Als Kulmbach eine Mondlandschaft war

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In den siebziger Jahren glich Kulmbach einer Mondlandschaft. Foto: BR-Archiv
In den siebziger Jahren glich Kulmbach einer Mondlandschaft. Foto: BR-Archiv
Februar 1975: Für den Bau der Nordumgehung wurden etliche Baumriesen der Pappelallee in der Kronacher Straße gefällt. Zitat aus der BR damals: "Der Fortschritt fordert eben Opfer." Foto: BR-Archiv
Februar 1975: Für den Bau der Nordumgehung wurden etliche Baumriesen der Pappelallee in der Kronacher Straße gefällt. Zitat aus der BR damals: "Der Fortschritt fordert eben Opfer." Foto: BR-Archiv
 
Oktober 1975: Die Fahrbahn zwischen Kreuzstein (Kulmbach West) und Kronacher Straße (Kulmbach Mitte) ist bereits deutlich erkennbar; hinten der Stadtteil Petzmannsberg. Foto: BR-Archiv
Oktober 1975: Die Fahrbahn zwischen Kreuzstein (Kulmbach West) und Kronacher Straße (Kulmbach Mitte) ist bereits deutlich erkennbar; hinten der Stadtteil Petzmannsberg. Foto: BR-Archiv
 

In den siebziger Jahren wurde die Nordumgehung herbeigesehnt. Die jetzige Fahrbahnsanierung hat gezeigt, dass die Straße für die Stadt unverzichtbar ist.

Nächste Woche wird die Nordumgehung wieder für den Verkehr freigegeben. Die Sanierung dauerte fast drei Monate, und die Behinderungen für die Autofahrer waren teilweise beträchtlich. Nebeneffekt der nervtötenden Staus: Es hat sich gezeigt, dass die Straße für Kulmbach nahezu unverzichtbar ist.

In den siebziger Jahren wurde die neue Straße herbeigesehnt. Als der Bau im Herbst 1974 begann, titelte die Bayerische Rundschau: "Ein Traum wird jetzt wahr." Es ging los mit der Strecke zwischen den Anschluss- stellen Kulmbach-West (Kreuzstein, Richtung Bayreuth) und Kulmbach-Mitte (Kronacher Straße). "Kulmbachs lang ersehnter Traum - die Nordumgehung - nimmt langsam aber sicher Formen an", so die BR.


Bonn zahlt pünktlich


Die Gelder der Bundesregierung flossen offenbar zuverlässig und reichlich. "Bonn will die Arbeiten rasch vorantreiben", schrieb die BR. Der erste Bauabschnitt kostete 30 Millionen Mark. Kein Pappenstiel!

Parallel dazu wurde - östlich der Kronacher Straße - der weitere Ausbau bis Kauernburg in Angriff genommen. Mit einem Anflug von Pathos schwelgte der Chronist: "Die schweren Raupen fressen sich Meter um Meter in Richtung Berliner Brücke vor."

Jede Menge Material wurde herbeigeschafft. Schwere Lastzüge karrten Schotter heran - allein beim ersten Bauabschnitt mehrere 100.000 Kubikmeter Auffüllmasse. Insgesamt wurde ein halbe Million Kubikmeter Erdreich bewegt. Schönes Wetter beschleunigte die Bauarbeiten, für die sich viele Zuschauer interessierten.

Eingriffe in die Landschaft wurden wohl weitgehend klaglos hingenommen. Alte Fotos - zum Beispiel vom Bereich Lichtenfelser Straße/Kreuzstein (Bild oben; hinten, Mitte: der Wohnturm West) - zeigen eine ziemliche Mondlandschaft. Die Wunden des Straßenbaus vernarbten allerdings schnell durch Baumpflanzungen und Eingrünung.


"Der Fortschritt fordert eben Opfer"


Auch als 1975 etliche Alleebäume in der Kronacher Straße gefällt wurden oder die dortigen Schrebergärten weichen mussten, hieß es in der BR lapidar: "Der Fortschritt fordert eben Opfer. Aber das muss sein. Denn über kurz oder lang wäre Kulmbach sonst im Verkehr erstickt."

Hans-Dieter Lotz, seinerzeit Zweiter Bürgermeister (SPD) der Stadt Kulmbach, spricht von einer vernünftigen Planung. "Es hat sich herausgestellt, wie notwendig die Straße war", sagt er.

War das Projekt wirklich so unumstritten? Immerhin wurde im Maintal ein bis zu zwölf Meter hoher Damm aufgeschüttet. Angeblich soll sich Widerstand dagegen formiert haben, dass die Stadt geteilt werde. Daran kann sich Lotz nicht erinnern: "Das ging sehr geräuschlos über die Bühne. Jeder war froh, dass der Durchgangsverkehr rauskam aus der Stadt."


"A weng Spektakel"


Auch der altgediente Stadtrat Horst Zahr (CSU) bestätigt: "Der Straßenbau ist allgemein begrüßt worden." Von ein paar kritischen Leserbriefen weiß der langjährige Rundschau-Chefredakteur, Ottmar Schmidt. Aber: "Demonstrationen oder so was gab es nicht." Lediglich der frühere Dritte Bürgermeister Bernd Titus (WGK) berichtet von einer Gruppe junger Leute, "die a weng Spektakel gemacht haben. Sonst war da nichts."

Die Bauarbeiten gingen zügig voran. Im Oktober 1975 las man die Überschrift in der BR: "Nächstes Jahr wird Teilstück für Autos freigegeben." Ab der Jahresmitte 1976 rollte der Verkehr auf der neuen Fahrbahn zwischen Kronacher Straße und Kreuzstein. Die Fertigstellung der Umgehung bis Kauernburg und Burghaig zog sich noch bis Ende der siebziger Jahre hin.