Druckartikel: Bei Willy Astor kommt Humor "direkt vom Erzeuger"

Bei Willy Astor kommt Humor "direkt vom Erzeuger"


Autor: Jochen Nützel

Kulmbach, Mittwoch, 10. Juli 2013

Er verrückt Vokabelberge wie andere Leute Stühle. Und was dabei an Geistvollem der Astor'schen Willyams-Birne entfleucht, findet seit über 25 Jahren eine große Fangemeinde. Willy Astor im Interview.
Willy Astor tritt am 18. Juli auf der Plassenburg auf.  Foto: privat


Einen Ghostwriter? Braucht Willy Astor nicht, sagt er. Bei ihm kommt der Humor "direkt vom Erzeuger". Wer sich überzeugen möchte, der hat am Donnerstag, 18. Juli, ab 20 Uhr beim Plassenburg-Open-Air Gelegenheit. Dann gastiert der Münchner mit seinem aktuellen Programm "Nachlachende Frohstoffe". Im BR-Interview sprach er über Witz als Handwerk, die Liebe zur Musik und den bisweilen anstrengenden Zwang zum Silbendrechseln.

Sie tauchten nach dem Schatz im Silbensee und holten das verschollene Reimgold an die Oberfläche. Jetzt sind Sie überirdisch auf der Spur nachlachender Frohstoffe. Sind Sie fündig geworden?
Willy Astor: Der Frohstoff-kreislauf ist quasi geschlossen. Es ist mir, glaube ich, ganz gut gelungen, die Leute mögen die neuen Stücke. Damit kann ich beruhigt auf Tour gehen. Solange die Zuhörer sich weglegen, ist alles bestens.

Ich verhehle aber nicht, dass es immer Momente bei der Produktion eines neues Programms gibt, in denen man manchmal schon verzweifelt. Auch ich kenne Schreibblockaden. Dann lege ich den Stift beiseite und konzentriere mich auf etwas anderes. Man kann halt nicht erwarten, jeden Tag einen Welthit rauszuhauen.

Eine Ablenkung ist Gerd. Sind Sie auf den Hund gekommen?
Schon länger, ja. Unser Familienhund Gerd ist beliebt bei allen, und deswegen kam er bei der jüngsten CD aufs Cover. Er ist auch im Programm vertreten, ich habe extra eine Hundenummer geschrieben, aber schon langsam wieder auslaufen lassen bei Auftritten. Es sind mittlerweile einige neue Titel dazugekommen. So ein Programm ist wie ein lebender Organismus, mein Tourleben immer von Neuentwicklungen geprägt. Das ist vergleichbar mit dem Häuten bei einer Schlange. Und die Leute honorieren, dass ich nicht drei Jahre lang komplett erstarre und nur stur mein Programm runterspule. Aber zurück zu Gerd: Den Hund gibt schon noch in Echt. Mein kleiner Sohn ist jetzt eineinhalb, dem tut es gut, mit einem Hund aufzuwachsen. Es beeinflusst die positive Entwicklung erheblich.

Bleiben wir im Tierreich. Sie nennen sich selber das letzte "Klabauterbeuteltier" und sind schon unter den Schutz des WWF gestellt worden. Gehören Sie zu einer aussterbenden Spezies?
Ich glaube schon. Zumindest gehöre ich zu der aussterbenden Spezies der Komödianten, die ihren Beruf noch als Handwerk verstehen. Es ist für mich eben nicht selbstverständlich, ein paar witzige Jokes zu schreiben - und dann geht man damit mal gleich ins Fernsehen. Es gibt schon noch ein bestimmtes Berufsethos in einem Kollegenkreis, zu dem ich mich auch zähle, die wir unsere Kunst als etwas sehen, was wir ernsthaft und kontinuierlich betreiben. Viele Nachwuchsleute habe in meinen Augen ein falsches Bild von dem, was sie hier vermeintlich als Beruf ausüben.

Zwanghaft Vokabelberge verschieben: Zieht bald die "Morbus Astor" als anerkannte Neurose in den Pschyrembel, das klinische Wörterbuch, ein? Wie kommen Sie selber klar damit, wenn sich im Kopf ständig Silben überschlagen?
Manchmal schwer, wenn ich davon verfolgt werde Tag und Nacht. Manchmal ist die Silbendrechslerei auch nicht unbedingt erwünscht von mir. Aber andererseits werde ich dafür ja reich belohnt, wenn meine Kreativität zuschlägt und die Menschen Gefallen daran finden. Da fliegt man dann durchs Leben, das entschädigt für manche Hirnpein davor. Manchmal aber, gebe ich zu, lässt sich das schwer abschalten - und noch schwerer vom Privatleben trennen.

Sie bevorzugen als Einstufung für sich den Begriff des Humoristen.
Humorist ist, denke ich, treffend für meine Art von Unterhaltung. Ich finde auch das deutsche Wort Komödiant wunderbar, genauso passt auf mich die Einordnung als Entertainer. Das mag verstaubt klingen, aber ich mache ja nicht nur Wortnummern, sondern spiele auch Musik. Ich tanze zwar nicht dazu wie Rudi Carrell oder Peter Alexander, aber es sind doch ein paar Schubladen mehr, die ich aufmache. Sie können mich auch Alleinunterhalter nennen. Ich spiele zwar nicht auf Hochzeiten, aber ich bin ja selber ein Stand-alone-Unternehmer, der nicht nur allein den Unterhalt verdient, sondern auch alleinige Verantwortung für jeden Bühnenabend trägt.

Sie schreiben gerade an neuen Stücken. Gibt es eine Nummer, die sie in Kulmbach sozusagen am lebenden Objekt ausprobieren?
Ja, es gibt eine nette kleine Schweinerei, die ich in Kulmbach präsentieren werde. Mehr verraten will ich noch nicht. Parallel arbeite ich gerade an etwas für mich völlig Neuem: ein Kinderalbum. Das nächste Produkt wird eine Kinderplatte werden, so viel kann ich sagen.

Auf den "Sound of Islands" herrscht momentan tonale Flaute?
Nicht ganz, da ist etwas in der Pipeline. Und eine kleine Tour im Winter wird es wohl auch geben. Ein Album ist bereits angedacht. Aber zunächst stürze ich mich in diesem Sommer auf die erwähnte Kinderplatte. Mal schauen, wann ich wieder zum Komponieren komme und wie ausgiebig mich die Muse küsst.

Nach Ihrem Lebensmotto gefragt, haben Sie mal geantwortet: "Albernheit verhindert den Ernst der Lage." Aber beim Blick auf die politische Realität: Bleibt da nicht auch einem Menschen, der wie Sie nahe an der Fröhlichkeit gebaut ist, manches Lachen im Halse stecken?
Im aktuellen Programm spiele ich eine Nummer über die Waffenlobby. Ich werde älter und sicher auch kritischer - aber trotzdem sollte man sich den Schalk nicht ganz austreiben lassen. Es heißt ja nicht, dass wir alle ganztags kindisch umeinanderlaufen sollen. Ich verschließe meine Augen nicht vor dem, was draußen vor sich geht. Ich bemühe mich aber, bei meinem Auftritten den Vorhang hinter den Leuten zuzumachen und sie für zwei oder mehr Stunden rauszureißen aus ihren Sorgen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass die nächsten Programme durchaus mehr Gesellschaftskritik beinhalten. Was nicht heißt, dass ich es mir nehmen lasse, albern sein zu dürfen und die Menschen zum Lachen zu bringen.