Atommüll - bitte nicht ausbuddeln!
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Mittwoch, 02. März 2016
Umberto Eco war ein Meister darin. Keiner verstand es, Zeichen und deren (Be-) Deutung spannender in Prosa zu verwandeln.
Die Lehre von der Interpretation von Zeichen heißt Semiotik: Die wird noch richtig wichtig - in Sachen Atommüll. Der strahlt, lange und heftig. 50 000 Jahre, eher wohl die doppelte Zeitspanne.
Sollte der Mensch je ein taugliches Endlager finden, wäre das nur die halbe Miete. Denn die nächste Frage wird sein: Wie weisen wir unsere - womöglich unbedarften - Nachfahren darauf hin, dass wir die Büchse der Pandora verbuddelt haben und vor dem Öffnen derselben dringend warnen müssen?
Hier kommen die Atom-Semiotiker ins Spiel. Sie zerbrechen sich den Kopf, wie quasi das Schild beschaffen sein müsste, damit die Botschaft "Finger weg!" unmissverständlich rüberkommt.
Werden Menschen in 10 000 Jahren noch etwas mit dem Radioaktiv-Logo anfangen können? Vermutlich nicht, denn es gibt in der Geschichte kein Symbol und keine Sprache, das/die aus der Ära der Neandertaler von vor 30 000 Jahren bis heute überdauert hätten (selbst ägyptische Hieroglyphen haben erst schlanke 5200 Jahre auf der Rille).
Nächstes Problem: An welchem Material, das so lange hält, "befestigt" man die Hinweise? Die USA wollen es testen. Die Trans-Urane aus der Atomwaffenproduktion sollen in der Wüste New Mexikos ihre letzte Ruhe finden. Nach der Versieglung im Jahr 2033 stecken dann 32 jeweils sieben Meter hohe Stein-Monolithen einen Quadratkilometer großen Bereich ab, in der Mitte ein Infozentrum, umgeben von noch mehr Felssäulen mit detaillierten Schilderungen darüber, was darunter liegt. Ein Nuklear-Stonehenge.
Aber selbst an Steingravuren kaut der Zahn der Äonen, fressen Wind und Wetter der gemeißelten Information Löcher in den Sinn. Der soll noch 3000 Generationen später verstanden werden können! Ob Umberto Eco sich gerade im Grabe umdreht?