Vermietungs-, eine Solar- und eine Lebensenergie(?)-GmbH gehörten, tauchte der Mann zunächst unter. Im Sommer des vergangenen Jahres wurde er dann in Salzburg von österreichischen Fahndern festgenommen. Aus der Krankenstation einer Salzburger Haftanstalt war ihm danach eine spektakuläre Flucht gelungen.

So kam er am 4. Juni 2012 nach Fürth, wo er von Zivilfahnder erkannt und verfolgt wurde. Mit seinem VW-Golf und zwei Zivilfahrzeugen der Polizei lieferte sich der Angeklagte eine spektakuläre Verfolgungsjagd quer durch die Fürther Innenstadt, bis er eines der Zivilfahrzeuge rammte. Zwei Polizisten wurde dabei auf die Fahrbahn geschleudert. Auf sie soll der Angeklagte mit hoher Geschwindigkeit gezielt zugefahren sein. Einer der Männer konnte sich durch einen beherzten Hechtsprung, der andere durch blitzschnelles Wegrollen retten.

"Der Angeklagte hat den Tod der beiden Männer billigend in Kauf genommen, um seiner Festnahme und einer hohen Haftstrafe zu entgehen", so Staatsanwältin Sibylle Zwanzger, die über eine Stunde brauchte um die umfangreiche Anklageschrift mit allen einzelnen Vorwürfen zu verlesen.

Schöffe als befangen erklärt

Kaum war die Anklage verlesen, war es auch schon wieder vorbei mit der Verhandlung. Vorsitzender Richter Michael Eckstein gab bekannt, dass einer der beiden Schöffen mit der Inhaberin eines Hotels in Bayreuth verheiratet sei, die ebenfalls Anzeige gegen den Angeklagten wegen Betrugs erstattet hatte. Der Angeklagte hatte in dem Hotel übernachtet und gespeist, ohne die Rechnungen zu begleichen. Das Verfahren sei im Hinblick auf die millionenschweren Betrugsvorwürfe zwar bereits eingestellt worden, und der Schöffe erklärte vor Gericht mit dem Brustton der Überzeugung, dass er sich nicht befangen fühle, doch die beiden Verteidiger des Angeklagten lehnten ihn dennoch wegen Befangenheit ab.

Unter Ausschluss des Betroffenen fasste die Kammer daraufhin den Beschluss, den Schöffen abzulehnen und die Verhandlung so lange auszusetzen, bis ein Ersatz gefunden ist. Erst dann kann die Verhandlung, wieder mit der stundenlangen Verlesung der Anklage, neu begonnen werden.

Die Frau des Schöffens habe den Angeklagten wegen Betrugs angezeigt; diese Tat sei auch Gegenstand des Ermittlungsergebnisses, und der Mann müsse sich wegen zahlreicher anderer Betrugsvorwürfe verantworten. Dies alles begründe den Vorwurf der Befangenheit, sagte Richter Eckstein. Ursprünglich waren für den Prozess zehn Verhandlungstage bis Mitte April angesetzt.