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Aus Angst vor dem Ehemann: Kulmbacherin macht sich strafbar


Autor: Stephan Tiroch

Kulmbach, Dienstag, 08. Januar 2019

40.000 Euro veruntreut: Weil ihr gewalttätiger Ehemann auf großem Fuß lebte, hat eine Buchhalterin jahrelang Firmengelder unterschlagen.
Aus Angst vor ihrem gewalttätigen Ehemann  veruntreute  eine Buchhalterin knapp  40 000 Euro.  Vom Amtsgericht Kulmbach wurde sie jetzt verurteilt.  Symbolfoto: Daniel Reinhardt/dpa


Vor dem Schöffengericht stand am Dienstag eine Angeklagte, die Täterin und Opfer zugleich ist. Strafbar machte sich die Frau, weil sie Firmengelder veruntreute. Insgesamt knapp 40.000 Euro Sie handelte aber nicht, um sich persönlich zu bereichern, sondern aus Angst vor ihrem gewalttätigen Mann. Sie musste seine teuren Hobbys - Autos, Motorräder und Waffen - finanzieren.

"Ich stehe dafür gerade"

Im Prozess vor dem Amtsgericht Kulmbach beschönigte die 60-jährige Frau nichts. "Es ist passiert, ich stehe dafür gerade und bezahle alles zurück", sagte die Buchhalterin und legte ein Geständnis ab.

Ihre Taten waren im Mai 2015 aufgeflogen. Damals hatte der Wirtschaftsprüfer Unstimmigkeiten in der Buchhaltung des Unternehmens entdeckt.

Laut Anklageschrift ging es um 17 Einzeltaten. Ab Oktober 2013 leitete die Frau Firmengelder auf ihr Privatkonto um - zumeist Beträge zwischen 1000 und 3000 Euro. Sie habe gewerbsmäßig gehandelt, um sich eine zusätzliche Einkommensquelle zu verschaffen, so Staatsanwältin Eva-Marie Heßler.

Wobei die Motivlage durchaus ungewöhnlich war, wie der Verteidiger ausführte. Rechtsanwalt Werner Brandl schilderte, dass die Familie jahrelang über ihre Verhältnisse lebte. Nach einem Unfall des Ehemannes, der ab dem Jahr 2000 nicht mehr arbeitete, habe die Versicherung 160.000 Euro Entschädigung gezahlt, die 2013 aufgebraucht war. 1600 Euro netto, die die Frau verdiente, hätten dann nicht mehr ausgereicht.

Widerspruch gab es nicht

Widerspruch gegen den Mann gab es offenbar nicht. Die Frau hatte Angst. Sie machte sich lieber strafbar, als dass sie versucht hätte, mit ihm zu reden. "Das hätte nichts gebracht", versicherte sie. Auf Nachfrage von Richterin Nicole Allstadt, was passiert wäre, wenn sie nicht gezahlt hätte, sagte die Angeklagte: "Das möchte ich mir nicht vorstellen." Auch über die Kündigung informierte sie ihn nicht. "Ich sagte ihm, dass ich krank sei. Ich weiß nicht, wie er reagiert hätte."

Dass die Gewaltbereitschaft des Mannes kein Hirngespinst war, wurde spätestens im vergangenen Frühjahr öffentlich bekannt. Damals wurde er in seinem Haus in Kulmbach bei einem spektakulären SEK-Einsatz - mit Polizeihubschrauber über dem Wohngebiet - festgenommen.

Sohn mit Schusswaffe bedroht

Der Mann soll zuvor seinen Sohn mit einer geladenen Schusswaffe bedroht haben. Die Ermittler fanden Waffen und Munition bei der Durchsuchung des Wohnhauses und weiterer Grundstücke des Mannes. Er wird sich demnächst vor Gericht verantworten müssen.

Für seine Frau, die seit zwei Jahren von ihm getrennt lebt, ging ihr Verfahren am Dienstag zu Ende. Sie nahm das Urteil an. Auch die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Rechtsmittel.

Das Schöffengericht verhängte eine Bewährungsstrafe. "Sie haben es uns einfach gemacht mit Ihrem Geständnis", stellte Nicole Allstadt fest. Sie sprach eine Gesamtstrafe von einem Jahr und sieben Monaten aus. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt. Positiv wirkte sich auch aus, dass die Frau nicht vorbestraft war und dass sie um Schadenswiedergutmachung bemüht ist. Bisher sind über 10.000 Euro bezahlt.

Das war ein Fehler

Einen Fehler hat die Frau trotzdem gemacht. Bei ihrer Enttarnung 2015 einigte sie sich mit ihrem früheren Arbeitgeber darauf, das Geld zurückzuzahlen. Aber 2017 setzte sie die Zahlungen aus und erhob diffuse Vorwürfe gegen die Firma. "Das konnten wir uns nicht gefallen lassen und haben Strafanzeige gestellt", so der Ex-Chef. In Kulmbach sei bereits über den Fall geredet worden, aber die Steuerprüfungen hätten ergeben, dass an den Anschuldigungen nichts dran ist.