Andi Häckel: Zur Musik gab es nie einen Plan B

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Die Mainzelmännchen auf der Box wippen mit, sobald Andi Häckel in die Tasten im eigenen Tonstudio haut. Hier arrangierte der 47-Jährige bereits für "Captain Cook und seine singenden Saxofone", die Komponisten-Legende Günther Behrle (schrieb Lieder für Peter Alexander und das Naabtal-Duo) 1993 aus der Taufe hob. Oft ist der Kulmbacher Profimusiker mit der "Münchner Zwietracht" auf Konzerttournee unterwegs. Am Sonntag, 28. Juli, aber hat er beim Bierfest ein Heimspiel. Und dann ist da ja auch ...
Die Mainzelmännchen auf der Box wippen mit, sobald Andi Häckel in die Tasten im eigenen Tonstudio haut ...
Die Mainzelmännchen auf der Box wippen mit, sobald Andi Häckel  in die Tasten im eigenen Tonstudio haut. Hier arrangierte der 47-Jährige bereits für "Captain Cook und seine singenden Saxofone", die Komponisten-Legende Günther Behrle (schrieb Lieder für Peter Alexander und das Naabtal-Duo) 1993 aus der Taufe hob. Oft ist der Kulmbacher Profimusiker mit der "Münchner Zwietracht" auf Konzerttournee unterwegs. Am Sonntag, 28. Juli, aber hat er beim Bierfest ein Heimspiel. Und dann ist da ja auch ...

Andi Häckel hat Zeit seines Lebens auf die Karte Musik gesetzt. Profi wollte er werden, davon leben können. Der 47-Jährige lebt seinen Traum.

Ist es Eingebung? Schicksal gar? Unbändiger Wille? Die Hilfe von Kommissar Zufall? Wohl alles zugleich. Seit Andi Häckel denken kann, ist die Musik sein Lebenselixier. Aber alles auf diese eine Karte zu setzen? Daran glauben, dass das ein Leben lang trägt und ernährt? Das erfordert Mut. Mut, den andere aus seinem Umfeld nicht haben, auch wenn sie ebenfalls vom Virus des Musizierens befallen sind. Aber bei Andi Häckel ist der Virus unheilbar. "Mir war klar: Es kommt nichts anderes infrage. Und ich wusste, es klappt. Erklären kann ich das nicht - ich wusste es einfach."

Kein Kunststück, so familiär vorbelastet wie er ist. Der Vater: Hans-Wilhelm Häckel; gut gebucht als Alleinunterhalter oder im Duett mit seinem Kollegen vom "Schramml-Duo". Mutter Irene und Tante Anneliese Hilse: ebenfalls in der Branche aktiv; die "Lattners Madla" sind ein Begriff. Schon als Pimpf, der gerade laufen kann, wird Klein-Andi zu Heimatabenden und Vereinsfesten mitgenommen. Und findet Gefallen vor allem an dem, was er hört.

"Ich wollte das alles hautnah erleben." Beim heute 47-Jährigen blitzen die Augen hinter der Brille, als er im Interview die Zeitkapsel besteigt zurück in die Kindheit. Die Großen imitiert er damals auf seinem Kinder-Schifferklavier; er kopiert die Posen, schnappt sich das Mikro und tut so, als würde er den nächsten Künstler ansagen. Heute wird er angesagt, wenn er als Bandmitglied der "Münchner Zwietracht" bei Stefan Mross auftritt oder im "ZDF-Fernsehgarten".

Faible für Schlagzeug und Klavier

Vorsehung ist ein großes Wort - aber es trifft auf Andi Häckel zu. Er ist drei Jahre alt, als er in den Genuss der musikalischen Früherziehung kommt. Später konzentriert er sich auf Klavier und Percussion/Schlagzeug, wird an den Instrumenten unterrichtet. Die Musik dominiert, steht über allem.

"Das hatte teilweise den, wenn man so will, Nachteil: Manche Dinge, die für andere in meinem Alter normal waren, hatte ich nicht. Meine Kumpels waren mehrmals pro Woche im Schwimmbad oder im Kino - ich dagegen fast nie, weil ich in der Zeit Musik gemacht habe. Ich war ja fest vorgesehen - aber ich wollte das ja auch unbedingt, insofern beschwere ich mich nicht darüber." Mit 13 gründet er zusammen mit Norbert Dötschel und Bernd Hammerschmidt sein Jugendtrio "Sunny Boys" und hat zahlreiche feste Abend-Gigs.

Ein leeres Blatt Papier

Wo da die Schule bleibt? Das ist ein separates Thema bei Andi Häckel. Seine Eltern sprechen schon ab und an beim Lehrer vor, ob der Sohnemann nicht mal nachmittags frei haben könnte, schließlich hätte er mit seinem Trio im Vereinshaus einen Auftritt. "Schule war in gewissem Maße wichtig, aber sie hat mich bisweilen gequält", sagt er mit einem Grinsen, das zu beiden Ohren reicht. "Ich war nicht der superschlechte Schüler, aber gelinde gesprochen zu faul. Das kreide ich mir im Nachhinein an." So reicht es zum Hauptschulabschluss.

