Anlaufstellen außerhalb der Sprechstunde
Autor: Stephan-Herbert Fuchs
LKR Kulmbach, Donnerstag, 16. April 2015
Eine Überlastung der Notaufnahmen in den Kliniken, wie bei der Grippewelle vor wenigen Wochen, soll schon bald der Vergangenheit angehören. Bis Ende 2016 plant die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) im Freistaat den Aufbau eines flächendeckenden Netzes an Bereitschaftspraxen.
Bisherige Bereitschaftspraxen, wie das von Hausärzten aus der Region in Eigenregie betriebene Dok-Haus in Bayreuth, sind von dem KVB-Modell nicht betroffen. "Ziel soll künftig jeweils eine Bereitschaftspraxis im Radius von 30 Kilometern und 30 Minuten Fahrzeit sein", sagte KVB-Vorstandsvorsitzender Dr. Wolfgang Krombholz. Die neue Bereitschaftspraxis soll ein zentraler Anlaufpunkt für den Patienten in der sprechstundenfreien Zeit sein, also abends, an Wochenenden und Feiertagen.
In der Praxis sollen sogenannte Poolärzte tätig sein, das bedeutet, der Arzt muss nicht zwingend ein niedergelassener Mediziner aus der Umgebung sein. Theoretisch könnte auch ein Arzt aus Südbayern ein Wochenende lang in Bayreuth tätig werden oder ein Münchner Mediziner einen Feiertag lang im Bayerischen Wald.
110 Dienstbereiche geplant
Als Ziel sieht die Weiterentwicklung des Bereitschaftsdienstes vor, Bayern in 110 Dienstbereiche aufzuteilen. Mit Sitz- und Fahrdienst, wie es heißt, denn auch das ist neu: Der Arzt in der Bereitschaftspraxis wird keine Hausbesuche machen, vielmehr soll es einen zweiten Mediziner geben, der ausschließlich Hausbesuche absolviert und von einem eigenen Fahrer von Patient zu Patient gefahren wird. "Wir wollen den Fahrdienst und den Sitzdienst künftig strikt trennen", so der stellvertretende KVB-Vorstandsvorsitzende Dr. Pedro Schmelz.
Das neue Bereitschaftsmodell soll bereits im Sommer mit der Einrichtung von Pilot-Regionen starten. Als erste wurde Straubing auserkoren. In Oberfranken ist der Raum Bamberg/Forchheim vorgesehen. Pilot-Regionen gebe es deshalb, weil bis zur endgültigen flächendeckenden Realisierung noch viele Punkte geklärt werden müssen, hauptsächlich bürokratische Fragen oder Haftungsangelegenheiten, aber auch ganz praktische bauliche Lösungen für die Praxen an den Kliniken.
Sicher ist sich die KVB dagegen, dass die Finanzierung nicht teurer kommt als das bisherige System: "Wir werden mit den Ärzten Dienstleistungsverträge abschließen", kündigte Wolfgang Krombholz an. Das neue Bereitschaftsmodell hat auch damit zu tun, dass aufgrund der Altersverteilung der Ärzteschaft gerade in ländlichen Regionen viele weiße Flecken auf der Versorgungslandkarte entstanden sind.
Landarzt ist nicht mehr "in"
"In den Ballungszentren haben wir noch keine Probleme, aber auf dem flachen Land", so Krombholz. Dort blieben viele Praxen schon für die alltägliche Versorgung leer, weil bei der jüngeren Generation keine Bereitschaft mehr vorhanden sei, sich auf dem Land niederzulassen und jeder dritte Hausarzt bereits über 60 Jahre alt sei. "Viele jüngere Kollegen ziehen einfach die Sicherheit der Kliniken vor", so der Vorstandsvorsitzende.
Deshalb hatte die KVB auch das Poolarztsystem ins Leben gerufen, das vorsieht, dass auch nicht niedergelassene Ärzte - also auch Psychotherapeuten, Gesichtschirurgen oder Kinderärzte - künftig im Bereitschaftsdienst tätig sein können.
"Das läuft schon, das ist keine Zukunftsmusik mehr", so Wolfgang Krombholz, der von rund 1150 Bereitschaftsbekundungen seitens der Ärzteschaft in Bayern sprach.