Auch die Feuerwehr sucht Blumen
Autor: Sonny Adam
Stadtsteinach, Dienstag, 17. Juni 2014
Ausgerechnet am Montagabend, als Deutschland gegen Portugal spielte, hatte Gabriele Titze einen Arbeitseinsatz für Fronleichnam angesetzt. Doch auch die Mitglieder der Stadtsteinacher Feuerwehr kamen - Blumen statt Fußball.
"Es nützt nichts, wir müssen jeden Abend Blumen sammeln." Gabriele Titze kennt da kein Pardon. Und wenn sie zum Blütensammeln aufruft, kommen auch die Männer von der Feuerwehr. Egal, ob sie nun Fußballfans sind, oder nicht. Auf den Wiesen im Stadtsteinacher Land machen sie sich auf die Suche nach großen Wiesenköpfen und Habichtskraut-Blüten. Außerdem werden Margeriten, Kornblumen, Pfingstrosen und jede Menge Tannengrün benötigt. Mindestens 14 Kisten Blüten und Grün sind nötig, um den Blumenteppich für das Fronleichnamsfest zu legen.
Seit Januar entwirft Gabriele Titze den Blumenteppich - heuer schon zum 13. Mal. Wie immer hat sie zwei Versionen, Ehemann Reinhard bringt ihre Vorstellungen zu Papier.
"Ich kann nicht zeichnen", verrät Gabriele Titze.
Darstellung der Dreieinigkeit
In diesem Jahr soll der Teppich aus drei Kreisen bestehen, die die Dreieinigkeit darstellen sollen. "Wenn es keine Blumen gegeben hätte - man weiß ja nie, wie das Wetter ist -, hätten wir die Variante mit ,Der Weg ins Licht' gemacht", erklärt Gabriele Titze. Der Weg hätte aus Steinen oder Rindenmulch gelegt werden können. Dann hätte es nur noch ein bisschen Tannengrün und gelbe Blüten gebraucht. "Wir haben uns in der Gegend umgeschaut. Es sind zwar viele Wiesen schon gemäht, aber wir finden noch genug", sagt die Organisatorin.
Vier mal 3,50 Meter groß soll der Fronleichnamsteppich 2014 werden. "Sende aus deinen Geist" lautet das Motto des Jahres. Gabriele Titze hat sich diesen Wunsch selbst ausgedacht und möchte ihn als Mahnung und Bitte für alle, die Verantwortung tragen, verstanden wissen - für Politiker und Entscheidungsträger im lokalen und überregionalen Bereich.
Natürlich wird auch eine Taube auf dem Blumenteppich dargestellt. Sie wird aus weißen Pfingstrosenblättern aus dem Garten der Titzes gelegt. "Das sieht dann schön fedrig aus." Für die Strahlen, die der Heilige Geist aussendet, werden viele Blüten des Habichtskrautes verwendet. Auch die müssen gesammelt werden. "Man könnte ja auch Löwenzahn nehmen, den gibt's überall, aber diese Blüten gehen zu", kennt Reinhard Titze die kleinen Tricks. Auch er ist schon ein erfahrener Blumenteppichleger, obwohl er evangelisch ist. "Aber der Brauch ist schön", lässt sich Titze seit Jahren begeistern und gibt zu, dass er auch die Prozession genießt.
Die Mitglieder der Feuerwehr werden außerdem Margeriten und Kornblumen sammeln. "Wir brauchen drei Tage, wenn sechs bis acht Sammler im Einsatz sind", weiß Gabriele Titze, derzufolge jede Blüte ihre Tücke hat. So müssen die großen Wiesenknöpfe ganz nah an der Blüte abgeschnitten werden. Wenn man sie nur pflückt, zerfällt der Blütenkopf in tausend Einzelteile.
Blüten lagern im Keller
Die Blüten werden bis zur Nacht vor Fronleichnam im Keller der Familie Titze gelagert. Sie müssen regelmäßig mit Wasser besprengt werden. Die größte Arbeit allerdings ist das Legen der Blumen: In der Nacht vorher wird der Dreifachkreis schon vorgezeichnet und mit Folie abgedeckt. Und ab drei Uhr sind die Feuerwehrmänner dann mit Kopflampen zu Gange. "Es ist uns schon passiert, dass wir abends vorgezeichnet haben und es dann geregnet hat - und alles war weg. Wir mussten dann wieder von vorne anfangen", erzählt Reinhard Titze.
Für Dekan Hans Roppelt ist es das letzte Fronleichnamsfest in Stadtsteinach. "Ich werde natürlich über den Teppich gehen, aber ganz vorsichtig", sagt Roppelt. Er kennt die Details und die Entwürfe noch nicht, freut sich wie jedes Jahr auf die Überraschung. Und die war immer positiv.
Im Lauf der Zeit hat sich der Ablauf des Festes verändert. "Früher hatten wir erst die Prozession, dann die Messe. Früher haben wir auch die Messe auf dem Marktplatz gehalten, aber dann musste sie immer wieder ausfallen, weil das Wetter nicht gepasst hat. Jetzt machen wir gleich um 8.30 Uhr die Messe in der Kirche, da sind wir wetterunabhängig", sagt der Dekan.
Gegen 9.15 Uhr beginnt morgen die Prozession. Sie führt vom Kirchplatz aus an insgesamt vier Altären vorbei. Brigitte Lanzendorfer und Greta Eckert bauen in der Bahnhofstraße seit vielen Jahren einen Altar auf - mit Unterstützung von Michael Lanzendorfer, Josef Dremer und Rudolf Graß. Im Dammweg gibt es die kleine Partheimüller-Kapelle. An Fronleichnam wird ihre schwere Holztür ausgehängt, damit ein Tisch hineingestellt und als Altar gestaltet werden kann. Die Kolpingfamilie gestaltet außerdem einen Altar in der Kronacher Straße vor der Sparkasse.
Interesse lässt nach
"Leider merkt man, dass Viele die Pfingstferien nutzen, um in Urlaub zu fahren. Früher blieben die Leute extra wegen Fronleichnam da", sagt Dekan Hans Roppelt. Auch gebe es in Stadtsteinach nur wenige Bürger, die die Prozession als Zuschauer verfolgen. Die meisten machen mit. "Im Bamberg und ähnlichen Städten stehen die Fronleichnamsprozessionen sogar im Touristenprogramm", so Roppelt, für den Fronleichnam nach wie vor ein Fest zum Genießen und zur Demonstration des Glaubens ist. "Schön ist für mich, dass der ganze Ort auf den Beinen ist. Wenn man alle zusammenzählt, die sich irgend wie engagieren, dann kommt man leicht auf eine dreistellige Helferzahl", dankt Roppelt.
Ab 15 Uhr feiern die Stadtsteinacher an Fronleichnam übrigens das Pfarrfest - mit Kaffee, Kuchen und Spielen für Kinder.