Als er zum "Quali" antritt, leistet er sich etwas Besonderes: Er gibt bei einer Prüfung in Mathematik das Blatt leer ab. "Das war mir in dem Moment schnurzegal. Ich hatte schlicht keinen Nerv, am Tag davor Musik gemacht und ehrlicherweise andere Dinge im Kopf." Damals, erzählt er, weiß er bereits, dass ihn sein Weg nach Kronach an die Fachschule für Musik führen würde. Der Kontakt kommt zustande über seinen Kollegen Klaus Pfreundner, bekannt als Mitglied der Band "Radspitz". "Wir haben uns viel ausgetauscht."

Der Kulmbacher holt alles nach, erlangt die Mittlere Reife parallel zur Berufsfachschule. "Ich wusste, man braucht einen guten Abschluss fürs Leben, auch wenn ich dafür noch zwei Jahre ranhängen musste. Aber ich war zum Glück noch jung genug." Mit dem Zertifikat in Kronach hat er seine Ausbildung als musikalischer Leiter und Chorleiter in der Tasche, es folgt ein Doppelstudium an der Hochschule für Musik in Saarbrücken (Fächerkombination Musikerziehung/Orchestermusik) mit den Schwerpunkten Percussion und Klavier. Natürlich geht es nicht ohne Live-Mucke. "Ich habe all die Jahre parallel in verschiedenen Formationen gespielt."

Doch es zieht ihn auf die ganz großen Bühnen. Er "konsumiert" Schlager- und Volksmusiksendungen nicht einfach so - er studiert sie regelrecht. "Ich wollte Musik produzieren und eines Tages Teil einer dieser Bands sein, die im TV zu sehen sind. Ich wollte unbedingt, dass das nicht nur einfach Leute aus der Glotze sind, sondern meine Kollegen, zu denen ich gehöre und mit denen ich bestenfalls auftreten darf." Der 47-Jährige erinnert sich, als die Zillertaler Schürzenjäger groß rauskommen. "Da kribbelte es regelrecht in meinen Fingern, zumal auch deren Lieder nach meinem Geschmack waren."

Die ganz besondere Scheibe

Eines Tages erwirbt er im Plattenladen ("Das müsste man den jungen Leuten heute erklären, was das ist") eine Scheibe der "Münchner Zwietracht". "Ich war geplättet, fand den Sound Wahnsinn." Einige Zeit später sieht er die Band live beim Maisel-Weißbierfest in Bayreuth. "Ich habe damals selber zu mir gesagt: ,Mensch Andi, das wäre dein Ding, oder?'"

Manchmal mahlen die Mühlen der Vorsehung langsam und unbemerkt im Hintergrund, aber sie mahlen. Andi Häckel stößt zwischenzeitlich zu einer Profi-Formation namens "Schwarzwald Express", mit der er einige Jahre gut im Geschäft ist. So kommt es, dass sich bei Gastspielen im Westen der Republik immer wieder seine Wege und die der "Münchner Zwietracht" kreuzen. Doch der irrwitzigste Zufall soll erst noch folgen...

Mit der Zeit kristallisiert sich beim "Schwarzwald Express" heraus, dass die einzelnen Musiker aufgrund anderer Verpflichtungen sich mit dem Gedanken tragen, die Band aufzulösen. "Schweren Herzens haben wir dann das Ende verkündet." Unglaublich: Nahezu zur gleichen Zeit erfährt der Kulmbacher, dass die Zwietrachtler einen neuen Keyboarder suchen. Eine Tür geht zu, eine neue tut sich auf...

Andi Häckel kommt zum Vorspielen - und hat einen entscheidenden Vorteil: "Da ich mich sehr mit der Musik der Jungs beschäftigt habe, kannte ich das allermeiste schon und konnte vieles fast exakt so spielen wie der Vorgänger." Als ihm Bandgründer Wolfgang Köbele einige Wochen später mitteilt, dass er der neue Tastenmann wird, schlagen die Glückshormone Purzelbäume.

Stammgast auf der Wies'n

Das ist jetzt 20 Jahre her. Mit der "Zwietracht" ist er seither Stammgast beim "Oktoberfest" in München, spielt weltweit Konzerte von den USA bis Korea, hat Auftritte in zahlreichen TV-Shows. Andi Häckels Mut, sein Ding durchzuziehen, wurde belohnt. Sein Leben als Musiker ist oft aufregend, manchmal aufreibend. "Man muss diszipliniert sein und bereit, viel dafür zu geben." Einen Plan B hatte er nie. Brauchte er nicht. "Es gab nie eine Sekunde, in der ich überlegt habe, ob es das Richtige ist. Ich bin mit allem, was ich mache, super glücklich." Ab und an, sagt er, steigt das Gefühl hoch, noch der "klaa Bu" zu sein. Musiker bleiben ja jünger im Kopf, heißt es. "Dass ich in drei Jahren 50 werden soll? Na und! Ich fühle mich in keiner Weise so."