Anne-Frank-Film: Schlüsselszenen in Mainleus
Autor: Jürgen Gärtner
Mainleus, Montag, 22. Februar 2016
Am 3. März startet "Das Tagebuch der Anne Frank" in den deutschen Kinos. Ein Teil der Aufnahmen fand in der Kulmbacher Spinnerei in Mainleus statt.
Wenn am 3. März "Das Tagebuch der Anne Frank" in den Kinos startet, werden auch einige Kulmbacher auf der großen Leinwand zu sehen sein: Denn das Drama um das jüdische Mädchen wurde zu Teilen auch im Landkreis gedreht - genauer gesagt in der ehemaligen Kulmbacher Spinnerei in Mainleus -, mit Komparsen aus der Region.
Die Industriebrache Spinnerei gehört inzwischen der Mainleus Invest GmbH, deren Geschäftsführer Arno Friedrichs und Sebastian Türk sind. "Als wir die Spinnerei gekauft haben, haben wir nach allen möglichen Zwischennutzungen gesucht", erinnert sich Sebastian Türk. Dabei sei auch ein Location-Scout - jemand, der für Filmfirmen nach Drehorten sucht - auf das Gelände aufmerksam geworden.
Schlüsselszenen in Mainleus
Es dauerte nicht lange, bis die Kölner Produktionsfirma Zeitsprung Pictures vorstellig wurde und sich für den
Industriekomplex als Drehort entschied. Dort wurde nicht nur ein Konzentrationslager nachgebaut, sondern auch das Gewürzlager in Amsterdam, wo sich nach den Worten von Sebastian Türk Schlüsselszenen des Films abspielen.
Auch er kennt den fertigen Film noch nicht, "höchstens zehn Minuten" werden aus Mainleus zu sehen sein, schätzt er. Minuten, für die ein gewaltiger Aufwand betrieben worden sei: Sechs Wochen Vorbereitungen, vier Drehtage, vier Wochen Nachbearbeitung, sprich Rückbau der Kulissen.
Hunderte von Leuten seien auf dem Spinnerei-Gelände aktiv gewesen, eine ganze Wagenkolonne mit 30 bis 40 Mercedes Sprintern sei aus Köln angereist, sogar mit eigenem Catering.
Der Drehort habe auch für technische Herausforderungen gesorgt, erklärt Türk weiter. So habe es keine Heizung und nur wenig fließend Wasser gegeben. Deshalb habe das BRK eigens beheizte Zelte in den Hallen aufgebaut, in denen sich Schauspieler und Crew aufwärmen konnten.
Die Gemeinde habe die Filmleute ebenfalls unterstützt, Erdarbeiten für das KZ-Außenlager durchgeführt. Die Mainleuser Feuerwehr verwandelte den Untergrund mit viel Wasser in einen braunen Morast. "Es sollte eine bedrückende Atmosphäre geschaffen werden", so Türk. Und das sei gelungen.
Ausschluss der Öffentlichkeit
Die Aufnahmen fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, weil es sich um ein sensibles Thema gehandelt habe, erklärt Türk weiter. Das zeigt sich auch am Aufruf der Filmfirma, die - auch über die Bayerische Rundschau - Komparsen gesucht hatte.
Die Laien sollten vor allem Häftlinge darstellen - Nacktszenen inklusive.Selbst wenn es sich nur um einen Film gehandelt habe, so habe sich die Thematik durchaus auf die Atmosphäre niedergeschlagen. "Das hat wirklich viele mitgenommen", hat Sebastian Türk beobachtet.
Am entspanntesten seien die Aufnahmen im "Gewürzlager" gewesen. Die lange Geschichte der Spinnerei kam den Filmleuten dabei entgegen: "Viele Sachen wie Schränke oder Körbe konnten als Requisiten verwendet werden. Das war ein echter Glücksfall."
In Oberfranken wohl gefühlt
In Oberfranken hätten sich die Filme-Macher ansonsten wohl gefühlt. Das liegt auch ein bisschen mit daran, dass er - manchmal zusammen mit Arno Friedrichs - den Rheinländern die oberfränkische Lebensart näher gebracht habe, Wirtshausbesuche natürlich mit eingeschlossen.
"Wir konnten so erfolgreich ihren Biergeschmack ändern: statt Kölsch und Becks trinken sie jetzt Kulmbacher Biere."
Interview: Der Rothwinder Hubert Barnickel spielt einen "gehobenen Häftling"
Ein "gehobener" KZ-Häftling: Hubert Barnickel aus Rothwind wirkte als Komparse im Film "Das Tagebuch der Anne Frank" mit. Der 54-Jährige aus Rothwind, der als Rettungs-Assistent beim BRK arbeitet, berichtet von "bedrückenden Szenen".Wie sind Sie zu dem Film gekommen?
