Auch Friedhöfe sind Zeichen der Zeit
Autor: Klaus Klaschka
Stadtsteinach, Freitag, 24. November 2017
Die Ansichten darüber, wie Gräber auszusehen haben, sind immer auch ein Spiegel der Gesellschaft. Und sie ändern sich.
Auch wenn sie im übertragenen Sinn Plätze für die Ewigkeit sind - Friedhöfe sind Zeichen der Zeit. Und Gräber oft Abbilder des Lebens. Sie stellen mehr oder minder ausgeprägt die Bedeutung des Verstorbenen in ihrem vorherigen Leben dar, oder die Zugehörigkeit zu einer vielleicht einflussreichen Familie im Ort. Mit der Großartigkeit einer Grabstätte wollte man die Bedeutung der Verstorbenen über das Leben hinaus darstellen.
Auch die Gestaltung der Grabstätten reicht von prächtigen Gruften, fast schon Gebäuden bis hin zu einfachen eingegrenzten Bereichen mit einem bescheidenen Holzkreuz - einem Stück Erde, das mehrfach im Jahr je nach Jahreszeit bepflanzt oder aber mit einer Steinplatte abgedeckt wird. Gleich, ob es sich um "normale" Gräber handelt oder um solche für Urnen. Sie unterscheiden sich nur in der Größe.
Auch die Friedhöfe der Gegenwart sind Zeichen unserer Zeit. In welchen Grenzen sie gestaltet werden dürfen, wird durch Satzungen, also Vorschriften, geregelt. Unabhängig davon ob sie in kommunaler oder kirchlicher Hand sind. Denn Gräber sind eine öffentliche Angelegenheit, Verstorbene rein juristisch eine herrenlose Sache, über deren Bestattung auch kommunal oder kirchlich zu befinden ist.
Abweichungen von den Vorgaben sind meist sehr schwierig. Das Aufstellen einer Buddha-Figur auf dem christlichen Friedhof in Helmbrechts machte kürzlich Schlagzeilen. Friedhöfe sind auch ein Abbild des Zeitgeistes. Man baut in der Regel keine prächtigen Gruften mehr, selbst für Präsidenten nicht.
Im Tod sind alle gleich: Das Grab von US-Präsident John F. Kennedy bedeckt eine ebene Steinplatte mit einer Gasflamme im Zentrum, auf die letzte Ruhestätte des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss weist ein einfacher senkrechter Stein mit Inschrift hin, nur ein einfaches Steinkreuz auf das von Charles de Gaulle, ebenso auf die der Kanzler Konrad Adenauer oder Willi Brandt.
Noch bescheidener werden die Gräber für Urnen, für die man weniger Platz braucht. Sie werden in Mauernischen aufbewahrt, die mit einer beschrifteten Platte verschlossen sind. Oder auch in die Erde eingelassen und mit einer Steinplatte abgedeckt oder auf kleiner Fläche mit Blumen bepflanzt. Und in jüngster Zeit bescheidet man sich noch mehr, lässt Urnen in Wiesen ein oder unter Bäumen. Auf die Verstorbenen weissen dann nur noch kleine Steinplatten hin, oder Schilder an den Bäumen - oder auch gar nichts mehr.
"Das ist die Tendenz der Zeit," sagt Wolfgang Sieger, Mitglied im Stammbacher Kirchenvorstand, der sich speziell um die Belange des Friedhofs mit kümmert. "Oft sind die Kinder weggezogen und können sich nicht mehr wie früher um die Pflege der Gräber kümmern." Deshalb wurden auf dem Stammbacher Friedhof um die über 400 Jahre alte Friedhoffskapelle neben den gewohnten Gräbern auch Flächen für "normale" Gräber nur mit schmalen Stelen ausgewiesen. Und aktuell wird neben der Kapelle um einen Bergahorn herum ein Baumgräberfeld eingerichtet: In unregelmäßger Anordnung werden 1,20 Meter tiefe Rohre ins Erdreich eingelassen, in denen auch zwei Urnen übereinander aufbewahrt werden können. Geschlossen werden die Rohre mit Granitsteinen, die beschriftet werden sollen.
"Wir haben im Kirchenvorstand hin und her überlegt, aber ganz anonym wollten wir es dann doch nicht haben," sagt Sieger. Zwischen den Grab-Rohren wird Gras angesät. Möglicherweise wird der Gartenbauverein einen weiteren Baum stiften. "Aber für einen Friedwald wird es in Stammbach wohl nicht reichen," ergänzt Pfarrerin Susanne Sahlmann, "doch wir werden sehen."
Positiv begleitet die Kommune die neue Möglichkeit auf dem Friedhof, wie Bürgermeister Karl Philipp Ehrler kommentiert: "Ich freue ich mich, dass die Kirchengemeinde mit Kirchenvorstand und unserer Pfarrerin an der Spitze immer wieder neue und zeitgemäße Konzepte und Innovationen im Friedhofswesen einführen. Damit kommt man den Bedürfnissen vieler Menschen sehr entgegen."
Möglicherweise könnte auch auf dem Stadtsteinacher Friedhof etwas Ähnliches angelegt werden. Das deutete Bürgermeister Roland Wolfrum kürzlich in der Bürgerversammlung an. Zunächst werde er sich aber von einschlägigen Planern Ideen geben lassen, die dann im Stadtrat besprochen werden können. Der Stadtrat nahm allerdings bereits zur Kenntnis, dass mit den Wegen auf dem Friedhofsgelände etwas geschehen muss: Die Leitung des Altenheims hatte sich deswegen bereits an die Verwaltung gewandt: Mit Rollatoren und Rollstühlen bleibt man sehr leicht stecken.