Druckartikel: Auseinandersetzung mit Feuerwehrmann: kleiner Schubser - saftige Strafe

Auseinandersetzung mit Feuerwehrmann: kleiner Schubser - saftige Strafe


Autor: Stephan Tiroch

Kulmbach, Freitag, 22. Februar 2019

Zwischenfall am Steg über dem Bach: Weil sich der Angeklagte mit dem Kommandanten angelegt hat, verhängte das Amtsgericht Kulmbach eine hohe Geldstrafe.


Der Mann hätte sich besser mal für seinen kleinen Schubser entschuldigt. "Mit einer einfachen Entschuldigung wäre alles erledigt gewesen", meinte Staatsanwalt Alexander Böhmer. Dann hätte er sich viel Ärger und eine Gerichtsverhandlung erspart, bei der er - erstmals in seinem Leben - der Angeklagte war. Er tat es nicht und wurde am Freitag vom Amtsgericht Kulmbach verurteilt. Er muss 3600 Euro blechen: für den erwähnten kleinen Schubser.

Was man wissen muss: Die saftige Geldstrafe rührt daher, dass sich der 56-jährige Angeklagte mit einem Feuerwehrmann angelegt hat. Das hätte er nicht tun sollen, denn Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienst werden durch eine Strafvorschrift besonders geschützt: Wenn sie im Einsatz sind und Hilfe leisten, sind sie Vollstreckungsbeamten wie Polizisten gleichgestellt.

Kein Pappenstiel

Deshalb war der Anklagevorwurf kein Pappenstiel: tätlicher Angriff auf eine Person, die Vollstreckungsbeamten gleichgestellt ist, in Tateinheit mit Beleidigung und versuchter Körperverletzung.

Der Angeklagte betrat im Gerichtssaal Neuland. Er erschien ohne Anwalt, so dass Amtsrichterin Sieglinde Tettmann ihn erst einmal mit den Gepflogenheiten eines Prozesses vertraut machte. Vor Aufregung hatte er sein Handy nicht ausgeschaltet und wollte, als er Angaben gemacht hatte, die Anklagebank räumen und den Gerichtssaal verlassen. "Nein, nein, Sie müssen dableiben, Sie müssen hören, was die Zeugen sagen", erklärte die Richterin. Jedenfalls gab der Mann zu Protokoll, dass sich der Vorfall nicht so abgespielt habe, wie es die Staatsanwaltschaft ermittelt hatte.

Ein Sommertag im Juli

Unstreitig war: Es war ein Sommertag im vergangenen Juli. Die Feuerwehr in einem Dorf im Landkreis Kulmbach feierte den Tag der Jugendfeuerwehr. Dazu hatte man den Bach angestaut, der noch eine Rolle spielen sollte. Am Spätnachmittag war das Fest zu Ende, man räumte auf, und es regnet stark.

Es muss etwa 18 Uhr gewesen, als die Feuerwehrsirene losheulte. Überschwemmung im Nachbarort, der Keller der Dorfwirtschaft stand unter Wasser - die Feuerwehrkameraden, die gerade noch gefeiert hatten, mussten ausrücken. Der Kommandant schmiss sich in Schale und eilte, um das Auto zu holen, mit dem seine Mannschaft zum Einsatz abrücken konnte.

Biertisch war der Steg

Der Kommandant wollte abkürzen und den Bach überqueren - auf einem behelfsmäßigen Steg, der aus einem Biertisch bestand. Dort traf er auf den Angeklagten, der von der andern Seite kam, wo er auf seinem Grundstück nach dem Rechten gesehen hatte. Er hielt einen Regenschirm in der Hand. "Beide trafen sich genau in der Mitte", gaben eine Zeugin und ein Zeuge an. Geschubst habe der Zivilist mit Schirm und kurzer Hose.

"Geh weg, du Depp, ich war vorher da", habe ihm der Angeklagte zugerufen, sagte der Feuerwehrkommandant. Dann sei er schon im Wasser gelegen. Den Einsatz - immerhin drei Stunden - habe er mit nassen Stiefeln und nasser Hose hinter sich gebracht. Er habe nicht gewusst, warum der Mann so aufgebracht gewesen sei.

Auf Entschuldigung gewartet

Der Feuerwehrkommandant ging nicht gleich zur Polizei. Er wartete zwei Wochen, "ob eine Entschuldigung kommt oder ob er was sagt". Es kam nichts - dafür kam die Anzeige.

Staatsanwalt und Gericht glaubten dem Angeklagten nicht, dass der Feuerwehrmann auf dem wackligen Steg quasi von selbst in den Bach gefallen sei. Er habe, so der Mann, auch nicht "Depp" gerufen, sondern nur, als er mit einem Faustschlag seines Kontrahenten rechnete, gesagt: "Trau dich bloß net, mein Freund."

Fast ein Sonderangebot

Alle Beteuerungen halfen nichts, der Angeklagte wurde verurteilt. Immerhin gab's einen Bonus vom Gericht. Die vom Staatsanwalt geforderte Strafe wurde reduziert: statt 120 Tagessätze mal 40 Euro nur mal 30 Euro. Der Mann hat nun eine Woche Zeit, darüber nachzudenken, ob er das Sonderangebot annimmt oder ob er in die Berufung geht.