In der Zeitung habe ich den Aufruf gelesen, dass Komparsen gesucht werden. Ich habe mir gedacht, es wäre cool, einmal hinter die Kulissen einer Filmproduktion schauen zu können. Wann bekommt man denn so eine Gelegenheit. Ich habe mich beworben und gleich die Zusage bekommen, dass ich mitspielen darf - als gehobener Häftling, als "Kappo". Die Dreharbeiten haben unheimlich Spaß gemacht, auch wenn es sich um schweren Stoff gehandelt hat. Ich würde jederzeit wieder mitmachen, wenn sich die Möglichkeit bieten würde.
Wie war die Stimmung beim Dreh?
Der Regisseur hatte ein Händchen dafür, die Komparsen auf die Situation einzustellen: Wie es war, mit dem Zug im KZ anzukommen und in Haft genommen zu werden. An meinen beiden Drehtagen war ich an einem Tag in einer Szene dabei, wie die angekommenen Frauen ihre Sachen abgeben mussten. Das waren Filmarbeiten, wie ich sie mir vorgestellt habe. Aber die Außenaufnahmen am anderen Tag im KZ-Hof waren gespenstisch. Es herrschte eine bedrückende Atmosphäre. Wir befanden uns in einem Innenhof, der von drei Seiten von Gebäuden umgeben war, an der offenen Seite war ein Stacheldrahtzaun. Im Hintergrund war ein Wächter mit Schäferhund, dazu kam ein Hüne von SS-Mann. Ich war als Aufseher dabei, der die SS-Leute bei der Selektion der Flüchtlinge unterstützt hat. Man hat zwar gewusst, es ist nur ein Film, aber man hat sich Gedanken gemacht, was die Leute damals empfunden haben mussten.
Haben Sie den Film schon gesehen?
Nein, ich kenne nur den Trailer. Da ist von den KZ-Szenen aber nichts drin. Natürlich werde ich ins Kino gehen.
Kannten Sie noch andere Komparsen?
Eine Kollegin von mir hat mitgemacht und noch ein Rothwinder. Insgesamt habe ich fünf, sechs Leute gekannt. Viele Komparsen kamen von außerhalb, wurden mit Bussen gebracht.
Haben Sie die Hauptdarsteller getroffen?
Ich hatte Szenen mit ihnen bei der Registrierung und Selektion der Ankömmlinge im Hof des KZ. Ansonsten gab es keinen Kontakt, vielleicht ein kurzes Wort vor Beginn einer Szene.
Wie haben Sie sich vorbereitet?
Nachdem ich wusste, welche Rolle ich spiele, habe ich mich im Internet eingelesen, welche Aufgaben ein "gehobener" Häftling hatte.
Die Geschichte der Anne Frank und die Filmschauspieler
Zum Inhalt des Films "Das Tagebuch der Anne Frank": Nach der Emigration aus Frankfurt am Main ist Amsterdam die neue Heimat der Familie Frank geworden. Anne (Lea van Acken), ihr Vater Otto (Ulrich Noethen), Mutter Edith (Martina Gedeck) und Schwester Margot (Stella Kunkat) versuchen hier, wieder ein ganz normales Leben zu führen - bis die Deutschen die Niederlande besetzen und sich auch in Amsterdam die Situation für Juden von Tag zu Tag dramatisch verschlechtert.
Als Margot einen Aufruf zur Deportation ins Arbeitslager erhält, beschließt Otto Frank, mit der Familie unterzutauchen. Mit Hilfe seiner Sekretärin Miep Gies (Gerti Drassl) und anderen Mitarbeitern hat er schon seit Wochen das Hinterhaus seines Firmensitzes in der Prinsengracht 263 als Versteck vorbereitet.
Etwas mehr als 50 Quadratmeter sind von nun an das Zuhause der Familie Frank und, kurze Zeit später, auch der Unterschlupf von Hans (André Jung), Petronella (Margarita Broich) und Peter van Daan (Leonard Carow) sowie Albert Dussel (Arthur Klemt).
Leben in
ständiger Angst
Die acht Hinterhausbewohner leben in ständiger Angst, ihre einzige Verbindung zur Außenwelt sind das Radio, Miep Gies und die anderen Helfer. Und dennoch finden sie auch im Hinterhaus zu einem Alltag: Es wird gelacht, geweint, gestritten und sich versöhnt. In ihrem Tagebuch, das sie zum 13. Geburtstag von ihrem Vater geschenkt bekommt, hält Anne Frank ihre Gedanken, Träume, Ängste und Sehnsüchte fest. Eindringlich und analytisch kommentiert und dokumentiert sie Erlebnisse und Ereignisse ihrer Zeit.