Bürger haben OB Schramm eine Unterschriftenliste überreicht. Ihr Ansinnen: Der Stadtrat möge den Beschluss zur neuen Sperrzeitenregelung überdenken.
Eva Christ hat ein Video auf ihrem Handy. Es zeigt vibrierende Glasscheiben, tonal unterlegt mit einem Dröhnen. "Das war zum diesjährigen Altstadtfest. Die Bässe der Musik haben so laut gewummert, dass ich dachte, es zerdeppert mir die Fenster." Dieses Video hat die Kulmbacherin, die in der Oberen Stadt wohnt, gestern im Rathaus OB Henry Schramm gezeigt. Aber nicht nur das. Zusammen mit Gabi Glaser, die im Oberhacken wohnt, und Livia Kunze (Obere Stadt) hat sie eine Unterschriftenliste überreicht.
Knapp 150 Kulmbacher haben darin Kritik geäußert an einem Beschluss des Stadtrats, der in seiner jüngsten Sitzung und bei nur einer Gegenstimme neue Sperrstunden-Sonderregelungen auf den Weg gebracht hatte. Genau genommen ging es darum, die vor zwei Jahren verkürzten Ausschankzeiten für Freischankflächen zu verlängern. Mit dem Beschluss einher geht auch eine neue Regel für Musikspielzeiten. Bereits beim Altstadtfest durften die Bands am Freitag und Samstag bis 2 Uhr spielen, ebenso durften Gastronomen so lange ausschenken. Während der anstehenden Bierwoche dürfen die Innenstadt-Wirte am Freitag und Samstag bis 2.30 Uhr des Folgetags ausschenken, an den übrigen Tagen bis 1.30 Uhr. Diese neuen Zeiten gelten bis auf Widerruf.
Die drei Bürgerinnen überreichten Schramm die Unterschriftenliste mit der Bitte, den Beschluss nochmals zu überdenken. Gabi Glaser bekundete, es sei für die Anwohner äußerst schwer, an den Wochenenden mit Feierlichkeiten überhaupt in den Schlaf zu finden. "Wenn um 2 Uhr die Musik aufhört, dann ist da ja noch nicht Schluss. Dann sind da immer noch Besucher, die sich laut unterhalten oder betrunken herumgrölen. Dann werden Gläser weggeräumt und Tische und Stühle gestapelt - auch das nicht ohne Lärm. Und wenn wir dann endlich Ruhe haben, kommt frühmorgens die Stadtreinigung."
Letzter Ausweg: Flucht ins Hotel
Das seien Situationen, in denen sie selber bereits die Flucht in ein Hotel angetreten habe. "Wer da wohnt und frühmorgens raus muss, ist wie gerädert. Für schulpflichtige Kinder ist das auch kein Spaß. Wir sind nicht dagegen, dass gefeiert wird - aber die Verlängerung sollten die Verantwortlichen wirklich nochmals überdenken. Zumal es ja nicht nur das Altstadt- und das Bierfest betrifft, sondern wir Bewohner der Innenstadt auch an den 49 anderen Wochenenden im Jahr oft mit überdurchschnittlich viel Lärmbelästigung konfrontiert sind."
"Ich habe durchaus Verständnis für das Anliegen der Bürger", sagte Henry Schramm und ergänzte: "Ich werde Ihr Anliegen im Stadtrat vortragen." Es sei immer eine schwierige Abwägungssache, bei Großereignissen möglichst allen Beteiligten gerecht zu werden. "Gerade beim Altstadtfest haben wir durch Lautstärkemessungen versucht, das Zumutbare für die Anwohner in Grenzen zu halten. Andererseits wurde das Fest sehr gut angenommen - und auch das müssen wir als Verantwortliche natürlich im Kopf behalten, schließlich soll die Stadt attraktiv sein und bleiben." Es habe eine Phase vor einigen Jahren gegeben, da habe die Mehrheit der Straßenzugbeauftragten hinschmeißen wollen, weil es eben zu viele Einschränkungen gab. "Auch das ist eine Seite der Medaille, die beachtet sein will."