AOK-Betrugsvorwurf gegen Senioren: Fortsetzung folgt
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Mittwoch, 04. Januar 2017
Das Bayreuther Amtsgericht ist weiter bemüht, Licht in das Dunkel um mögliche Abrechnungsbetrügereien bei bezuschussten AOK-Fitnesskursen zu bringen.
Am gestrigen dritten Verhandlungstag saß nur noch einer statt - wie bislang - zwei Angeklagten vor Amtsrichter Torsten Meyer. Eine Beschuldigte musste kurzfristig ins Krankenhaus, gegen sie wird das Verfahren zunächst ausgesetzt. Ihr Lebensgefährte stritt erneut ab, die Krankenkasse bewusst betrogen zu haben.
Die Senioren aus dem Landkreis Kulmbach sind zwei von rund 300 meist älteren Personen, denen die AOK über die Staatsanwaltschaft Bayreuth Strafbefehle zugestellt hatte. Sie alle sollen sich Zuschüsse für Gesundheitskurse der AOK erschlichen haben, ohne die notwendigen Teilnahmen vorweisen zu können.
Mittlerweile scheint sich der Verdacht zu erhärten, dass den Versicherten seitens des Kulmbacher Fitness-Studios Anreize gemacht wurden, ihre Mitgliedsbeiträge im Studio senken zu können, indem man die Beiträge mit der Rückerstattung verrechnet. Dies aber sei verbotswidrig und erfülle den Tatbestand des Betrugs, sagt die AOK. Auch ein Verfahren gegen den Inhaber des betroffenen Studios ist anhängig.
Formalien nicht genau genommen
Als Zeugen sagten gestern unter anderem eine Kursleiterin sowie mehrere Rezeptionskräfte aus. Sie alle nährten bei Richter Meyer die Vermutung, "dass in dem Studio offenbar niemand über irgendwas Bescheid wusste - weder wer Teilnehmerlisten geführt noch wer Quittungen ausgestellt und den Geldeingang kontrolliert hat". Eine Trainerin, die seit 20 Jahren im Studio tätig ist, räumte immerhin ein, es mit gewissen Formalien nicht so genau genommen und den Mitgliedern mehr oder minder alles bestätigt zu haben. Da sie aber selber der Beihilfe zum Betrug beschuldigt wird, musste sie keine Angaben machen, die sie selber belasten würden.Ein Mann aus dem Landkreis Mainleus, der selber über Jahre regelmäßig verschiedene Präventionskurse der AOK besuchte, erklärte hingegen: Das Studio habe sehr wohl mit der Aufrechnung von Kursgebühr und Rückerstattung der Krankenkasse geworben. Eigentlich hätte er als Mitglied des Studios sowie Teilnehmer 99 Euro für jeden geförderten Kurs bezahlen müssen. "Von den 99 Euro war nie die Rede gewesen", bekundete der Zeuge.
Genau die Zahlung dieser Summe aber quittierte ihm das Studio auf jener Bestätigung, die wiederum bei der AOK vorgelegt werden musste, um die 75 Euro Zuschuss zu erhalten. "Ich als Kunde habe im Laufe der Zeit nicht mehr drauf geguckt, was da vermerkt war. Ich habe mich drauf verlassen, dass es stimmt." Der Zeuge selber gehört zu jenen Betroffenen, die einen Strafbefehl akzeptiert haben.
Das tat der Angeklagte nicht. Und er weigerte sich auch anzunehmen, als Richter Meyer ihm vorschlug: "Ihnen werden acht Fälle vorgehalten. Wir können das beispielhaft auf den ersten Fall reduzieren und wir belassen es bei einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen." Der Mann reagierte mit Empörung darauf: "Sie wollen mir bloß was anhängen. Ich aber habe alles schwarz auf weiß, vom Studio bestätigt. Wenn, dann tragen die Verantwortlichen dort die Schuld." Woraufhin der Richter entgegnete: "Mit Ihrer Unterschrift haben Sie aber bezeugt, dass alles seine Richtigkeit hat - obwohl Sie wussten, die 99 Euro Gebühr nie bezahlt zu haben."
Das Verfahren wird am 24. Januar fortgesetzt. Dann werden AOK-Sachbearbeiter angehört.