Angst vor Vater: Junger Unfallfahrer erzählt am Amtsgericht Kulmbach Märchen
Autor: Andreas Schmitt
Kulmbach, Mittwoch, 21. Juni 2017
Mit einer nicht gerade alltäglichen Spielart der Fahrerflucht befasste sich das Amtsgericht Kulmbach am Mittwoch.
Denn der junge Angeklagte hatte nicht nur einen Unfall verursacht und sich aus dem Staub gemacht. Nein, er versuchte, die Tat zu vertuschen, indem er Märchen erzählte.
"Haben Sie wirklich geglaubt, mit der Geschichte durchzukommen?", fragte ihn Richter Christoph Berner dann auch ungläubig. "Das war schon eine waghalsige Strategie. So eine Geschichte erlebe ich selten."
Beim Zurückstoßen gekracht
Das war geschehen: Am 11. Juni 2016 stieß der damals 18-Jährige beim Zurückstoßen im östlichen Kreis Kulmbach gegen einen Metallzaun, an dem ein Schaden von 1400 Euro entstand. Außerdem wurde das Auto des Vaters beschädigt. Anstatt den Unfall zu melden, fuhr der Verursacher jedoch weiter. Doch nicht genug: Eine Dreiviertelstunde später meldete er sich bei der Polizei, um Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten, da ihm jemand ins Auto gefahren sei.
Nach ersten Ermittlungen stellte die Polizei jedoch kritische Fragen und brachte die Schäden an Zaun und Auto in Zusammenhang. Zunächst blieb der Auszubildende bei seiner Version, gab dann aber, wie Richter Berner sagte, "seine mutige Verteidigungsstrategie gerade noch rechtzeitig auf".
Vollumfängliches Geständnis
Vor Gericht gab der 18-Jährige alles zu. "Ich habe nicht wirklich drüber nachgedacht. Es war sehr blöd von mir." Beweggrund sei gewesen, dass er seinem Vater, der ihn zu Gericht begleitete, nichts vom Unfall erzählen wollte. "Haben Sie denn so ein schlechtes Verhältnis?", fragte der Richter. Der junge Mann antwortete: "Eigentlich nicht. Wenn ich es gleich erzählt hätte, hätte ich mir Ärger erspart."
Drei Monate Kreativität gefragt
Er sollte Recht behalten. Denn in den nächsten drei Monaten braucht er eine gehörige Portion Kreativität, um zu seiner etwa 20 Kilometer entfernten Ausbildungsstätte zu kommen.Richter Berner verurteilte ihn wegen Fahrerflucht und Vortäuschens einer Straftat zur Zahlung von 650 Euro an die Verkehrswacht Kulmbach und belegte ihn mit einem dreimonatigen Fahrverbot. Außerdem muss er an einem Verkehrsunterricht teilnehmen und die Kosten des Verfahrens tragen.
Bei seinem Urteil hat der Richter im Gegensatz zur Empfehlung des Jugendamts Jugendstrafrecht angewendet. "Man kann das als Jugendverfehlung sehen", stimmte Staatsanwalt Roland Köhler, der trotzdem einen Entzug der Fahrerlaubnis forderte, in diesem Punkt mit dem Richter überein.
Der Verteidiger des Angeklagten plädierte hingegen für Übungsstunden, da ein Fahrverbot aufgrund der Arbeitssituation ein unerlaubtes Fahren fördern könne. "Das machen Sie bitte nicht", sagte Richter Berner deshalb eindringlich. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Staatsanwalt und Verteidigung wollen Einspruchsmöglichkeiten prüfen.