"Bauen nicht auf die lange Bank schieben"
Autor: Jürgen Gärtner
Kulmbach, Sonntag, 12. Juni 2022
Der Traum vom eigenen Haus wird wohl nicht mehr billiger werden, schätzt der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Kulmbach-Kronach, Harry Weiß. Dabei spielen nicht nur die Zinsen eine Rolle.
Inflation, steigende Bauzinsen, Verwahrentgelt: Für Sparer und Bauherren sind die Zeiten alles andere als rosig. Wie geht die Entwicklung weiter? Wir haben den Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Kulmbach-Kronach, Harry Weiß, um seine Einschätzung gebeten.
Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, will die Negativzinsen bis zum Spätsommer abschaffen. Ist das aus Ihrer Sicht die richtige Entscheidung?
Harry Weiß: Die EZB soll dafür sorgen, dass das Geld stabil ist. Wir haben aber jetzt eine Inflation bekommen, die in Richtung acht Prozent geht. Das ist hoch. Damit hat im letzten Jahr niemand gerechnet. In den USA haben wir die gleiche Situation. Die FED in den USA hat bereits reagiert. Bei der EZB hat sich dagegen nichts getan. Frau Lagarde kam deswegen immer stärker in die Kritik. Ich rechne zum 1. Oktober mit der Entscheidung, dass die Negativzinsen von 0,5 auf 0,25 Prozent sinken. Es kann aber auch sein, dass sie ganz fallen.
Wer bauen will, muss jetzt schon höhere Zinsen zahlen als vor einem halben Jahr. Seit Herbst 2021 sind die Zinssätze für Baudarlehen bei vielen Banken von 1,x auf knapp vier Prozent gestiegen. Wie sieht das bei der Sparkasse Kulmbach-Kronach aus?
Die Zinsen sind gestiegen. Wenn die EZB den Leitzinssatz jetzt erhöht, wird das dazu führen, dass sie noch weiter steigen. Ich glaube aber nicht dass wir zu große Zinssprünge sehen. Letztes Jahr war es für eine normale Baufinanzierung mit Eigenkapital so, dass die Zinsen knapp unter einem Prozent lagen. Dieser Zinssatz ist jetzt hochgegangen auf circa 2,7 Prozent. Er hat sich fast verdreifacht. Momentan herrscht aber etwas Stillstand.
Wo sehen Sie die Obergrenze?
Das ist eine schwierige Frage. Ich könnte mir vorstellen, dass es noch einmal vielleicht um 0,5 bis zu einem Prozentpunkt nach oben geht. Ich glaube aber nicht, dass wir dauerhaft wesentlich höhere Zinssätze sehen werden. Das kann ich mir nicht vorstellen, dazu ist die Volkswirtschaft zu stabil. Das weiß ich auch als Vorsitzender der Industrie- und Handelskammer. Es geht hier primär um die Geldmengen-Steuerung.