Auf dem Weg zum Bierexperten
Autor: Matthias Litzlfelder
Kulmbach, Dienstag, 24. März 2015
In Kulmbach läuft in dieser Woche erstmals in Franken ein IHK-Kurs zum Bierbotschafter. 20 Teilnehmer aus ganz Deutschland lassen sich vom Bierfachmann Hans Wächtler unter anderem die sensorische Vielfalt des Traditionsgetränks erklären.
Eva Ploß schwenkt das kurzstielige Probierglas und schnuppert. Die dunkle Flüssigkeit hat einen leichten Rotstich und schmeckt nach Apfel und Vanille. "Ein schwerer Geruch, leicht brotig", sagt Referent Hans Wächtler. Die 16 Männer und vier Frauen im Seminarraum des Kulmbacher Brauereimuseums notieren fleißig alles auf dem vor ihnen liegenden Verkostungsbogen.
Nachdem Aussehen und Geruch analysiert sind, wird probiert. "Das, was wir gerochen haben, ist eingetroffen", sagt Wächtler. "Noten von Kakao und im Abgang unwahrscheinlich bitter."
Vorstufe zum Sommelier
"Bierbotschafter" nennt sich der Zertifikatslehrgang der in Bayreuth ansässigen Industrie- und Handelskammer (IHK) für Oberfranken, der in dieser Woche stattfindet. Eine Ausbildung, die es seit drei Jahren nur in Deutschland gibt. "Es ist eine Vorstufe zum Biersommelier", erklärt Hans Wächtler.
Bier und IHK? Ist Bier nicht eigentlich eine Sache des Handwerks? "Es geht hier nicht um Bierherstellung", sagt Wächtler und zählt die Aufgaben eines Bierbotschafters auf. Er soll Vermittler zwischen Brauerei und Konsument sein, die verschiedenen nationalen und internationalen Bierstile optisch und sensorisch beschreiben können. Am Ende sei der Bierbotschafter fähig, passende Getränke- und Speisekarten in der Gastronomie zu erstellen und professionelle Verkostungen durchzuführen.
Für Bernd Sauer, Geschäftsführer der Handwerkskammer für Oberfranken und Geschäftsführer des Vereins Bierland Oberfranken, ist das neue Kursangebot der IHK-Kollegen "kein Problem". "Alles, was in irgendeiner Weise den Brauereien guttut, ist zu begrüßen", sagt Sauer. Dass die beiden Kammern beim Thema Bier an einem Strang ziehen, zeigt sich auch in der jüngsten Initiative gegen das Wirtshaussterben in Oberfranken.
Aromen aus dem Malz
Eva Ploß betrachtet noch einmal die dunkle Flüssigkeit in ihrem Glas und lauscht den Ausführungen von Hans Wächtler. "Ein Double, vergleichbar unserem Doppelbock, gebraut in einem Trappistenkloster im Nordwesten Belgiens", führt dieser aus. Sieben Prozent Alkohol hat dieses Bier. Wächtler empfiehlt es zu Sauer- oder Wildschweinbraten. Die nächste Probe, aus einem anderen Trappistenkloster, mit "sehr viel Malzaromen", bringt es sogar auf 11,3 Prozent.
Eva Ploß ist für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Bayreuther Brauerei Maisel zuständig. Für den Lehrgang hat sie sich angemeldet, "um ihr bisheriges Wissen zu professionalisieren".
Die Hälfte der Teilnehmer kommt nicht aus Franken. Michael Kiupel zum Beispiel. Der 46-jährige Unternehmensberater stammt aus Wachenheim in der Pfalz. "Mit Bier hatte ich bisher gar nichts zu tun", sagt er. Doch zusammen mit einem Kollegen hat er sich vor einiger Zeit die Frage gestellt: Was gibt es in der Pfalz noch nicht? Die Antwort darauf: eine Brauerei an der Weinstraße. So etwas will er nun dort etablieren. Der Bierbotschafter-Kurs sei ein erster Schritt. Hans Georg Meyer aus Castrop-Rauxel im Ruhrgebiet ist mit 68 Jahren der älteste Teilnehmer. Der Ruheständler ist seit 30 Jahren begeisterter Hobby-Brauer. "Ich will meine brautechnischen Kenntnisse um die sensorischen erweitern", erzählt er.
Kein Pils zum Schinken
Knapp 1400 Euro kostet der Lehrgang. Die Teilnehmer in Kulmbach kommen aus unterschiedlichen Berufsfeldern: Barkeeper, Restaurantbesitzer, Braumeister, Einzelhändler und Hausbrauer sind darunter.
Am Samstag müssen sie einen Abschlusstest bestehen. Bis dahin beschäftigen sie sich unter anderem noch damit, welches Bier zu welcher Speise passt. Zum Beispiel erfahren sie, dass man zu einem Schinkengericht kein Pils trinken soll, weil die Salze im Schinken das Aroma verfälschen, verrät Wächtler im Voraus. Geeignet sei hier vielmehr ein Rauchbier.
95 Bierbotschafter gibt es laut Wächtler im Moment in Deutschland. Läuft in Kulmbach alles nach Plan, könnten am Wochenende 20 neue hinzukommen.