Autofahrer-Streit: Gefängnis oder Bewährung für den Messerstecher?
Autor: Stephan Tiroch
Himmelkron, Donnerstag, 30. März 2017
Der Staatsanwalt fordert sechs Jahre Freiheitsstrafe, der Verteidiger plädiert auf Bewährung. Am Freitag fällt die Strafkammer ihr Urteil.
Es tut ihm leid. Er hat sich entschuldigt. Er hat Schmerzensgeld bezahlt. Er ist bislang immer ein anständiger Kerl gewesen, und er leidet unter der Tat. "Ich bin fix und fertig", sagt der Mann, dem versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen werden. Aber er kann den Vorfall von Bad Berneck nicht ungeschehen machen. Er hat zugestochen.
Stichwunde zwölf Zentimeter tief
Zwei Autofahrer stehen sich in der Eichendorffstraße gegenüber. Er mit einem Messer. Der andere mit einer zwölf Zentimeter tiefen Stichwunde auf der linken Seite unter der Achsel. In der Herzgegend. Reiner Zufall, dass das Opfer (36) aus Himmelkron nicht tödlich verletzt wird.Der Autofahrer-Streit im Mai 2015 eskaliert im Stadtteil Blumenau. Kurz zuvor begegnen sich die beiden Kontrahenten bei der Plassenburg-Kelterei. Einer will fahren, der andere fährt nicht. Aufregung im Auto, Gefuchtel und Gesten: der ganz normale Umgangston im Straßenverkehr.
Der Angeklagte (61) steht zum zweiten Mal vor Gericht. Das erste Urteil - zwei Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung - hat der Bundesgerichtshof (BGH) aufgehoben. Die obersten Richter stören sich an der Begründung, warum ein versuchter Totschlag ausgeschlossen worden ist.
Am zweiten Prozesstag stellen Staatsanwalt und Verteidiger ihre Anträge. Am Freitag will das Gericht sein Urteil fällen. Für den 61-jährigen Angeklagten geht es um Gefängnis oder Bewährung.
Kein minder schwerer Fall
Staatsanwalt Bernhard Böxler plädiert auf versuchten Totschlag. Der Angeklagte soll für sechs Jahre ins Gefängnis. Nach Böxlers Ansicht liegt kein minder schwerer Fall vor. Er berücksichtigt zugunsten des Angeklagten, dass er nicht vorbestraft ist, die Verletzungen des Opfers weitgehend ausgeheilt sind und er 7500 Euro Schmerzensgeld gezahlt hat. Zulasten des 61-Jährigen fällt "das hochgradig lebensgefährliche Vorgehen" ins Gewicht. Der Angeklagte habe, so Böxler, das aufgeklappte Messer zunächst hinter seinem Rücken verborgen und dem Geschädigten dann mit erheblicher Wucht in den Brustkorb gerammt. Ferner sei die Tat aus nichtigem Anlass ("eine Beleidigung im Straßenverkehr") begangen worden. Der Angeklagte habe aktiv die Konfrontation gesucht und sich bewusst bewaffnet, um seine körperliche Unterlegenheit auszugleichen.